Der Darm als wichtiger und enorm komplexer Schutzschild des Menschen: Erst seit wenigen Jahren machen es neue wissenschaftliche Methoden möglich, die Darmflora sowie die Bedeutung und Funktionsweise des Darms für unseren Organismus genauer zu analysieren. Mediziner sind sich heute einig: Einen wesentlichen Anteil an der Schutzfunktion haben die Darmbakterien, von denen es mehrere Tausend verschiedene Arten gibt.
Bei einem erwachsenen Menschen machen allein die Darmbakterien etwa ein bis zwei Kilogramm des Körpergewichts aus. Die mehr als tausend verschiedenen Bakterienarten haben sich im Laufe der Evolutionsgeschichte mit dem Menschen mitentwickelt. Inzwischen weiß man auch: Einige für ein funktionierendes Immunsystem sowie einen optimalen Fett- und Zuckerstoffwechsel besonders wichtige Bakterien brauchen besondere Bedingungen, damit sie im Darm ihren „Job“ machen können. Konkret heißt das: eine Ernährung, die reich an pflanzlichen Fasern ist. Gerade in Industrieländern wie Deutschland schaffen das aber viele Menschen nicht mehr. Neueste Forschungsergebnisse deuten jetzt darauf hin, dass die Zufuhr kurzkettiger Fettsäuren das Immunsystem im Darm günstig beeinflussen kann.
Faserarme Ernährung lässt Darm verarmen
„Lange war unklar, wie genau die Darmbakterien zu unserer Immunabwehr beitragen“, sagt Professor Dr. Wolfram Sterry, langjähriger Klinikdirektor an der Berliner Charité. Der Grund dafür: Eine genaue Analyse des Mikrobioms im Darm war lange Zeit nicht möglich. Erst die so genannte next-generation DNA-Sequenzierung, bei der in sehr kurzer Zeit mehrere tausend Genome analysiert werden können, ermöglicht der Medizin einen Zugang zur komplexen Welt der menschlichen Darmflora. Eine der wesentlichen neuen Erkenntnisse: Darmbakterien sind ein integraler Bestandteil des menschlichen Immunsystems. „Einige der Bakterien im Dickdarm produzieren beim Abbau pflanzlicher Fasern kurzkettige Fettsäuren, die für den Menschen essenziell sind“, sagt Professor Sterry. Bekannt ist heute auch: Den Zellen der Darmwand, die für eine funktionierende Barrierefunktion besonders wichtig sind, dienen kurzkettige Fettsäuren als Nahrungsgrundlage.
Kurzkettige Fettsäuren sind Essigsäure, Buttersäure und Propionsäure. Damit die Darmbakterien diese tatsächlich produzieren können, benötigen sie Pflanzenfasern aus Obst und Gemüse. „Die faserarme Ernährung hat jedoch dazu geführt, dass der Darm bei vielen Menschen hierzulande verarmt ist“, sagt Professor Sterry. Konkret heißt das: Da die Bakterien ohne pflanzliche Fasern nicht überleben können, kommen sie in der Darmflora vieler Menschen in sehr geringer Zahl oder unter Umständen gar nicht mehr vor. Fasst man die Ergebnisse der aktuellen Studien zum Thema zusammen, heißt das: Es entstehen zu wenige kurzkettige Fettsäuren.
Wie kurzkettige Fettsäuren Entzündungen im Körper verhindern
In zahlreichen Studien, unter anderem an der Ruhr-Universität Bochum und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, sind eine Reihe von Wirkungen vielfach nachgewiesen: Sie regen im Körper die Produktion so genannter regulatorischer T-Zellen an, die Entzündungen im Körper unterdrücken. Das ist besonders bei der Prävention von Erkrankungen wichtig, bei denen der Körper „fälschlicherweise“ die Immunabwehr in Stellung bringt wie beispielsweise bei Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
„Auch bei Autoimmunkrankheiten wie Asthma, Rheuma und anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen oder auch bei Morbus Crohn, einer Autoimmunerkrankung der Darmschleimhaut, sind diese regulatorischen T-Zellen von großer Bedeutung“, weiß Professor Sterry, der sich in den vergangenen Jahren intensiv mit kurzkettigen Fettsäuren beschäftigt hat.
