Auch die immer stärkere Einmischung der Politik in technische Vorgaben kritisiert Müller. „Es gibt das grundsätzliche Problem, dass die Politik ambitionierte Ziele setzt, dabei auch noch vorgeben will, mit welchen Technologien sie erreicht werden sollen, gleichzeitig aber die entscheidenden Rahmenbedingungen vernachlässigt. Wir haben immer wieder auf die Notwendigkeit von Rohstoff- und Energiepartnerschaften sowie den Abschluss von Handelsabkommen hingewiesen – doch Brüssel agiert hier zu langsam oder verliert sich in Detailfragen.“
Müller fordert die Politik auf, mit der Autoindustrie eine „ehrliche Bestandsaufnahme“ zu entwickeln. „Sind die Rohstoffe, die Halbleiter und vor allem die Infrastruktur in Europa vor- handen, um einen schnellen Hochlauf der E-Mobilität zu ermöglichen? Je unehrlicher die Analyse, desto schwerer wird es, das Ziel zu erreichen.“ Müller weiter: „Standort und Wett- bewerbsfähigkeit müssen Prioritäten in Berlin und Brüssel sein: Gute Standortbedin- gungen sind die beste Versicherung gegen wachsenden Wettbewerb – gerade für eine so exportorientierte Industrie wie unsere.“
Der Bundesregierung macht sie zudem den Vorwurf, dass sie nicht die Voraussetzungen schafft, damit die Elektromobilität zu einer Erfolgsgeschichte wird. „Der Einbruch der Absatzzahlen in diesem Jahr spricht ja eine deutliche Sprache. Wichtig ist jetzt: Das Vertrauen der Menschen in die Elektromobilität muss gestärkt und die Verbraucher zum Umstieg motiviert werden.“ Entscheidend dafür seien verlässliche Rahmenbedingungen. „Dazu gehört insbesondere das Vertrauen, immer und überall einfach laden zu können. Der Nachholbedarf ist enorm: In rund vier von zehn Gemeinden gibt es keinen einzigen öffentlichen Ladepunkt, in drei von vier gibt es keinen öffentlichen Schnellladepunkt. Auch der für eine funktionierende Struktur notwendige Ausbau der Stromnetze darf nicht weiter vernachlässigt werden.“
Redakteurin: Andrea Weller