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Att Poomtangon / something about tomorrow evening im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden

Mit lächelnder Zurückhaltung betitelt der thailändische Konzeptkünstler Att Poomtangon (*1973) seine erste Einzelpräsentation im Westen, ruhig und gelassen: keines seiner Anliegen ist so dringend, dass es nicht auch bis morgen warten könnte...

(lifePR) (Wiesbaden, )
Att Poomtangon / Something about tomorrow evening
27. April bis 8. Juni 2008
Eröffnung / Samstag, 26. April 2008, 17 bis 20 Uhr

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

kuratiert von Elke Gruhn und Katharina Klara Jung

Mit lächelnder Zurückhaltung betitelt der in den klassischen Disziplinen ausgebildete thailändische Konzeptkünstler Att Poomtangon (*1973) seine erste institutionelle Einzelpräsentation im Westen und strahlt damit Ruhe und Gelassenheit aus: keines seiner Anliegen ist schließlich so dringend, dass es nicht auch bis zum nächsten Abend warten könnte….

… dennoch, mit einer Intensität wie der des Verlangens nach einer Tasse Kaffee im Anschluss an ein reichhaltiges Essen, greift Att Poomtangon mit seinen installativen Projekten Themen auf, die von existenziellem Interesse für ihn selbst und vielleicht auch für die Menschheit sind. Seine klassische Ausbildung in allen Bereichen der Bildenden Kunst erlaubt es ihm sich mit seiner Arbeitstechnik spielerisch assoziativ seinen Themenkomplexen zu nähern. Das komplette Recherchematerial bildet immer auch einen entscheidenden Teil eines jeden Projektes und fordert die Inspiration und Überlegung des Betrachters heraus.

In Sketch today, See tomorrow (2007) präsentiert Att Poomtangon wörtlich seine Skizzen, Gedanken und Notizen zu zukünftigen Projekten, ihre Umsetzung sieht man (vielleicht) morgen Abend...

Im Hintergrund erklingt die Melodie eines populären thailändischen Popsongs über ein Mädchen, das sich vom Land in die Metropole Bangkok aufmachte. Ihr gelingt es ihren gesamten Lebensstil zu ändern; ihren wenig freundlichen Rufnamen und damit ihre eigentliche Identität kann sie allerdings nicht ablegen. Handelt es vom vergeblichen Versuch seine tatsächliche Identität und seine Werte zu leugnen? Ließe sich dieses Bild auf das von westlichen Werten immer stärker überströmten Königreich Siam übertragen? Wie weit kann das Selbst verzehrt werden, ohne dass man von seinen eigenen Säften krank wird?

Im Film When you eat your self …. When ? (2006, 6:48 min) nimmt Att Poomtangon im schwarzen Smoking an festlich gedeckten Tisch Platz und beginnt alleine zu speisen. Ihm gegenüber sitzt eine helle Figur in moderner, typisch thailändischen Alltagskleidung: Gummisandalen, T-Shirt und Jeans, das Ebenbild des Künstlers, abgeformt in gelber Bohnenpaste. Der bereits abgetragene Kopf seines Alter Ego liegt vor ihm auf dem Teller und wird vornehm mit Messer und Gabel verspeist. Häppchenweise werden auch die Extremitäten sorgsam zerschnitten, aufgespießt und zum Mund geführt, bevor sich der Herr im Smoking schließlich übergibt - was folgt ist eine recht widersprüchliche Darstellung der Liebe zu sich selbst und der gleichzeitigen Überwindung seiner selbst.

Noch in einer weiteren Arbeit kreist das Thema um Nahrungsaufnahme: Att Poomtangon sichert seinen Lebensunterhalt im Westen durch das Kochen. Nahe liegt die Idee eines neuen innovativen Prozesses der Nahrungszubereitung und -aufnahme: Nouvelle Cuisine Fast Food (2008). Die bizarren Farben der dargebotenen Objekte weisen auf ihre Inhaltsstoffe hin: Lebensmittel und Gewürze, die zur Zubereitung eines bestimmten asiatischen Gerichtes benötigt werden. Sie sind ähnlich eines verführerischen Hamburgers geschichtet und in diesem Zustand eingefroren. Die äußere Form der Objekte spiegelt den Hauptinhaltsstoff des Gerichtes, nach dem es benannt ist – eine Aubergine, eine Süßkartoffel: Präsentiert wird eine gesunde, kalorienangepasste und abwechslungsreichere Version des all zu beliebten Fast Foods, eventuell eine zukünftige Ernährungsform der gesamten Menschheit?

