Von der Decke hängende Krokodile, Stoßzähne aus Elfenbein, Rhinozeroshörner, Straußeneier und Korallenäste, Kokosnüsse und Molluskenschalen sowie seltene Mineralien und Fossilien zierten die einstigen Kunstkammern des 16. und 17. Jahrhunderts.
Die Habsburger Erzherzog Ferdinand II. (1529-1595) und Kaiser Rudolf II. (1552-1612) trugen jeweils außergewöhnliche Sammlungen zusammen, in denen solchen Naturalia der gleiche Stellenwert eingeräumt wurde, wie den kostbarsten Kunstwerken. Besondere Aufmerksamkeit fanden Kuriositäten und exotische Naturgegenstände, wie sie im Zeitalter der Entdeckungen aus fernen Regionen nach Europa gelangten. Vielen dieser Naturobjekte sprach man zu dieser Zeit auch magische und heilende Kräfte zu.
Neben den fürstlichen Kunstkammern entstanden im 16. und 17. Jahrhundert auch bereits Naturalienkabinette im engeren Sinn. Vor allem Ärzte und Apotheker legten zu Studienzwecken solche Sammlungen an, in denen sich die Erweiterung und Systematisierung des Wissens widerspiegelte. Im Sinne von begehbaren Enzyklopädien dienten diese Sammlungen zugleich der anschaulichen Vermittelung.
Das im 17. und 18. Jahrhundert sich beständig erweiternde Wissen im Bereich der Naturwissenschaften brachte das Ende des vielfältigen Nebeneinanders von Objekten mit sich, welches die fürstlichen Kunst- und Wunderkammern der Renaissance gekennzeichnet hatte. Basilisken und Natternzungen, Greifenklauen und Einhörner, die man in den frühen Sammlungen als besonders kostbare Raritäten bestaunen konnte, wurden als fossile Haifischzähne, Fledermäuse oder Narwalzähne erkannt und damit ihres legendären Zaubers beraubt. Natur und Kunst wurden in zunehmendem Maße voneinander getrennt und in Spezialmuseen untergebracht. Auch in Wien wurden die Bestände der ehemaligen Kunst- und Wunderkammern des Hauses Habsburg im 19. Jahrhundert aufgeteilt und zur Präsentation im Kunsthistorischen und im Naturhistorischen Museum bestimmt.
Die Ausstellung „Die Entdeckung der Natur“, die vom 13. Juni bis 3. September 2007 im Naturhistorischen Museum Wien präsentiert wird, entführt in diese außergewöhnliche Welt der habsburgischen Sammeltätigkeit in der frühen Neuzeit und thematisiert die wichtige Rolle der sich im Zeitalter des Humanismus entfaltenden Naturwissenschaften. Zahlreiche Naturobjekte in unbearbeiteter, präparierter oder künstlerisch aufwändig bearbeiteter Form sollen die Wertschätzung für diesen wichtigen Teil der frühen Sammlungen nachvollziehbar machen, ausgewählte Schriften einen Eindruck vom Stand der Naturwissenschaften zur Zeit der Renaissance vermitteln.
Die im Sommer 2006 in Schloss Ambras gezeigte Ausstellung, wird 2007 in Wien in Kooperation zwischen dem Naturhistorischen Museum und dem Kunsthistorischen Museum präsentiert. Leihgaben dazu kommen aus Schloss Ambras, der Kunstkammer so wie verschiedenen weiteren namhaften Institutionen.
Zur Ausstellung liegt ein umfangreicher und bebildeter Katalog vor.