Die Naturschutzverbände Naturschutzinitiative e.V. (NI) und der Naturschutzbund Euskirchen (NABU) halten den Windpark Dahlem IV auch unter den Aspekten des erneuten Genehmigungsantrages für nicht genehmigungsfähig. Die prioritären Gründe hierfür sind die fehlerhaften Einschätzungen der Artenschutzprüfung zu den gefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzstorch, Wildkatze und den Fledermäusen.
Die Art Rotmilan hat im Jahr 2019 im direkten Umfeld des geplanten Windparks zwei erfolgreiche Bruten mit mehreren Jungvögeln aufgezogen. Die Abstände der Brutstätten liegen im kritischen Bereich der Windanlagen. In einem Bereich von weniger als 1.250 m zu einer Brutstätte der Art Rotmilan ist nach geltender Rechtsprechung stets mit einem erhöhten Tötungsrisiko zu rechnen. Bei der Betrachtung der geschützten Arten ist jedoch nicht der alleinige Horststandort von Bedeutung, sondern insbesondere auch ihr angestammter Lebensraum in der erforderlichen Ausprägung. Nur dies sichert den Rotmilanen genügend Nahrung für die Jungvogelaufzucht. Das Projektgebiet von Dahlem IV bietet in seiner Kombination aus dem bewaldeten Höhenrücken mit ungestörten Altholzinseln und ausgeprägten großräumigen Lichtungen in Verbindung mit dem angrenzenden Offenland ein herausragendes Brut- und Nahrungshabitat für die Rotmilane. Die erfolgreichen Bruten bestätigen dies. Der Windpark Dahlem IV wird diesen Lebensraum zerschneiden und durch den drohenden Vogelschlag vollständig entwerten. Stellen doch insbesondere die drehenden Rotoren eine folgenschwere Gefahr für die Rotmilane und ihre Nachzucht dar.
Die Art Schwarzstorch hat im Jahr 2019 erneut in unmittelbarer Reichweite des geplanten Windparks gebrütet und erfolgreich 2 Jungvögel aufgezogen. Bereits in 2017 wurden in einem weiteren Horststandort in kritischer Nähe zum Windpark 2 Jungvögel erfolgreich aufgezogen. Der Dahlemer Waldgürtel bildet auch für die Art Schwarzstorch ein überragendes Brut- und Nahrungshabitat. Insbesondere die facettenreichen Feucht- und Quellgebiete und die zahlreichen naturnahen Bachläufe sichern den Schwarzstörchen ein Nahrungsangebot, um eine erfolgreiche Fortpflanzung sicher zu stellen. Die Verknüpfung aus diesen, für eine erfolgreiche Jungvogelaufzucht der Schwarzstörche essentiellen ökologischen Bestandteilen des Lebensraumes ist eine Besonderheit im Dahlemer Wald, die in Abhängigkeit der geomorphologischen und klimatischen Voraussetzungen steht und nicht an anderer Stelle realisierbar ist. Diese besonders empfindlichen Lebensräume stellen die letzten Rückzugsräume der Schwarzstörche. Es ist jederzeit mit einer Neuansiedlung neben den angestammten Horstplätzen zu rechnen. Der Schutz dieser seltenen Lebensräume wiegt schwer und stellt ein erhebliches Hindernis in der Genehmigung der Windanlagen von Dahlem IV dar.
Auch die lokale Population der europäischen Wildkatze des Dahlemer Waldes wird durch den Bau des geplanten Windparks erheblich beeinträchtigt. Ihr Lebensraum wird entwertet, zerschneiden doch die Windindustrieanlagen mit ihren Zuwegungen den Waldgürtel des Dahlemer Höhenrückens an seiner schmalsten Stelle.
„Die Wanderkorridore der Wildkatze verlaufen durch den Dahlemer Wald von der belgischen Grenze bis hin zum Mürel. Der Waldgürtel beherbergt eine der herausragenden Wildkatzenpopulationen der Eifel. Von hier aus kann sie die angrenzenden Offenlandhabitate, wie u.a. das FFH-Gebiet Manscheider Bachtal/Paulushof als Nahrungshabitate sicher aufsuchen. Wie der Schwarzstorch ist auch die Wildkatze auf den Wald an dieser Stelle angewiesen. Ihr Lebensraumverlust ist nicht ausgleichbar“, betonte Wildkatzenexpertin Gabriele Neumann.
Im Dahlemer Wald agieren seltene Fledermausarten, wie die Bechsteinfledermaus, die Nordfledermaus und der große Abendsegler. Eine vollständige Erfassung der vorkommenden Arten wurde bislang nicht vorgelegt. Eine rechtssichere Genehmigung ist so nicht möglich.
„Unter der Betrachtung der einzelnen betroffenen Arten, wie Schwarzstorch, Rotmilan, Wildkatze und Fledermäuse, die kumulativen Aspekte des Windparks auf alle weiteren betroffenen Arten und die zwingend hinzu zuziehenden kumulativen Aspekte aller Windanlagen von Dahlem I-IV auf den Biotopverbund des Dahlemer Waldes und seine angrenzenden Offenlandökosysteme in den Abwägungsprozess, ist eine Genehmigung des Windparks mit geltendem Recht nicht vereinbar. Eine Genehmigung würden wir auch nicht klaglos hinnehmen“, erklärten Claudia Rapp-Lange vom NABU Euskirchen und Harry Neumann, Landesvorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI).