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Schutz des Reetdachs vor frühzeitigem Verfall

IG Baupflege Nordfriesland & Dithmarsche lud ein

(lifePR) (Nordfriesland, )
Groß war das Interesse am Thema, zu dem die Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland & Dithmarschen in das Andersenhaus in Klockries eingeladen hatte. Es ging um "Alles über Reet", ein Thema, das seit einigen Jahren Eigentümer mit Reet gedeckter Gebäude und in jüngerer Zeit auch die Reetdachdecker beunruhigt. Seit gut zehn Jahren gibt es Fäulnisschäden selbst an wenige Jahre alten Reetdächern.

Annähernd hundert unterm Reetdach Lebende, sowie Reetdachdecker und Reetschneider hörten den Ausführungen der Referentin Stefanie Tschoeltsch, Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Kulturlandschaft e.V. in Horstedt-Kronenburg, zu und beteiligten sich lebhaft an der anschließenden Diskussion. Selbst der Landesinnungsmeister der schleswig-holsteinischen Reetdachdecker, Hans-Hermann Ohm war aus Dithmarschen angereist.

Frau Tschoeltsch informierte detailliert über die Biologie und die in vorgeschichtlicher Zeit belegte Verwendung als Dachmaterial des zu den Süßgräsern zählenden Schilfes, das sich in sumpfigen Gewässern bis gut 1m Tiefe ansiedelt, sich überwiegend durch Wurzelausläufer (Rhizome) ausbreitet und in unserer Region bis ca. 2,5 Meter hoch wird. Sie berichtete ferner über die Anbauversuche des Reetprojektes im Schwabstedter-Westerkoog und Fünfmühlen, die durchaus Erfolg versprechend verliefen.

Die beunruhigenden, noch nicht abschließend geklärten Veränderungen am Dach führen zu einer geringeren Haltbarkeit der Reetdächer. Früher verwitterten im Wechsel von Sonne und Regen die Reetdächer zuerst auf den Südseiten. Heute verrotten infolge von Feuchtigkeit und Bioaktivität meist zuerst die Nordseiten.

Die Dachflächen der Nordseiten werden besonders stark von Algen und Moosen besiedelt. Aber auch auf den Südseiten der Reetdächer entwickeln sich so genannte "Matschnester". Schon immer wurden Reetdächer von Moosen besiedelt, diese wurden auch früher nur von wenigen Hausbesitzern entfernt. Die Moosbesiedelung alleine ist nicht verantwortlich für die z.T. starken Zersetzungsprozesse der Reetdachschichten. Der bei feucht-warmer Witterung auftretende Algenbewuchs selbst zersetzt das Reet nicht, er hält aber die Feuchtigkeit und erschwert deutlich die Abtrocknung. So wird die Lebensgrundlage für Organismen (Pilze und Bakterien) bereitet, die für die Zersetzung des Reets verantwortlich sind.

Alte Dächer (älter als 30 Jahre) zeigen in den seltensten Fällen derartige Prozesse, wie man sie auf vielen neueren Dächern beobachten kann.

Nach anfänglicher allgemeiner Ratlosigkeit hätten sich im vergangenen Jahr die Reetdachdecker für Untersuchungen eingesetzt, um die Ursachen der Frühschäden an Reetdächern zu enträtseln und Wege aus der großen Verunsicherung aller Betroffenen zu finden.

So konnte die Referentin, über die am selben Tage in einer Versammlung der QSR in Bad Bramstedt bekannt gewordenen ersten Ergebnisse verschiedener Untersuchungen u.a. der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin berichten, zu denen auch Obermeister Ohm Stellung nahm.

Die QSR, Qualitätssicherung Reet mbH, ist von der Landesinnung der Dachdecker eigens gegründet worden, um die Projektarbeit zur vorzeitigen Alterung von Reetdächern durchzuführen. Frau Tschoeltsch wies auf die wichtigsten Erkenntnisse hin:

1. Das Reet darf erst nach Absterben der Halme im Winter oder Vorfrühling trocken geschnitten werden, was bei heimischen Reet auch überwiegend so gehandhabt wird. Danach muss es von der Ernte über die Lagerung bis zum Aufbringen auf das Dach peinlichst trocken gehalten werden.

2. diese Bedingungen sind beim Import-Reet aus Osteuropa, aus der Türkei und sogar aus China nur schwer überprüfbar. Importeure und Handel spielen dabei eine entscheidende Rolle.

3. Angestrebt ist es, Normen für eine Qualitätssicherung Reet zu entwickeln, die Dachdeckern und Verbrauchern größtmögliche Sicherheit gewähren soll.

Schilfbestände und Reetdachhäuser sind aus unserer Landschaft nicht wegzudenken. Wenn heute und weiterhin Häuser mit Reet gedeckt werden - und das ist im Sinne der Landschaftserhaltung wünschenswert - , müssen dringend alle bisher erlangten Erkenntnisse Anwendung finden, die einem Reetdach, auch zum jetzigen Zeitpunkt, zu einer langen Haltbarkeit verhelfen.

Was man heute schon tun kann:

Eine fachgerechte Säuberung der Dachfläche und die sorgfältige Ausbesserung schadhafter Stellen sind bei vielen Reetdächern notwendig. Dagegen müssen alte Dächer ohne Fäulnisflächen nicht unbedingt behandelt werden. Hier ist fachlicher Rat einzuholen.

Die Dachhaut ist so schonend wie möglich zu behandeln.

Regelmäßige fachliche Kontrolle der Dächer kann Schäden frühzeitig erkennen helfen.

Die Untersuchung der Ursachen aber muss auf verschiedenen fachlichen Feldern zügig weitergeführt werden, um mögliche Schäden schon bei der Eindeckung zu vermeiden. Von ganz entscheidender Bedeutung ist es Maßnahmen herauszustellen, die bestehende Reetdächer möglichst lange erhalten.

In der Diskussion ging es um die Frage der bauphysikalischen Bedingungen. Man war sich z. B. einig, dass bei Dachausbauten zwischen der Reetlage und der Dämmung ein Belüftungsraum erhalten werden muss. Öffnungen unter der Traufe und am First können die Belüftung verbessern.

Die IG Baupflege wird gemeinsam mit dem Heimatbund Eiderstedt im April in Garding eine weitere Veranstaltung "Alles über Reet" anbieten.
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