In der Langfassung der VDI-Studie, die Autos mit sieben unterschiedlichen Antriebskonzepten miteinander vergleicht, wird der THG-Ausstoß jedoch auch nach dem Marginalstromansatz ausgewiesen, den viele Wissenschaftler als realistischer einschätzen. Und dort ist der Klimavorteil der Stromer kaum noch vorhanden, wie die Zeitschrift auto motor und sport berichtet – denn hier wächst der CO2-Output von Elektroautos um rund ein Drittel. Beim Marginalstromansatz verursacht ein Elektroauto in der VDI-Studie in seinem Lebenszyklus rund 36 Tonnen Treibhausgase, ein vergleichbarer Diesel aber nur 33 Tonnen. Ein Benziner liegt laut VDI-Studie mit 37 Tonnen nur wenig darüber.
Beim Marginalstromansatz gehen die Forscher davon aus, dass Elektroautos in Deutschland als zusätzliche Stromverbraucher auftreten. Da nachts, wenn viele von ihnen geladen werden, praktisch kein Solarstrom zur Verfügung steht und auch Windräder den zusätzlichen Bedarf nicht decken können, wird der benötigte Strom dann zum großen Teil von Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt, die viele Schadstoffe emittieren. Gäbe es die E-Autos nicht, müssten diese Anlagen deutlich weniger leisten beziehungsweise seltener oder gar nicht mehr laufen – die Energiewende wäre somit weiter vorangeschritten.
Als „Bilanzbetrug“ bezeichnet deshalb Prof. Thomas Koch, Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die ausschließliche Bewertung der CO2-Bilanz von Elektroautos nach dem Durchschnittswert des erzeugten Stroms in Deutschland. „Tatsächlich ist der Mittelwertansatz ein Bilanzbetrug, den Hunderte Wissenschaftler schon wiederholt moniert haben“, so Prof. Koch gegenüber auto motor und sport. „Wenn man die Energie, die für die Elektromobilität benötigt wird, einfach mit dem Mittelwert des Strommix multipliziert, unterschätzt man die realen CO2-Emissionen deutlich.“
Redakteur: Johannes Köbler