Anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Naturwälder in Niedersachsen“ fand eine Veranstaltung im Niedersächsischen Forstamt Oldendorf mit Forstministerin Barbara Otte-Kinast und Landesforsten-Präsident Dr. Klaus Merker statt. Nach einer Einführung im Saal, bei der Dr. Marcus Schmidt von der Nordwestdeutschen-Forstlichen Versuchsanstalt einige Erkenntnisse aus 50 Jahren Naturwaldforschung vorstellte, ging es im Süntel in einen der ältesten Naturwälder Niedersachsens. Hier führten Forstamtsleiter Christian Weigel und sein Team durch den Naturwald.
„Die Naturwälder liefern uns auch jetzt, in Zeiten großflächiger Waldschäden, wertvolle Erkenntnisse. Darüber hinaus leisten sie als ‚Urwälder von morgen‘, die wir in den Landesforsten auf insgesamt 10 % der Fläche eingerichtet haben, einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität“, erklärt Dr. Klaus Merker, Präsident der Niedersächsischen Landesforsten, anlässlich einer Jubiläums-Veranstaltung.
Auch Forstministerin Barbara Otte-Kinast weist im Zusammenhang mit der aktuell laufenden Kampagne „Forst Aid – Hilfe für unseren Wald“ auf die Bedeutung der Naturwälder hin und gratulierte zum Jubiläum: „Es ist gut, dass Niedersachsen seit 50 Jahren wertvolle Naturwälder hat. Nur eine naturnahe und integrierte multifunktionale Waldbewirtschaftung, zu der auch Flächen mit eigendynamischer Entwicklung gehören, kann die nachhaltigen Leistungen für Natur, Biodiversität, Mensch, Wirtschaft und Klimaschutz auf Dauer erfüllen.“
Die ab 1972 ausgewiesenen Naturwälder verteilen sich über alle Naturräume Niedersachsens und bilden die vorkommenden Waldgesellschaften und durch Regionalklima und Boden bestimmten Wuchsbedingungen des Bundeslandes ab.
Sukzessive wurde das Netz der Naturwälder um weitere Flächen erweitert, bei deren Auswahl auch immer mehr naturschutzfachliche Aspekte zum Tragen kamen. Eine letzte Erweiterung dieses Netzes forstwirtschaftlich ungenutzter Wälder erfuhr die mittlerweile auf rund 34.000 Hektar angewachsene Kulisse mit der Ausweisung eines Wildnisgebietes im Solling im Zusammenhang mit dem ‚Niedersächsischen Weg‘.
Die Naturwälder in Niedersachsen sind neben ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung für die Biodiversität auch ein wichtiges Forschungsobjekt. In Naturwäldern können die Verjüngung, das Wachstum und Absterben der Gehölze ohne direkte menschliche Einflussnahme beobachtet werden. Es wirken ausschließlich naturdynamische Prozesse. Nach menschlichen Maßstäben entwickelt sich der Wald über sehr lange Zeiträume.
Die Untersuchungen werden von Fachleuten der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt am Standort Hann. Münden durchgeführt.
„Die in den niedersächsischen Naturwäldern über fünf Jahrzehnte hinweg entstandenen Zeitreihen und Einzeluntersuchungen haben eine weit über die Grenzen des Bundeslandes hinaus reichende Bedeutung“, erklärt Dr. Marcus Schmidt von der Abteilung Waldnaturschutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Hann. Münden.
„Standen in der Anfangsphase des Naturwald-Programms die Waldbestände und ihre Entwicklung im Vordergrund, so richtet sich mit der Erweiterung der Flächenkulisse aktuell der Fokus auf die Erfassung der waldtypischen Biodiversität“, so Schmidt weiter. Die NW-FVA hat ein Monitoringverfahren entwickelt, mit dem der landesweite Beitrag der Naturwälder und des naturnah bewirtschafteten Waldes zur biologischen Vielfalt messbar ist und setzt dies derzeit um. Für 2023 ist von der NW-FVA eine Fachtagung geplant, bei der die Erkenntnisse aus 50 Jahren niedersächsischer Naturwaldforschung einem breiten Fachpublikum vorgestellt werden sollen.