Der Oskar-Medizinpreis zählt zu den renommiertesten und mit 50.000 Euro zu den höchstdotierten Auszeichnungen für Ärzte in Deutschland. In diesem Jahr ist zum ersten Mal in der Geschichte dieses Stiftungspreises ein ostbayerischer Mediziner der Preisträger: Privatdozent Dr. Tobias Renkawitz von der Orthopädischen Universitätsklinik Regensburg im Asklepios Klinikum Bad Abbach. Eine fünfköpfige Jury renommierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz entschied sich einstimmig für den leitenden Oberarzt am Bad Abbacher Klinikum. Das interdisziplinäre Gutachtergremium würdigte mit der Entscheidung die Verdienste von Dr. Renkawitz um die Patientensicherheit und Qualität beim Hüftgelenkersatz. Der Preis wurde am 28. Oktober in Berlin übergeben.
Renommiert und begehrt: der “Oskar-Medizinpreis“
Der renommierte Oskar-Medizinpreis geht auf die Berliner Mäzene, den Industriellen Oskar Pintsch und seine Ehefrau Helene zurück. Sie finanzierten vor genau 100 Jahren eine medizinische Fachklinik in Berlin, die in vielen medizinischen Fachbereichen international wegweisen wurde. Die heute von der „Stiftung Oskar-Helene-Heim“ bereitgestellte Auszeichnung „Oskar-Medizinpreis“ ist mit 50.000 Euro an Forschungsmitteln verbunden.
Forschungsergebnisse helfen Patienten weltweit
Die Jury begründete ihre Entscheidung mit den herausragenden Verdiensten von PD Dr. Renkawitz zur „Verbesserung von Qualität und Patientensicherheit beim Hüft- und Kniegelenkersatz“. PD Dr. Renkawitz ist Leiter der Arbeitsgruppe „Patientenindividuelle Endoprothetik“ und hat zusammen mit seinem Team im Bad Abbacher Klinikum eine muskelschonende (minimalinvasive), patientenindividuell ausgerichtete Operationsmethode für den Hüftgelenkersatz entwickelt.
Die neue Operationstechnik kommt mittlerweile weltweit an führenden Kliniken zur Anwendung. Die Besonderheit: Das neue Verfahren kombiniert einen
besonders muskelschonenden Zugangsweg mit einer exakten und individuellen Anpassung der künstlichen Gelenkkomponenten nach dem “Schlüssel-Schloss-Prinzip”: Vergleichbar mit dem exakten Ineinanderpassen eines Sicherheitsschlüssels in einem Sicherheitsschloss bilden dabei alle Teile des künstlichen Hüftgelenks eine biomechanisch-dreidimensional optimierte Einheit. Heute erreichen Patienten rund um den Globus nach der Operation dadurch schnell Schmerzfreiheit sowie eine hohe Beweglichkeit und Belastungsfähigkeit im Alltag zurück.
Klinikum Bad Abbach: In der Forschung vorne
PD Dr. Renkawitz wurde bereits 2008 vom Bundesministerium für Forschung und Bildung der „Preis für innovative Medizintechnik“ verliehen und über eine Million Euro an Forschungsgeldern zuerkannt. Mit dieser Förderung etablierte er in Bad Abbach die Arbeitsgruppe „Patientenindividuelle Endoprothetik“ für den künstlichen Knie- und Hüftgelenkersatz. Seine Idee: Patienten eine Versorgung zu ermöglichen, die der persönlichen Anatomie und Biomechanik entspricht, größtmögliche Sicherheit bietet und postoperativ eine optimale Funktion gewährleistet.
Degenerative Knorpel- und Knochenerkrankungen sind heute bedingt durch die Verschiebung der Alterspyramide eine Volkskrankheit. Der Hüftgelenkersatz zählt zu den am häufigsten durchgeführten Operationen in Deutschland. Bei diesem Eingriff können während und nach der Operation aber gravierende Probleme bei einer nicht optimalen Platzierung von Hüftpfanne und -schaft im Becken bzw. Oberschenkelknochen auftreten. „Die Ergebnisse der Forschungsarbeit von Herrn Renkawitz haben zum fundamentalen Verständnis beigetragen, wie und warum nicht optimal positionierte Kunstgelenke nach der Operation zu Schmerzen, verringerter Gelenkbeweglichkeit, Ausrenkungen, vorzeitigem Verschleiß und Lockerung führen können“, sagt Professor Dr. Joachim Grifka, der Direktor des Bad Abbacher Klinikums am Rande der Preisverleihung in Berlin.
„Ich habe den ‚Oskar-Medizinpreis‘ stellvertretend für mein gesamtes Team entgegengenommen“, so PD Dr. Renkawitz nach dem Festakt. „Derartige Entwicklungen und Erfolge sind nie die Leistung eines Einzelnen. Auch ohne die Unterstützung unseres Klinikdirektors, Professor Grifka, wären wir sicherlich nie so weit gekommen. Noch wertvoller als der Preis ist für mich aber, wenn mir meine Patienten positiv über ihr schmerzfreies Leben mit ihrem künstlichen Hüft- oder Kniegelenk berichten. Dafür lohnen sich all die Anstrengungen“, meinte der Preisträger nach der Preisverleihung.
Der Kern der Forschungsarbeit von PD Dr. Tobias Renkawitz:
Ziel der Forschungsarbeit von PD Dr. Renkawitz und seinem Team ist es, die Gelenkimplantate für jeden Patienten so individuell wie möglich, ausgerichtet an der jeweiligen persönlichen Anatomie und Biomechanik, anzupassen. Dies setzt voraus, dass alle Teile des künstlichen Knie- oder Hüftgelenks eine biomechanisch-dreidimensional optimierte Einheit bilden.
Dies machte die Entwicklung neuer Techniken erforderlich, mit denen man die Hüftpfanne patientenindividuell genau so ausrichtet, dass sie zur Schaftdrehung passt. „Im Prinzip ist das nichts anderes als ein „Schlüssel-Schloss-Prinzip““, sagt Dr. Renkawitz.
Die neuen Operationstechniken erlauben zudem sehr patientenschonende Eingriffe, bei denen die hüftumgreifenden Muskeln weitgehend geschont und erhalten werden können. Unstimmigkeiten im Zusammenspiel der Komponenten eines Gelenkersatzes können zu einem vorzeitigen Verschleiß des Kunstgelenks führen, was letztendlich frühzeitige Wechseloperationen notwendig macht. „Genau das können wir mit unserer patientenindividuellen Operationsmethode verhindern“, sagt der Preisträger.
Spektakulär ist in dem Zusammenhang die in der Orthopädischen Universitätsklinik in Bad Abbach weiterentwickelte und eingesetzte Operationstechnik: Mit Hilfe von Infrarotstrahlen berechnet ein Computer während der Operation in Echtzeit ein exaktes dreidimensionales Modell der Patientenanatomie. Damit kann der Operateur die richtige Positionierung des Kunstgelenks exakt kontrollieren. Bei der Implantation eines künstlichen Kniegelenks wird diese Technologie auch genutzt, um für jeden Patienten einen optimalen Gleit-Rollmechanismus im Kunstgelenk umzusetzen. Damit lässt sich nach der Operation schnell wieder die natürliche Kniebeweglichkeit zurückgewinnen.