„Die von der CDU-Fraktion hierbei angeführten Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz durch erweiterte Ausnahmeregelungen treffen weder zu noch sind diese mit dem europäischen Naturschutzrecht vereinbar“, erklärten Harry Neumann, Landesvorsitzender des Umweltverbandes Naturschutzinitiative e.V. (NI) und Roland Dilchert, Länder- und Fachbeirat sowie Sprecher der NI für den Werra-Meissner-Kreis.
Erst im Oktober des vergangenen Jahres hat der Europäische Gerichtshof den starken Schutzstatus des Wolfes nochmals bekräftigt und pauschalen Abschussgenehmigungen einen Riegel vorgeschoben. Die Gewährung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme vom Tötungsverbot der streng geschützten FFH-Art setzt nämlich voraus, dass alle zumutbaren Alternativen ausgeschöpft sein müssen und sich der Erhaltungszustand der lokalen und nationalen Population nicht verschlechtern darf.
Der Wolf befindet sich nach wie vor in einem ungünstigen Erhaltungszustand. Die Tötung lokaler Bestände des Wolfes sind daher artenschutzrechtlich keineswegs unbedenklich. Nach Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie darf die Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert werden. Außerdem sind die nationalen Behörden verpflichtet, in jedem Einzelfall auf der Grundlage der „besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten“ nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für einen Abschuss vorliegen und dass die Ausnahme überhaupt geeignet ist, das vorgegebene Ziel nach Artikel 16 Abs. 1 lt. a-e der FFH-Richtlinie zu erreichen.
„Die Rückkehr des Wolfes stellt sicher eine Herausforderung dar, aber wir sollten lernen, mit dieser Facette der wilden Natur zu leben, so wie es in den anderen europäischen Ländern mit Wolfsvorkommen auch gelungen ist. Natürlich kann die Rückkehr des Wolfes zu Konflikten, besonders mit Nutztieren, führen. Daher ist eine gute Vorsorge im Vorfeld wichtig, um Übergriffe auf Nutztierherden zu vermeiden oder zu minimieren. Einen hundertprozentigen Schutz vor Schäden wird es nicht geben. Für diesen Fall werden die Möglichkeiten von Hilfen für Nutztierhalter im Managementplan geregelt. Eine begründete Tötung von Einzelwölfen durch ausgewiesene Experten kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn sämtliche zumutbare Alternativen ausgeschöpft sind. Das ist hier nicht der Fall. Zudem sind die Handlungsempfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz zu beachten“, so der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI).
„Wenn nationale Regelungen die FFH-Richtlinie nicht richtig umsetzen, gilt ein Anwendungsvorrang des Europarechts. Die Naturschutzinitiative (NI) wird daher darauf achten, dass bei Abschussgenehmigungen die strengen Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie beachtet werden, zumal hier nicht nur der Werra-Meissner-Kreis, sondern auch die angrenzenden Kreise in Hessen (Hersfeld-Rotenburg, Schwalm-Eder-Kreis, Landkreis Kassel), in Niedersachsen sowie in Thüringen betroffen sein können. Wir fordern daher den Kreistag auf, dem Antrag der CDU-Fraktion nicht zuzustimmen“, erklärten Roland Dilchert, Länderbeirat Hessen und Sprecher der NI im Werra-Meissner Kreis sowie Harry Neumann, Landesvorsitzender der Naturschutzinitiative e.V. (NI).
Foto: NI, Europäischer Wolf (Canis lupus)
Hintergrundinformationen
Das Bundesamt für Naturschutz hat Kriterien erarbeitet, wann ein Wolf als auffällig einzustufen ist und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen (BfN Skript 201, 2007).
https://www.bfn.de/...
Empfehlungen zum Schutz von Weidetieren und Gehegewild vor dem Wolf
https://www.bfn.de/...
https://umwelt.hessen.de/...
Wolfsmanagement für Hessen
https://umwelt.hessen.de/...