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Niedersächsische Landesforsten

Wiederaufforstung von historischem Ausmaß - Schwerpunkt im Harz

(lifePR) (Braunschweig, )
Rund 25.000 Hektar Wald der Niedersächsischen Landesforsten fielen in den vergangen drei Jahren vor allem im Harz und im Süden Niedersachsens Stürmen, Dürre und Borkenkäfern zum Opfer. „Der Harz wird zu einem Symbol des Klimawandels und des Umganges mit ihm in Deutschland werden“, fasst Dr. Merker das Ergebnis jetzt ausgewerteter Satellitenbilder anlässlich seines Jahresberichts zusammen. Der Präsident der Niedersächsischen Landesforsten sieht die Försterinnen und Förster vor der größten Herausforderung der Nachkriegszeit: „In einem für uns langfristig denkende und handelnde Förster und Försterinnen unvorstellbar kurzem Zeitraum von nur wenigen Jahren wird sich der Wald gravierend verändern.“

Die Klimaextreme der vergangenen drei Jahre haben große Waldflächen im Süden Niedersachsens vernichtet: Stürme warfen zahlreiche Stämme um, in der Dürre der Sommer 2018 bis 2020 vermehrten sich Borkenkäfer massenhaft und befielen zahllose Fichten. Die Schäden nahmen von Jahr zu Jahr zu. Die Niedersächsischen Landesforsten haben nun für diesen Zeitraum Satellitenbilder ausgewertet, die das Ausmaß der Schäden verdeutlichen: auf über 14.500 Hektar mussten Bäume in Folge von Dürre, Sturm oder Borkenkäferbefall entnommen werden, auf weiteren 8.500 Hektar kam jede Hilfe für vom Borkenkäfer befallene Fichten zu spät – sie stehen nun trocken und ohne Nadeln auf großen Flächen.

Die Wiederaufforstung dieser und anderer Flächen in ganz Niedersachsen stellt die Försterinnen und Förster der Landesforsten vor große Herausforderungen: „Das vor uns liegende Programm zur Wiederaufforstung ist von historischem Ausmaß. Es übersteigt im Harz sogar die Aufforstungen der Nachkriegszeit“, erläutert Merker die vor den Forstleuten liegende Aufgabe. Den in den 80er Jahren begonnenen Waldumbau wollen die Landesforsten dabei fortsetzen und auf den entstandenen Freiflächen und im Schutze der auf der Fläche belassenen abgestorbenen Fichten noch einmal forcieren, um klimaangepasste Mischwälder zu entwickeln.

Der Blick auf das finanzielle Ergebnis des Geschäftsjahres 2020, das die Landesforsten mit einem Defizit von 18 Mio. EUR abschließen, zeigt, dass diese Aufgaben selbst bei steigenden Holzpreisen nicht durch den Holzverkauf zu finanzieren sind. „Das Land sieht das große Schadensausmaß und die Notwendigkeit, den Landesforsten bei dieser Herausforderung zu helfen. Es unterstützt die Landesforsten bei der Umsetzung des Regierungsprogramms LÖWE. Ziel ist es, im Rahmen dieser ökologischen Bewirtschaftung klimastabile Landeswälder schnellstmöglich wieder aufzuforsten oder umzubauen“, so Prof. Ludwig Theuvsen, Staatssekretär im Niedersächsischen Forstministerium und Vorsitzender des Verwaltungsrates der Landesforsten.

„Mit etwa 15 Mio. kleinen Bäumen, die wir in den letzten 3 Dürre-Jahren gepflanzt haben, haben wir die Herausforderung bereits angenommen“, ergänzt Merker. „Allein im Jahr 2020 haben wir für den Waldumbau knapp 16. Mio. EUR aufgewendet – und wir werden unsere Bemühungen weiter intensivieren. Angesichts der Bedeutung der Wälder für das Klima ist die Absicht des Bundes, zukünftig allen Waldbesitzenden eine Vergütung für den Erhalt der Klimaschutzleistungen der Wälder zu zahlen, sehr zu begrüßen,“ so Merker weiter.

Mit Blick auf das laufende Jahr stellt Dr. Merker fest: „Das Frühjahr hätten wir uns für die Millionen kleinen Bäume, die wir gepflanzt und gesät haben, oder die die Natur darüber hinaus für uns gesät hat, kaum besser wünschen können.“ Nach Ende der kühl-feuchten Frühjahrswitterung sei es dann aber zu einem umso stärkeren Befall an Fichten gekommen. „Dass das Holz, das wir jetzt in Folge des diesjährigen Borkenkäferbefalls ernten müssen, auf einen aufnahmefähigen Markt trifft, ist zugegeben ein nur schwacher Trost für das, was im Wald passiert“, bedauert Merker.

