Wissenschaftler verschiedener Forschungseinrichtungen legten heute (20. August) im Beisein von Landwirtschaftsminister Dr. Christian von Boetticher im Freilichtmuseum Molfsee die ersten Untersuchungsergebnisse vor, die im Rahmen des Forschungsvorhabens "Reet als Dacheindeckungsmaterial - Qualitätssicherung und Qualitätserhaltung eines Baustoffs aus nachwachsenden Rohstoffen" erarbeitet wurden.
Prof. Dr. Frank Kempken von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel erläuterte stellvertretend für die am Projekt beteiligten Institute, dass im Rahmen der Untersuchungen verschiedene Pilz- und Bakterienarten identifiziert werden konnten, darunter auch nicht reetspezifische. Dieses Ergebnis sei nicht ungewöhnlich, und diese Pilze sollten nach Ansicht der Forscher nicht in der Lage sein, gesundes und einwandfreies Reet zu schädigen.
Eine Frage, die in den vergangenen Monaten für zum Teil große Aufregung sorgte, ist jedoch gerade die nach einem so genannten "Killerpilz".
Die Existenz eines solchen kann allerdings schon zur Halbzeit des Forschungsprojektes eindeutig verneint werden, so Kempken.
Landwirtschaftsminister von Boetticher zeigte sich erfreut über diese Zwischennachricht. Er legte zudem besonderes Gewicht auf die Einhaltung und den lückenlosen Nachweis von hohen Qualitätsstandards für den nachwachsenden Rohstoff Reet. Christian von Boetticher: "Wer sich für ein Reetdach entscheidet, der entscheidet sich ganz bewusst für diesen natürlichen Baustoff, für eine traditionelle Bauweise und auch für ein kulturhistorisches Landschaftselement. Wer so baut, muss auch die Sicherheit für die Lebensdauer eines Reetdaches von durchschnittlich 30 Jahren haben", sagte er.
Der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die das Projekt ebenfalls unterstützt, kommt es sehr auf die planerischen und bautechnischen Details, Standortparameter sowie die handwerkliche Ausführung in der Betrachtung der Verarbeitungskette des Reets von der Ernte bis zum fertig gedeckten Dach an, erläuterte Dr. Wulf Grimm, Abteilungsleiter "Umwelttechnik" der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Auch die eigens für das Projekt gegründete Gesellschaft zur Qualitätssicherung Reet hat volles Verständnis für die Forderungen des Landes und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Die Gesellschaft hat zusammen mit den norddeutschen Landesinnungsverbänden begonnen, die Dachdecker noch einmal auf die Bedeutung sowohl eines tadellosen Deckmaterials als auch auf die saubere handwerkliche Ausführung beim Reetdachbau hinzuweisen. Der Handel ist ferner angehalten, vom Zeitpunkt der Ernte bis zur Anlieferung auf der Baustelle die Trockenheit des Reets sicher zu stellen. Parallel hierzu findet die statistische Aufarbeitung der gemeldeten Schadensfälle statt, die voraussichtlich weitere Hinweise zu den Schwachstellen der bisherigen Verfahrenskette liefern wird.
Alle Bemühungen gewinnen auch unter dem Aspekt der Herkunft der Rohware Reet an Bedeutung. Die Nachfrage nach Reet ist so groß, dass die heimischen Erntemengen schon lange nicht mehr ausreichen, um alle Bauherren zu bedienen.
Heute zählen neben den altbekannten Lieferländern wie Ungarn, Polen und Rumänien auch die Türkei, die baltischen Staaten, Litauen, Weißrussland und sogar China zu den neuen Exportländern. Auch diese Exportware muss von möglichen Qualitätskriterien wie zum Beispiel einer Zertifizierung oder einem Siegel erfasst werden, um ein hohes Maß an Sicherheit und Vertrauen auf der Verbraucherseite zu erlangen, sagte Jan Juraschek von der Gesellschaft zur Qualitätssicherung von Reet.
Neben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, dem größten finanziellen Förderer, unterstützen die Reethändler, die beiden großen schleswig-holsteinischen Versicherer Provinzial und Itzehoer, das Wirtschaftministerium des Landes Niedersachsen und das Landwirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein das Projekt. Des Weiteren leisten die deutschen Dachdeckerinnungsbetriebe über eine Solidarumlage einen erheblichen Beitrag zur Durchführung dieser Arbeiten.
Zum Hintergrund: Im Dezember 2006 hatte die Bundesfachgruppe Reetdachtechnik sich dazu entschlossen, die vermehrt und vorzeitig auftretenden Verrottungserscheinungen bei Reetdächern durch ein breit angelegtes Forschungsvorhaben erforschen zu lassen. Dieses Phänomen wurde in den letzten zwei Jahren vornehmlich bei bis zu zehn Jahre alten Reetdächern in ganz Norddeutschland beobachtet.