Schneller satt: kurzkettige Fettsäuren verlangsamen die Magenentleerung
Die kurzkettigen Fettsäuren, die bestimmte Darmbakterien bilden, führen nach den Worten Professor Sterrys sogar auch dazu, über die Ausschüttung bestimmter Darmhormone ein Sättigungsgefühl entstehen zu lassen. Der große Einfluss des Mikrobioms im Darm auf das Gehirn ist inzwischen vielfach nachgewiesen („Darm-Hirn-Achse“). Weitere Effekte im Körper: In der Leber wird, letztlich gesteuert über die Bakterienaktivitäten im Darm, die Produktion von Fetten verringert. „Gleichzeitig wird die Magenentleerung verlangsamt, wodurch man länger satt ist“, sagt Professor Sterry.
Bereits in den neunziger Jahren haben Wissenschaftler auch nachgewiesen, dass kurzkettige Fettsäuren dabei helfen können, die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse anzukurbeln und gleichzeitig die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin zu erhöhen — und damit Diabetes vorzubeugen. Das habe besonders bei Übergewichtigen Bedeutung, sagt Professor Sterry. „Hier wissen wir heute, dass es bei der Zuckerkrankheit zu einer ungünstigen Verschiebung in der Zusammensetzung der Darmbakterien kommt“, so der Mediziner. In Modellen sei bereits nachgewiesen worden, dass bei der Zufuhr kurzkettiger Fettsäuren trotz fettreicher Ernährung kein Diabetes entsteht.
Gezielte Einnahme kurzkettiger Fettsäuren führt zu gleichen positiven Effekten
In den vergangenen Jahren begannen Wissenschaftler unter anderem in Bochum und Erlangen zu untersuchen, ob sich diese ernährungsbedingte Fehlentwicklung ausgleichen lässt, indem die kurzkettigen Fettsäuren von außen zugeführt werden. Die Ergebnisse sind vielversprechend: „Die positiven Wirkungen stellen sich nach den Erkenntnissen, die wir bisher haben, in gleichem Maße ein wie bei kurzkettigen Fettsäuren, die der Körper selbst produziert“, so Professor Sterry. Zum positiven Einfluss auf den Zucker- und Fettstoffwechsel und zur Entzündungshemmung gebe es mittlerweile bereits sehr viele Daten.
Forschung: Vielversprechende Ergebnisse mit Propionaten,
den Salzen der Propionsäure
„Alle Daten sprechen dafür, dass orale Aufnahme den gleichen günstigen Effekt hat“, so der langjährige Klinikdirektor an der Berliner Charité. Zum Einsatz kommen in der medizinischen Forschung an deutschen und internationalen Medizin-Hochschulen die Salze der Propionsäure, die so genannten Propionate, in einer Dosierung von zweimal 500 Milligramm täglich. Professor Sterry sagt, in den kommenden Monaten würden zahlreiche weitere Forschungsprojekte abgeschlossen.
Für Lebensmittel-Experten ist das Propionat ein alter Bekannter: als unbedenkliches Konservierungsmittel unter anderem im Brot und bei der Herstellung von Käse. Die Qualität der auf dem Markt erhältlichen Propionate schwankt stark: „Erst die langjährige Erforschung und die Identifizierung der wirksamsten und sichersten Wirkstoffe ermöglichte die Entwicklung eines Produkts, wie es bei den Forschungsprojekten eingesetzt wird“, sagt Dr. Ulrich Matthes, Geschäftsführer von Flexopharm Brain. Das Unternehmen ist Marktführer für das in der medizinischen Forschung relevante hochreine Natriumpropionat, das heute unter dem Handelsnamen Propicum vertrieben wird.
Mehr Informationen:
www.propicum.com
neurologie.klinikum-bochum.de
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