51 Berge hat der Nationalpark, sie bilden das Buchenmeer des Kellerwaldes, das man von den Panoramastandorten aus sehen kann. So viele Hügel sind es am NationalparkZentrum nicht, allerdings wurde bei der Geländemodellierung die Landschaftsformation aufgegriffen. Auf diesem hügeligen Gelände werden Bereiche entwickelt, die zum einen Kindern ermöglichen, ihrem Bewegungsdrang nachzugehen, zu forschen, zu entdecken. Zum anderen werden die Besucher Erlebnisstationen ebenso vorfinden wie Teile, die dem Rückzug und der Reflexion dienen. Ein Amphitheater schafft Raum für Aufführungen und Einführungen, beispielsweise mit Schulklassen. Die Entwicklung hin zu einer Wildnis wird veranschaulicht, und schließlich führt der "Weg zur Wildnis" (Straßenname) in die werdende Wildnis des Nationalparks selbst.
So entsteht ein innovativer außerschulischer Lernort, der zum Mitgestalten einlädt. Die Natur forschend zu entdecken ist ein großartiger Versuch, Natur zu verstehen. Diese Art des Lernens ist intensiv, macht Spaß und schafft eine emotionale Bindung zur Natur. Sie bietet veränderte Blickwinkel und lädt jeden zu ganz neuen Denkprozessen ein.
Ein einfacher Lagerfeuer- und Picknickplatz wurde im vergangenen Sommer bereits angelegt, ebenso erste Elemente eines Kleinkindspielbereichs mit einer außergewöhnlichen Vogelnest-Schaukel. Vor allem der Lagerfeuerbereich wird zurzeit intensiv genutzt, denn in den Monaten Juli und August findet dort jeden Freitag ein Lagerfeuerabend statt.
Weitere Installationen werden in den nächsten Monaten folgen. Das Nationalpark-Team hat für die Gestaltung des Außengeländes jedoch einen ungewöhnlichen Weg gewählt: Es wird nicht zunächst geplant und dann umgesetzt, vielmehr geht es um eine prozessorientierte, schrittweise und partizipative Planung und Realisierung. Hierfür werden Teams gebildet aus Nationalparkmitarbeitern und der Architekten-AG Ute Sauer, Karl-Hermann Emde und Bodo Tempich sowie unterschiedlichen Impulsgebern aus Nationalpark, Naturpark, Naturschutz, Schule, Kindergarten und Bevölkerung. Mit einem klaren Ziel vor Augen werden im Detail immer nur die nächsten Schritte geplant, um Raum zu lassen für neue Ideen und zwischendurch immer wieder die Möglichkeit zu geben, lenkend zu konkretisieren. Wie im Detail die Erlebnisstationen aussehen werden, steht noch nicht fest. "Wir befinden uns mitten in einem Gestaltungsprozess.", sagt Nationalparkleiter Manfred Bauer. "Wir erhalten viele Anregungen, die wir in diesem Prozess gern aufgreifen." Diese Art der Gestaltung dauert natürlich länger als ein gewöhnlicher Planungs- und Realisierungsprozess, und viele Besucher des innovativen Zentrums fragen, wann und wie es auf dem Außengelände weitergeht.
"Uns Menschen ist eigen, dass wir uns schnelle und sichtbare Fortschritte wünschen.", sagt Katrin Schneider, Leiterin des NationalparkZentrums. "Aber da lehrt uns das Nationalpark-Gebiet selbst, was uns Menschen manchmal so schwer fällt: wir müssen Geduld haben. Und was da im Moment auf dem Gelände passiert, ist nichts anderes als die Entwicklung einer Wildnis im Kleinen. Wildnis ist schließlich ein Prozess, der ganz eigenen Gesetzen unterliegt." Das mag zwar auf manche wie eine unschöne Unordnung wirken, aber es lässt sich wunderbar verfolgen, wie Pflanzengesellschaften aufeinander folgen.