Hintergrund

Lage im Wald der Niedersächsischen Landesforsten

Die Folgen des Klimawandels machen sich im Landeswald seit 4 Jahren konkret bemerkbar: Starkniederschläge, Stürme, Dürren und die massenhafte Vermehrung von Schadinsekten verursachen großflächige Waldschäden. Anhand der ausgewerteten Satellitenbilder wurde das Ausmaß der Schäden nun konkret mit knapp 25.000 Hektar beziffert. Die angegebenen Flächengrößen in den Niedersächsischen Landesforsten beziehen die im Privatwald und im Nationalpark Harz betroffenen Flächen nicht ein.

Um die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers zu verhindern oder sie zu verzögern, müssen die befallenen Bäume schnellstmöglich gefällt und aus dem Wald gebracht werden, bevor die sich darin vermehrenden Borkenkäfer ausfliegen und weitere Bäume befallen. Den Befall mit Borkenkäfern sieht man den Fichten auf den ersten Blick häufig nicht an – augenscheinlich gesunde Fichten mit noch grünen Nadeln sind oftmals stark von Borkenkäfern befallen und nicht mehr zu retten. Fällt die Rinde vom ganzen Stamm, geht von diesen Fichten keine Gefahr mehr für andere Wälder aus, da die jungen Borkenkäfer bereits ausgeflogen sind und andere lebende Fichten besiedeln. Sofern diese Fichten, die in ihrem abgestorbenen Zustand für Borkenkäfer uninteressant geworden sind, keine Gefahr für die Verkehrssicherheit und die Waldarbeiter darstellen, können sie ganz oder teilweise als stehendes Totholz im Wald verbleiben. Die Landesforsten pflanzen oder säen dann die neue Waldgeneration in ihrem Schatten.

Planvolle Wiederbewaldung zur Entwicklung von Mischwäldern

Sowohl die Freiflächen, die dort entstehen, wo zahlreiche vom Borkenkäfer befallene Fichten entnommen werden müssen, als auch die Flächen mit abgestorbenen Fichten werden möglichst schnell wiederbewaldet. Ziel ist es, die bereits mit dem LÖWE-Programm seit Beginn der 90er Jahre begonnene Entwicklung nachhaltig und vielfältig nutzbarer, klimastabiler Mischwälder fortzusetzen bzw. unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu forcieren.

Hierzu werden neben den zahlreichen von der Natur gesäten Fichten, Bergahornen, Ebereschen und Birken zahlreiche weitere Mischbaumarten gepflanzt und gesät. Bei der Auswahl der zu pflanzenden Baumarten gehen die Landesforsten planmäßig vor: Aus der sogenannten Standortkartierung liegen wesentliche Daten des Bodens (Nährstoffversorgung, Wasserhaltevermögen, Exposition) vor. Diese Daten werden durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt mit Klimamodellen verschnitten, die die zu erwartenden klimatischen Änderungen für die jeweilige Region prognostizieren. Im Ergebnis liegen für jede einzelne Waldfläche Prognosen vor, welche Baumart dort heute und vor allem an zukünftig geänderte Klimabedingungen angepasst und mit einem möglichst geringen Risiko wachsen kann. Neben den sich daraus herleitenden Empfehlungen, welche Baumarten in Mischung miteinander gepflanzt werden sollen, kommen die sich auf natürlichem Wege verjüngenden Baumarten hinzu. Hierzu gehören neben der Fichte vor allem Birken, Ebereschen, Erlen, Aspen, Ahorne oder Weiden, deren Samen sich schnell und weit über den Wind bzw. durch Vögel verbreiten. Gepflanzt oder aktiv gesät werden Baumarten, die sich wegen fehlender Mutterbäume nicht von Natur aus einfinden. Das Vorgehen der Landesforsten zielt darauf ab, die Entwicklung zu Mischwäldern zeitlich zu forcieren, wo es von Natur aus längere Zeit nicht gelingen würde. Mischwälder, in denen sich die durch den Klimawandel ergebenden Risiken auf eine größere Anzahl an Bäumen mit verschiedenen Eigenschaften verteilen (Risikostreuung), sind aufgrund ihrer Mischung und Baumartenvielfalt auch resilienter – d.h. besser in der Lage, nach einer Störung (z. B. einem Windwurf), wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückzufinden (z. B. durch schnelle Wiederbesiedlung geschädigter Flächen durch natürliche Ansamung).

