Die seit Jahrzehnten bekannte Erkrankung tritt in Wellen auf und führt im Solling seit 2003 zu beachtlichen Schäden. Wissenschaftler vermuten ein Zusammenspiel von Buchenwollschildläusen, Nectria-Pilzen und im Holz brütenden Nutzholzborkenkäfern. Die an der Rinde saugenden Schildläuse lösen die Erkrankungen aus. Über die Saugstellen an der dünnen Rinde infizieren sich die Buchen mit Pilzsporen. Wo die schützende Rinde verletzt ist, dringen Nutzholzborkenkäfer ein (Trypodendron domesticum), die im Stammholz brüten. Die mit Weißfäule-Pilzen infizierten Bäume sterben innerhalb von zwei Jahren ab. Äußerlich zeigen Fruchtkörper am Stamm, dass eine Buche vom Zunderschwamm-Pilz befallen ist. Thomas Reulecke nennt die Folgen: "Dann bricht der Baum in sechs bis acht Meter Höhe selbst bei schönstem Wetter einfach ab, obwohl die Krone noch grüne Blätter trägt".
Der Forstamtsleiter vom Niedersächsischen Forstamt Dassel beobachtet seit Jahren die Ausbreitung der Krankheit. So seien die Schäden in den Waldgebieten ab 400 Meter Höhenlage besonders stark. Auch Nord- und Osthängen seien häufiger betroffen beschreibt Reulecke. Die Krankheit befällt überwiegend ältere Buchen, tritt aber vereinzelt auch in 80 -jährigen Waldgebieten auf. Reulecke sieht in den absterbenden alten Buchen eine hohe Gefahr für die Waldarbeit. Forstwirte, die in solchen Wäldern Bäume fällen, stehen unter einem besonderen Risiko. "Die morschen Buchen können schon umbrechen, wenn der Nachbarbaum sie beim Fällen nur streift", warnt Reulecke. Etwa die Hälfte der alten Buchenwaldfläche im Forstamt Dassel sei betroffen. Insgesamt schätzt Reulecke den Schaden dort auf 3500 Hektar.
Forstwissenschaftler wie Dr. Michael Habermann rechnen in den kommenden Jahren mit einer Ausbreitung der Buchenkomplexerkrankung: "Der Erkrankungsprozess ist nach derzeitigem Kenntnisstand ein komplexes Zusammenwirken von mehreren biotischen Ursachen und Witterungsfaktoren". Der Klimawandel begünstige die Ausbreitung von Insekten und Pilzerkrankungen. Ein wirkungsvolles Gegenmittel kennt der Göttinger Waldschutz-Experte von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt aber bislang nicht. Habermann und seine Kollegen forschen weiter nach dem Buchensterben, das nicht nur im Solling verbreitet ist, sondern auch in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und angrenzenden EU-Ländern beobachtet wird.