Die häufigsten Gründe für eine Mangelernährung bei Erwachsenen sind ein erhöhter Nähr-stoffbedarf (z.B. Tumorerkrankungen, Fieber, Verletzungen), eine zu geringe Nährstoffauf-nahme (z.B. Appetitlosigkeit, Schluck- und Kaustörungen) sowie Nährstoffverluste (z.B. Darmerkrankungen). Unbehandelt kann sich ein schlechter Ernährungszustand negativ auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirken (z.B. Schwächung des Immunsystems, vermehrter Muskelabbau) und die Prognose sowie die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträch-tigen.2 Im Rahmen des 1.Erlanger Ernährungskonvents im Juni 2014 forderten die Experten deshalb insbesondere im niedergelassenen Bereich mehr Bewusstsein für das Thema Mangelernährung.
Bisher werden in der Arztpraxis häufig jedoch nur Gewicht und optischer Eindruck zur Ein-schätzung des Ernährungszustandes der Patienten herangezogen, die Nutzung validierter Screeningtools ist dagegen - anders als in der Klinik - wenig verbreitet. Im Rahmen einer Pilotstudie wurde jetzt evaluiert, ob diese Tools auch im niedergelassenen Bereich geeignet sind, mangelernährte Patienten zu identifizieren und mit welchem Aufwand ihr Einsatz verbunden ist.
Pilotstudie mit validierten Screeningtools
In vier Hausarztpraxen baten Medizinische Fachangestellte Patienten mit potenziellem Ernährungsrisiko - d.h. Patienten mit chronischen, neurologischen oder onkologischen Erkran-kungen sowie alle Patienten über 65 Jahre -, an einer Ernährungsbefragung teilzunehmen.
Als Screening-Instrumente dienten die validierten und von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) empfohlenen Fragebögen MUST (Malnutrition Universal Screening Tool) bei allen Patienten unter 65 Jahren und MNA (Mini Nutritional Assessment) bei Patienten über 65 Jahren. Die Datenerhebung durch eine Ernährungsfachkraft beanspruchte maximal 5 Minuten.
Über 10 Prozent der Risikopatienten mangelernährt
Bei 56 Patienten wurde ein Ernährungsscreening durchgeführt. Von diesen hatten 59 Prozent einen unauffälligen Ernährungszustand, 29 Prozent wiesen ein Risiko für eine Mangel-ernährung auf und 13 Prozent der Patienten waren mangelernährt. In bestimmten Situationen, wie z.B. bei akuter Erkrankung und Krankenhausaufnahme steigt das Ernährungsrisiko stark an - der Hospital Malnutrition Studie zufolge sind mehr als die Hälfte der geriatrischen Patienten in Krankenhäusern mangelernährt.3 Auch diese Zahlen sprechen dafür, den Ernährungszustand der Patienten bereits im ambulanten Setting zu prüfen und ggfs. zu intervenieren, um die mit einer Mangelernährung assoziierten Risiken zu reduzieren.
Im Rahmen der Pilotstudie erhielten Patienten mit einer manifesten Mangelernährung eine Ernährungsberatung zur Nahrungsmittelauswahl und -anreicherung und wurden über die Möglichkeit des Einsatzes von medizinischer Trinknahrung informiert.
Quellen:
1 Erlanger Ernährungskonvent, Schloss Atzelsberg, Marloffstein, 2. Juni 2014, Veranstalter: Nutricia GmbH, Erlangen
2 Norman et al. Prognostic Impact of disease-related malnutrition, Clinical Nutrition (2008) 27, 5–15
3 Pirlich et al., German Hospital Malnutrition Studie (2006)