Die Installation The Devil Finds Work For Idle Hands To Do (2007) aus verschiedenen Medien bündelt die unterschiedlichen Aspekte der Arbeit Poomtangons: Umweltkritik, visuelles Spiel, kulturelle Metapher und verborgene Produktionszeit. Ausgangspunkt für diese Arbeit war die Vorstellung des persönlichen Konflikts, den Goethe gehabt haben mag, als er seine berühmte Tragödie Faust schrieb.

Der Forscher Faust ist so von seiner eigenen Gier nach technologischem Erfindungsreichtum eingenommen, dass er mit dem Teufel paktiert um seine Seele gegen Erfolg einzutauschen. Auf die eine oder andere Weise bezieht sich jedes Element in der Installation auf den Prozess des Langsam-konsumiert-werdens. Das Stecheisen und die Säge, die mit ausgestellt werden und ironischerweise ebenfalls mit dem (Firmen-)Namen „Faust“ etikettiert sind, dienen als Beweis, dass der Künstler persönlich, langsam und mühevoll die Details des Teufels Hufs von individuellen Ästen und Baumstämmen geschnitzt hat.

Diese Holzstücke waren als Treibholz wiederum bearbeitet und poliert durch den Fluß Main, der gleiche Fluss, an dem Goethe in Frankfurt aufwuchs und den Att Poomtangon täglich bei seinem Weg zu seiner Arbeit im Atelier mit dem Fahrrad überquert.

In einem Zeitraum von sechs Monaten sammelte er gewissenhaft fast 200 Holzstücke. Jedes einzelne Holzstück begründet eine Fahrradtour zwischen Atelier und Mainufer, meist nur eines dieser überdimensionierten Objekte auf seiner Schulter tragend. Der Umfang der tatsächlich geleisteten physischen Arbeit für die Ausführung dieser Installation ist nur erahnbar. Das Holz, das Poomtangon in Faust verwertet, ist innerhalb der Marktgesetze nutzlos. Durch die Umwandlung dessen, was normalerweise Abfall ist liegt der Vorschlag, das eigene Verhältnis zur direkten Umwelt zu re-analysieren, selbst wenn man in einer Metropole lebt.

Im Kontrast zu diesem urdeutschen Thema und der elementaren Verbundenheit zu seiner Wahlheimat Frankfurt begrüßt in der Ausstellung ein thailändischer Straßenhund; er stand Modell für Stray Dog (2008). Das Sinnbild eines loyalen und hoch intelligenten Hundes, der die Gemeinschaft liebt, sich gleichzeitig aber auch seine Unabhängigkeit und Freiheit bewahrt. Att Poomtangon, als Thailänder nicht im Besitz eines westlichen Reisepasses, erfährt den Anachronismus im Zeitalter der Globalisierung, der ihm bei der Ausübung seines Berufes immer wieder erhebliche Schwierigkeiten bereitet, wenn er reisen möchte. Der Wunsch nach Freiheit lässt das bloße Anheben des Beines zum Abstecken von Hoheitsgebieten verlockend erscheinen.

Att Poomtangons Arbeit regt an, den Wert moralischer Codes der technologischen Evolution gegenüberzustellen - zum Einen im komplexen System von Autorität und ökonomischer Produktion, zum Anderen in der nahtlosen Koexistenz, die der Mensch mit den das tägliche Leben automatisierenden Maschinen eingegangen ist. Seine Kunst fragt nach, was verloren geht, wenn unsere Hände im täglichen Leben von der Technik übergangen werden.

