Um an die nachtaktiven und sehr scheuen Tiere heranzukommen, ist viel Erfahrung und Wissen notwendig. Günter Weißköppel und Peter Ibe vom Biosphärenreservat haben Ende Oktober mit dem Einfangen begonnen. Bei Einbruch der Dämmerung verharren die Experten in ihrem Versteck. Zuvor haben sie Netze ins Wasser gespannt. Manchmal dauert es bis Mitternacht, bis sich die Tiere zeigen. "Während man vorher ein paar Stunden lang ganz still gesessen hat, ist es plötzlich eine Sache von Sekunden, in denen man das Netz zuziehen muss", erzählt Annett Schumacher vom Biosphärenreservat. Wenn man Pech hat, ist nur eine Bisamratte drin, die den jungen Bibern sehr ähnlich sehen. Um komplette Familien zu fangen, liegen die Biberfachleute zur Sicherheit an mehreren Nächten hintereinander auf der Lauer.
Dass man die Nager heute gegen eine kleine Aufwandsentschädigung verschenken kann, ist nicht immer so gewesen. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg war die autochtone Population der Elbebiber bis auf 300 Tiere zurückgegangen. "Mit nur einer Seuche wären die Biber wahrscheinlich ausgerottet worden", sagt Annett Schumacher. Durch Schutzmaßnahmen und den Erhalt naturnaher Lebensräume konnten sich die Biber in der Nationalen Naturlandschaft erholen. Heute leben dort über 1.000 Exemplare. Bundesweit sollen es über 5.000 Tiere sein.
Erfolge verzeichnen auch die europäischen Kooperationspartner. Aus den 18 Elbebibern, die 1999 zum ersten Mal nach Dänemark verschickt wurden, hat sich ein Bestand von 120 Tieren entwickelt. "Wir achten sehr darauf, dass die Tiere in Gebiete kommen, die ihren natürlichen Lebensbedingungen entsprechen", so Schumacher.
Hintergrund: Die Biberfangaktionen erfolgen stets auf der Grundlage wissenschaftlich begleiteter Wiederansiedlungsprojekte und erfolgen mit Genehmigung des sachsen-anhaltischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt sowie in enger Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt und der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe (Landesreferenzstelle für den Biberschutz). Die Zielregionen haben bestimmte Richtlinien/Auflagen zur Wiederansiedlung umzusetzen und insbesondere die benötigten Voraussetzungen vor Ort zu schaffen. Dazu gehört insbesondere, dass ein ausreichend großer und in Nahrungsangebot und Landschaftsstruktur geeigneter Lebensraum vorhanden sein muss. Im Rahmen solcher Wiederansiedlungsprojekte in Regionen, in denen der Biber einst beheimatet war, wurden seit 1973 bereits rund 460 Tiere aus der Elbaue in verschiedene Regionen Deutschlands und Europas umgesiedelt.
Die Nationalen Naturlandschaften vereinen als Dachmarke alle deutschen Großschutzgebiete unter einem Namen. Ihr Ziel ist es, die derzeit 14 Nationalparks, 15 Biosphärenreservate und über 100 Naturparks durch ihren gemeinsamen Auftritt zum Inbegriff für die Schönheit deutscher Natur zu machen. Die Nationalen Naturlandschaften bieten den Großschutzgebieten einen einheitlichen gestalterischen Rahmen, der Besuchern, Förderern und Medien Orientierung, Überblick und Wahrnehmung der zahlreichen Angebote erleichtern soll. Die Nationalen Naturlandschaften werden von der Dachorganisation der Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks EUROPARC Deutschland getragen sowie von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unterstützt.