In diesem Jahr wird noch ein Amphitheater entstehen. Im Herbst sollen Bäume und eine Hecke gepflanzt werden. "Wirklich fertig wird das Gelände jedoch nie sein. Denn wir sind offen für Veränderungen und Entwicklungen, die auch von den Besuchern ausgehen sollen.", erläutert Matthias Schlote von der Nationalparkverwaltung.
Hintergrund
Bauherr: Nationalparkamt Kellerwald-Edersee
Architekten: AG Sauer-Emde-Tempich
Fläche: 1,5 ha direkt oberhalb des NationalparkZentrums Kellerwald
Vision des WildnisErlebnisgeländes
- Durch unterschiedliche Angebote des Selbsterforschens und begleitenden Bildungsangeboten sollen die Besucher nachhaltig einen verantwortungsvolleren und wertschätzenden Umgang mit den Naturressourcen entwickeln.
- Das Gelände umfasst Bereiche, die den Besuchern ermöglichen, Entwicklung hin zur Wildnis zu veranschaulichen und interaktiv an die Ausstellungsinhalte des NationalparkZentrums anzuknüpfen
- Die Besucher erfahren mit allen Sinnen an unterschiedlich gestalteten Erlebnisräumen die Naturphänomene des Nationalparks Kellerwald-Edersee und Ruheräume, die dem Rückzug und der Reflexion dienen.
Planung und Realisierung
 Prozessorientierte Planung und Realisierung
 Partizipative Entwicklung mit Impulsgebern aus Nationalpark, Planern, Naturpark, Naturschutz, Schule, Kindergarten, Bevölkerung, etc.
 Nutzung von eigenen Arbeits- und Materialressourcen zur Kostenminimierung
Gestaltung Hügellandschaft mit Bereichen:
 Bewegung, Ruhe, Neugierde, Forschung, Kommunikation
 Unterschiedliche Verwilderungsgrade
 Verstecke, Ausblicke
 Ungewöhnliche Perspektiven, keine 1:1 Nachbauten
 Plätze zum eigenen Gestalten
 Keine vorgefertigten Produkte (z.B. Spielgeräte aus dem Katalog)
 Erlebniswege für Rollstuhlfahrer
 Das Raumkonzept soll Atmosphäre der Offenheit schaffen und einladen zu Entdeckungen
 Durchgänge, Winkel, Ausblicke, etc. sollen Spannung schaffen für kleine und große Kinder
 Eingänge als Blickfänge und Orientierungshilfe (jedoch keine Nationalpark-Tore)
 2 Wegeachsen nach Osten und Süden
 Elemente aus Ausstellung: Tierspuren, Begriffe
 Übergänge von NationalparkZentrum zu neuen Gelände
 Kulturlandschaft einbeziehen: Wildobstwiese
 Isolierung von Biotopen: Wildnis hat Grenzen (Florengarten, Arten des Nationalparks)
Pädagogischer Ansatz: Wissenschaft und Vermittlung
 Das Wildniserlebnisgelände als außerschulischer Lernort und befruchtende Ergänzung zum schulischen Lernen nutzen.
 Die Natur gibt uns Anlass, den Blickwinkel zu verändern und lädt ein zu neuen Denkprozessen.
 Forschen in der Natur schafft eine tiefe und emotionale Bindung.
 Aus den Naturphänomenen ergeben sich automatisch Fragen, die es zu erforschen und zu beantworten gilt.
 Spannende Aktivitäten ermutigen zum motivierten Lernen.
 Kultur des Entdeckens fördert emotionale Interaktivität, somit eine Steigerung des komplexen Wissens.
 Erfahren und Begreifen soll ermöglicht werden: Die Wildnis ist ein System von immer wiederkehrendem neuem Leben.
 Wildnis bietet wertvolle Ressourcen für nachkommende Generationen und ist eine notwendige Ergänzung zu unserer Kulturlandschaft.
 Der nachhaltige Umgang mit unseren Ressourcen ist der Schlüssel für unsere Zukunft.
 Erlerntes kann direkt angewendet und in Zusammenhang gebracht werden mit dem eigenen Lebensstil. (Förderung der Gestaltungskompetenz Bildung für nachhaltige Entwicklung)
 Wer lustvoll mit Spaß lernt, lernt mehr.