Europa muss die Wettbewerbsfähigkeit stärken
Die Industrie wünscht sich ein ökonomisch und sozial starkes Europa, erklärten die Verbandspräsidenten in Berlin. Für Grillo ist der Weg der europäischen Integration unumkehrbar. Bell wies darauf hin, dass nicht nur die Industrie mit Akzeptanzverlusten zu kämpfen habe, sondern dass dies in viel stärkerem Maße für die europäische Idee und für die europäischen Institutionen gelte. Möglicherweise würden die bevorstehenden Europa-Wahlen zu einer "Denkzettelwahl", die anti-europäischen Kräften Auftrieb gebe. Bell appellierte an Kommission, Parlament und Rat gerade jetzt klare industriepolitische Zeichen zu setzen, an denen sich Unternehmen und Beschäftigte orientieren können. Dies gelte ganz aktuell für die angekündigte beihilferechtliche Prüfung des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG) in Deutschland sowie der wettbewerbssichernden Entlastungsregeln für die Industrie.
Risikowahrnehmung muss sich ändern
Die Wahrnehmung und der Umgang mit Risiken in Deutschland und der Europäischen Union koppeln sich zunehmend von der globalen Entwicklung ab, erklärten der Präsident des Nickel Institute, Tim Aiken, und Prof. Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Für eine Volkswirtschaft mit hohem Anteil industrieller Tätigkeit und langen Wertschöpfungsketten sind wissenschaftlich basierte und gesellschaftlich akzeptierte Risikomodelle unerlässlich. "Hier verläuft in Deutschland und Europa ein tiefer Graben zwischen Industrie und Gesellschaft", sagte Aiken. Die europäische Stoffpolitik und der gesellschaftspolitische Umgang mit Risikostoffen seien nachteilig für den Standort und die Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits könne Europa stolz auf seine hohen Standards bei der Arbeitssicherheit und dem Schutz der Gesundheit am Arbeitsplatz sein. Für Prof. Gigerenzer ist die Bewertung von Risiken eine wichtige und grundlegende Bildungsaufgabe. Er plädierte für weniger situative Aufregung und für mehr statistische Gelassenheit beim oftmals medial verstärkten Auftreten neuer Risiken.
Industrie und Politik müssen sich der alternden Gesellschaft öffnen
Zum künftigen Dialog zwischen Industrie und Gesellschaft gehören auch Strategien zur Integration älterer Menschen in die Betriebsabläufe und in die gesellschaftspolitische Debatte, mahnte Prof. Franz Walter. Der Leiter des Instituts für Demokratieforschung in Göttingen machte zwei gegensätzliche gesellschaftspolitische Grundströmungen aus. Einerseits wünschen sich immer mehr Menschen eine stärkere persönliche Teilhabe an politischen Entscheidungen. Andererseits steigt das Bedürfnis nach "nach paternalistischer staatlicher Fürsorge." Der Hauptgeschäftsführer der WirtschaftsVereinigung Metalle, Martin Kneer, plädierte eindringlich dafür, die Industriebeschäftigten wieder stärker in den gesellschaftspolitischen Fokus zu nehmen. "Wir müssen uns um viele soziale Teilgruppen unserer Gesellschaft kümmern, dürfen darüber aber den wertschöpfenden Teil der Bevölkerung nicht links liegen lassen", sagte Kneer.
Bei der Dialogfähigkeit ganz vorne
Die energieintensiven Branchen und ganz besonders die NE-Metallindustrie zählen nach Ansicht von Peter Willbrandt zu den derzeit dialogstärksten Wirtschaftszweigen in Deutschland, weil sie den Weg der informativen, wissens- und technologiebasierten Kommunikation eingeschlagen haben, an den Standorten und in den politischen Machtzentren die richtige Sprache und die Bereitschaft zur Transparenz aufbringen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unternehmensinitiative Metalle pro Klima plädierte für mehr gesellschaftspolitische Dynamik auf verlässlichen ordnungspolitischen Grundlagen.