Als Hauptproblemfelder für eine stärkere Nutzung des ÖPNV sieht Jipp dessen Unzuverlässigkeit und die nicht ausreichende Digitalisierung. „Ein flexibles und zuverlässiges System, das verschiedene „Gefäßgrößen“ nutzt und nahtlos funktioniert, wäre super.“ Dabei seien „Digitalisierung und Automatisierung entscheidend, um den Komfort und die Effizienz zu steigern. Man braucht im Prinzip eine flächendeckende Lösung, die die Menschen idealerweise vor der Haustür abholt und zum nächsten Verkehrsknoten bringt. Diese Integration verschiedener Verkehrsmittel würde den ÖPNV erheblich attraktiver machen.“
Solange dies nicht der Fall ist, bleibe das Auto attraktiv, weiterhin auch für junge Menschen. „Der Pkw-Besitz sinkt nicht. Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es eine Tendenz zur Mehrfachmotorisierung. Autos bieten Unabhängigkeit und sind unkompliziert“, beschreibt Prof. Jipp. Zwar seien jüngere Leuten offen für den ÖPNV, aber nur, wenn „dieser zuverlässig und attraktiv gestaltet ist. Wichtig ist, dass der ÖPNV auch in der Kostenstruktur einfach und flexibel bleibt.“ In anderen Ländern sei dies der Fall.
Zudem sieht die DLR-Forscherin keine Bereitschaft, für eine Reise mehr Zeit aufzuwenden. Es sei zu beobachten, dass man mehr Kilometer in der gleichen Zeit zurücklegt. „Dies zeigt, dass der Wunsch nach Fortbewegung ungebrochen ist, aber die Menschen wollen dafür nicht mehr Zeit investieren. Mobilität bleibt ein zentrales Bedürfnis in unserer Gesellschaft“, so Prof. Jipp. „Wichtige Parameter sind vor allem Zeit, Geld und Komfort.“ Gerade bei Zeit und Komfort hat das Auto offenbar einen Vorteil gegenüber dem ÖPNV. „Menschen empfinden oft, dass sie mit dem Auto schneller und bequemer unterwegs sind, auch wenn dies objektiv nicht immer stimmt. Es gibt eine subjektive Wahrnehmung von Kontrolle und Flexibilität, die das Auto attraktiv macht.“
Redakteure: Birgit Priemer, Luca Leicht & Andrea Weller