"Der Nutzen der Tariftreueregelung ist nicht erwiesen", so NIHK-Vorsitzender Dr. Karl Harms. Evaluierungen in Berlin und Nordrhein-Westfalen ließen durchaus an der Wirksamkeit solcher Maßgaben zweifeln. Das EuGH-Urteil, das die Landesregierung jetzt zum Handeln zwinge, sei insofern auch eine Chance zur Überprüfung der Regelung. "Aus Sicht des NIHK ist das Vergaberecht nicht das geeignete Instrument zur Verhinderung von Lohn-Dumping."
Mit seiner Stufung in EU-, Bundes- und Landesbestimmungen und der zusätzlichen Verschachtelung nach Bauleistungen, Lieferleistungen und freiberuflichen Leistungen sei das deutsche Vergaberecht ohnehin bereits so kompliziert, dass Mittelständler und vermutlich viele Vergabestellen kaum noch den Überblick hätten. Die Landesregierung sollte sich aus Sicht des NIHK denn auch bei der zweiten Stufe der Vergaberechtsnovelle, die sich gegenwärtig auf Bundesebene im Gesetzgebungsverfahren befinde, für eine deutliche Vereinfachung einsetzen.
Der hohe Aufwand für Vergabeverfahren, so Harms, halte nicht nur viele Unternehmer davon ab, sich um öffentliche Aufträge zu bemühen; er habe auch zu einer Tendenz geführt, in Niedersachsen immer mehr öffentliche Auftraggeber von der Anwendungspflicht zu befreien. Statt die Vergabebürokratie durch Umgehung zu vermeiden, sollte sie zum Vorteil der Wirtschaft und des Landes verschlankt werden.
Hierzu unterbreitet der NIHK Vorschläge, die in Richtung mehr Transparenz und E-Government zielen. Insbesondere fordert der NIHK, die sich im Aufbau befindende elektronische Landesvergabeplattform als Veröffentlichungsmedium für alle öffentlichen Auftraggeber festzuschreiben. Bürokratieentlastende Präqualifikationen (Eignungszertifizierungen von Unternehmen) sollten durch die Landesregierung aktiv unterstützt und durch alle Vergabestellen in Niedersachsen verbindlich zu akzeptieren sein. Bei Einkaufsbündelungen durch öffentliche Stellen, wie sie z. B. durch das neue Landesbeschaffungsamt vorgenommen werden, sollten mittelstandsfreundliche Losgrößen und Vergabeverfahren fest vorgeschrieben werden.
Das NIHK-Positionspapier steht im Internet unter www.n-ihk@n-ihk.de zum Download bereit.
Anfragen zum Thema können direkt an den Leiter des NIHK-Arbeitskreises "Öffentliches Auftragswesen", Sönke Feldhusen, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Tel. 04131 742-117, Fax 04131 742-218, E-Mail feldhusen@lueneburg.ihk.de, gerichtet werden.