Der aus Westfriesland stammende Referent, seit 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Friesische Philologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, führte anhand alltagstauglicher Beispiele durch eine Thematik, die sicherlich zu den spezielleren Themen der friesischen Sprachforschung gehört.
Die nordfriesischen Mundarten haben es in sich, was die Pluralbildung betrifft. So gibt es zahlreiche Substantive, bei denen die Mehrzahlbildung ganz unregelmäßig ist: ‚ian skuch (ein Schuh) – tau skur (zwei Schuhe)’ gehört ebenso dazu wie ‚ian fut (ein Fuß) - tau fet (zwei Füße)’.
Bei anderen sind die Formen von Singular und Plural identisch, so etwa bei Tieren, von denen meist mehr als ein Exemplar vorhanden ist, so dass eine zusätzliche Markierung des Plurals entfallen kann: Schafe, Schweine, Ferkel und natürlich Mäuse. Es heißt zum Beispiel ‚ian swin (ein Schwein) – tau swin (zwei Schweine)’.
Im zwischenmenschlichen Bereich hingegen kann eine Differenzierung verschiedener Formen von Bedeutung sein. Im Nordfriesischen hat sich lange der Dual als grammatische Kategorie behaupten können (auf Sylt zum Teil bis in die jüngste Zeit hinein), mit der die traute Zweisamkeit im „wir beide“ oder „ihr beide“ (fries. ‚wat, jat’) vom Einzelnen und von mehr als zweien abgegrenzt wird.
Was bereits in der Mehrzahl steht, kann durch Verwendung des eigentlich die Einzahl markierenden Artikels eine neue Bedeutungsnuance erhalten. Im Föhrer Friesisch stehen den neutralen ‚a lidj (die Leute, Mehrzahl)’ ‚at lidj’ (Einzahl) gegenüber, letzteres bezeichnet ganz konkret die Leute im eigenen Dorf, die Lebensgemeinschaft.
Ohnehin sind die Kategorien Singular – Plural keineswegs so festgelegt, wie man dies aus dem Grammatikunterricht kennt. So referieren Ausdrücke wie „Schwein gehabt“ oder „typisch Mann“ auf das jeweilige Substantiv weder in der Einzahl noch in der Mehrzahl.