Korallenriffe im hohen Norden? Ist der Klimawandel bereits so weit fortgeschritten? Nein, seit dem Ende der letzten Eiszeit haben sich riffbildende Steinkorallen in mehreren 100 m Wassertiefe auf den unterschiedlichsten Meeresböden angesiedelt. Diese Korallen sind zwar verwandt mit ihren Cousins aus den gut bekannten tropischen, lichtdurchfluteten Flachmeeren, aber sie haben sich eine andere Lebensweise angeeignet, die sie unabhängig vom Licht Skelettkarbonat in den dunklen und kalten Meerestiefen abscheiden lässt.
Einzelne dieser Kaltwasser-Korallenriffe sind bis zu 35 km lang und haben bis zu 40 m hohe Riffstrukturen innerhalb der letzten 10.000 Jahre entstehen lassen. Mit modernen Tauchrobotern und bemannten Forschungstauchbooten wird dieses artenreiche Ökosystem erst seit 10 Jahren weltweit intensiv erforscht.
Der Vortrag nimmt Sie mit auf eine Tauchboot-Expedition unter anderem auf den Norwegenschelf, dem gegenwärtigen Zentrum der Kaltwasser-Riffexpansion. Die Reise beleuchtet die Vielfalt und Dimensionen der wenig bekannten Riffstrukturen und führt ein in die Welt der unterschiedlichen Riffzonen. Wegen ihres Reichtums an Speisefischen waren Kaltwasserriffe bevorzugte Fischereigebiete - mit teilweise verheerenden Folgen für das Ökosystem und letztlich auch für die Fischerei. Der Vortrag beleuchtet daher auch den Dialog zwischen Grundlagenforschung und ökonomischen Interessen in der Europäischen Außenwirtschaftszone und berichtet über eine neue, schleichende Gefahr - die Versauerung der Ozeane.
Prof. Dr. André Freiwald ist Paläontologe und Meeresgeologe. Seit 2010 leitet er die Abteilung Meeresforschung des Instituts Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und hat die Professur Meeresgeologie an der Universität Bremen inne.
Veranstaltungsort:
Nationalparkzentrum Wilhelmshaven
"Das Wattenmeerhaus"
Am Südstrand 110 b
26382 Wilhelmshaven
Informationen unter: 04421-910733