Programm

Kuratorenführungen / am 4. Mai und 1. Juni
Jeden ersten Sonntag im Monat / 15 Uhr
für alle / kostenfrei

NKV Entdeckerführungen / am 10. Mai und 7. Juni
Jeden zweiten Samstag im Monat / 11 Uhr
mit Agathe Puskarczyk / für alle / kostenfrei

NKV Kinder mittenDRIN / am 24. Mai
Jeden letzten Samstag im Monat / 11-13 Uhr
mit Titus Grab / für alle / kostenfrei

NKV Diskurs / am 20. Mai
Jeden dritten Dienstag im Monat / 18 bis 20 Uhr
für alle / kostenfrei

Führungen /
Sonntags / 15 Uhr und auf Anfrage
für alle / kostenfrei

Nassauischer Kunstverein

Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden - NKV

1847 von Bürgern der Stadt als "Gesellschaft der Freunde bildender Kunst im Herzogtum Nassau gegründet zählen wir seit mehr als 160 Jahren zu den Kunst- und Kulturinstitutionen der hessischen Landeshauptstadt. Engagiert und konsequent zeigen und vermitteln wir spannende zeitgenössische Kunst und bieten jungen, noch nicht etablierten Künstler/-innen und Kulturschaffenden ein Experimentierfeld und oft auch ein erstes Sprungbrett in eine professionelle Laufbahn.

Ein Schwerpunkt unserer Ausstellungstätigkeit liegt auf der Förderung junger experimenteller Kunst. Kuratiert werden die Ausstellungen in einem unter den deutschen Kunstvereinen einzigartigen Kuratorenmodell vom 12-köpfigen Team des Vorstands und gelegentlich Gastkuratoren. Sowohl in Zusammenarbeit mit dem NKV-Team als auch mit den Gastkuratoren bieten wir jungen Kulturschaffenden die Infrastruktur für erste kuratorische Praxis. Mit dem Stipendium Follow Fluxus fördern wir KünstlerInnen, die mit Ihrer Arbeit an das Gedankengut der internationalen Kunstbewegung Fluxus anknüpfen.

Zu unseren Ausstellungen bieten wir Führungen, Diskussionsgruppen, aber auch interdisziplinäre Veranstaltungen wie Theater-, Film- und Kinderprogramme, zum Teil in Kooperation mit anderen Institutionen. Zusätzlich veranstalten wir Kunstreisen zu wichtigen Ausstellungen im In- und Ausland, die sowohl für unsere Mitglieder als auch für Gäste offen sind.

kurze Geschichte des NKV

Die Gründungsmitglieder des NKV kamen überwiegend aus dem gehobenen Bürgertum der Stadt. Ihr Anliegen war es, als Bürger der Stadt bildende Kunst zu fördern - ohne dabei von Politik und Staat abhängig zu sein. Die erste Dauerausstellung wurde im Gemäldesaal der damals im Erbprinzenpalais untergebrachten Bibliothek errichtet: "mit älteren und neueren Kunstwerken in- und ausländischer Künstler", wie es im damaligen Protokoll festgehalten wurde.

Innerhalb kürzester Zeit wurde der NV zur mitgliederstärksten und populärsten Privatgesellschaft der Stadt Wiesbaden. 1850 erhielt der Verein die Aufgabe, die Staatliche Kunstsammlung zu verwalten - erst 1899 ging diese Aufgabe an die Stadt über - es fehlte jedoch an eigenen Räumen.

Erst nachdem das Museum Wiesbaden von der Stadt an das Land übergeben wurde, erfüllte sich der erste Schritt der bereits bei der Gründung formulierten Bestrebung, einen eigenen Ausstellungsort für den NKV zu finden: 1979 bezogen wir unseren Sitz in der Wilhelmstraße 15, auf der "Prachtstraße" Wiesbadens in einer repräsentativen Altbauvilla mit rund 350 m² Ausstellungsfläche auf drei Stockwerken sowie einem ebenerdigen Empfangsbereich.

Mit dem Abschluss des Erbpachtvertrags im Frühjahr 2007 wurde uns dieses Haus auf 66 Jahre übereignet, so dass wir nun die bislang höchste Anerkennung in unserer Geschichte verzeichnen können.

Der NKV ist Mitglied im Arbeitskreis Stadtkultur sowie im ADKV, der Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine.

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