Klimaschutzleistung des Waldes

Der Klimawandel, in dessen Folge extreme Witterungsereignisse häufiger auftreten, hat für den Wald gravierende Folgen. Ist der kränkelnde Wald in dieser Hinsicht eher ein „Opfer“ der sich schnell verändernden Umweltbedingungen, wird er in intaktem Zustand gleichzeitig als „Retter“ eingeplant: Bäume entziehen der Atmosphäre im Laufe ihres Wachstums Kohlenstoffdioxid, dessen Kohlenstoff sie im Holz binden. Bevor einsetzende Zersetzungsprozesse den Kohlenstoff wieder freisetzen, reichert sich dieser zudem über Wurzeln, Blätter und absterbende Baumteile im Waldboden an. Wird ein Baum geerntet und sein Holz verwendet, um daraus Dachstühle, Fußböden oder Möbel herzustellen, bleibt der darin enthaltene Kohlenstoff der Atmosphäre für den Zeitraum der Holzverwendung entzogen. Damit erweitert das verwendete Holz den CO2-Speicher des Waldes, weil dort, wo ein Baum geerntet wurde, bereits ein nächster die Lücke schließt. Durch die Nutzung des Holzzuwachses wird die Senkenleistung des Waldes außerhalb des Waldes erhöht, insbesondere dann, wenn energiereiche Rohstoffe durch Holz substituiert werden. Die Pflege vitaler Wälder einschließlich der Nutzung des Holzzuwachses bilden auf diese Weise ein integriertes Konzept für den Klimaschutz.

Die Bundesregierung hat mit dem Waldgipfel Anfang Juni 2021 deutlich gemacht, dass sie beabsichtigt, allen Waldbesitzenden zur Aufrechterhaltung dieser vom Wald erbrachten Klimaschutzleistung eine Vergütung zu zahlen. Die Landesforsten begrüßen diese Absicht.

Holz – gefragter Rohstoff

Im Frühjahr 2021 machte sich eine Verknappung an Holzprodukten (Schnittholz, Plattenwerkstoffe) auf heimischen Holzmärkten bemerkbar, die zu Lieferengpässen und zu Verzögerungen im Baufortschritt und zur erheblichen Preissteigerung bei diesen Produkten führte. Die in Folge von Konjunkturprogrammen stark gestiegene Nachfrage nach Schnittholz im Ausland (v.a. USA, China) zu sehr hohen Preisen wurde durch den Export von Schnittholz bedient und führte auf den heimischen Märkten im Inland zu einer Verknappung. Die Versorgungslage der hiesigen Holz- und Sägeindustrie war und ist auch weiterhin sehr gut. Vor allem in den Vorjahren reichten die Kapazitäten nicht aus, um die großen Mengen Schadholz zu verarbeiten.

Die Preissteigerungen beim Schnittholz sind zeitlich erst um einige Monate verzögert und in deutlich geringerem Umfang bei den Waldbesitzenden angekommen. So bewegen sich die für das aus dem Wald gelieferte Rohholz zu erzielenden Preise noch unter dem Niveau von 2018. Die Landesforsten registrieren einen erfreulichen Aufwärtstrend, der auch für die vom Borkenkäfer geschädigten Fichten gilt.

Wald als Erholungsort

Die pandemiebedingten Reisebeschränkungen führten dazu, dass zahlreiche Menschen den Wald als Ort für Erholung und Freizeitgestaltung nutzten und touristische Angebote nachfragten. Die Landesforsten bieten mit ihrem Wegenetz und vielen Attraktionen einen hohen regionalen Freizeitwert, der zukünftig mit einer noch stärkeren Gewichtung strategisch ausgebaut werden soll. Die Landesforsten planen den Ausbau touristischer Angebote, um zusätzliche Einnahmepotenziale zu erschließen.

Waldpädagogik

Die Waldpädagogischen Angebote der Landesforsten mussten aus Gründen des Infektionsschutzes fast vollständig ausfallen. Mit der Aufnahme der Waldpädagogikzentren in das Netzwerk der „außerschulischen Lernorte BNE“ zu Beginn dieses Jahres durch das Kultusministerium, sehen die Landesforsten die Bedeutung der Waldpädagogik und die Qualität bestätigt. Das waldpädagogische Angebot wird durch den Neubau eines Wald-Forums in Misburg/Hannover zukünftig ausgebaut.

Wald als Lebensraum

Entgegen dem in anderen Landschaftsräumen festzustellenden Rückgang zahlreicher Arten, vor allem der Insekten und Vögel, zeigt sich im Wald ein anderer Trend: für den Wald charakteristische Arten zeigen einen aufsteigenden Trend, bisher seltene Arten kommen wieder häufiger vor. Neben der naturnahen Bewirtschaftung des Waldes, die Belange des Naturschutzes auf ganzer Fläche als integrativen Bestandteil berücksichtigt, ist dies auch Erfolg der Entwicklung von Schutzgebieten und Durchführung von Naturschutzprojekten. Finanziert werden diese in den Landesforsten teilweise durch das Land, zunehmend aber auch durch die Vermarktung sogenannter Naturdienstleistungen. Hierbei gleichen die Landesforsten Beeinträchtigungen verschiedener Schutzgüter des Naturhaushaltes aus, die in Folge z. B. von Infrastrukturprojekten oder Bauvorhaben entstehen. Die Landesforsten richten ihre Angebote verstärkt auf nachgefragte Ökosystemleistungen aus. Neben der naturschutzfachlichen Kompensation erwarten die NLF von der Klimaschutzkompensation sowie Leistungen, die für die Trinkwassergewinnung erbracht werden können, zunehmendes Ertragspotenzial.

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