So kommen in Deutschland auf 100 Ingenieure (Fachhochschule und Hochschule) in der Altersgruppe 55-64 Jahr nur 90 Graduierte in der Altersgruppe 25-34 Jahre. In den 19 OECD-Ländern, für die Daten vorliegen, kommen im Schnitt auf 100 ältere Ingenieure 190 Berufseinsteiger. Im Bildungsbereich liegt das Verhältnis in Deutschland sogar nur bei 100 zu 60, während im OECD-Schnitt die aus dem Berufsleben ausscheidenden Pädagogen voll durch junge Akademiker ersetzt werden (100 zu 100). Über alle Fächer gerechnet kommen in Deutschland auf 100 Akademiker im Alter von 55-64 Jahren heute 120 Jungakademiker (25-34 Jahre). Im OECD-Mittel liegt das Verhältnis bei 100 zu 230 (Tabelle 1 Handout/Tabelle A3.6 Bericht).
"Eine leistungsfähige tertiäre Ausbildung ist ein strategischer Faktor für wirtschaftliches Wachstum und sozialen Fortschritt. In diesem Bereich gibt die internationale Position Deutschlands einigen Anlass zur Sorge", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Präsentation der Studie.
Die geringe Ersatzrate ergibt sich, obwohl Ingenieurwissenschaften in Deutschland nach wie ein beliebtes Studienfach ist. So liegt der Anteil der Ingenieure an den Hoch- und Fachhochschulabsolventen bei 15,9 Prozent und damit deutlich über dem OECD-Schnitt von 12,2 Prozent. Ursache für den sich abzeichnenden strukturellen Fachkräftemangel ist neben der demografischen Entwicklung, die in Deutschland die Erwerbsbevölkerung schneller und stärker schrumpfen lässt als in den meisten anderen OECD-Ländern, vor allem die insgesamt nur schleppende Ausweitung der Hochschulbildung (Grafiken 1-3 Handout/ Tabelle A3.3 Bericht).
Da Deutschland mittlerweile nur noch einen deutlich geringern Anteil eines Jahrgangs zu einem akademischen Abschluss führt als die OECD-Länder im Schnitt, kommen in Deutschland nur 32 Ingenieure auf 1000 Person eines typischen Abschlussjahrgangs, im OECD-Mittel sind es hingegen 44. Bei anderen naturwissenschaftlich-technischen Fächern ist die deutsche Absolventenquote im OECD-Vergleich ähnlich gering und das obwohl diese Fächer ebenfalls unter Studenten vergleichsweise beliebt sind. In Zukunft dürfte mit etwas höheren Abschlussquoten im Zuge der Umstellung auf Bachelor/Masters-Studiengänge zu rechnen sein, da hier die Erfolgsrate mit 92 Prozent deutlich höher liegt als in den klassischen Diplom-, Magister- und Staatsexamensstudiengängen (65 Prozent) (Tabelle A3.6 Bericht).
Das geringe Angebot an Akademikern und die steigende Nachfrage nach Hochqualifizierten trugen dazu bei, dass diese ihre Einkommensvorteile weiter ausbauen konnten. Die nach wie vor gute und weit verbreitete Berufsausbildung des Dualen Systems wird dabei im Vergleich weiter entwertet. So erzielten in Deutschland im Jahr 2005 Berufstätige mit einem tertiäreren Abschluss im Schnitt ein um 56 Prozent (2004: 53 Prozent) höheres Einkommen als Berufstätige, die nur über einen Realschulabschluss, Abitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten. 1997 lag dieser Einkommensvorteil noch bei 33 Prozent. Innerhalb der OECD haben nur in Italien und Ungarn Hochqualifizierte ihren Einkommensvorsprung schneller ausgebaut (Grafik 4 Handout/Tabelle A8.4a Bericht).
Auch das Risiko arbeitslos zu werden ist für Inhaber eines tertiären Abschlusses deutlich geringer und steigt während eines wirtschaftlichen Abschwungs kaum. Dagegen sind Geringqualifizierte ohne Berufsabschluss immer stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. So hat sich zwischen 1991 und 2005 die Arbeitslosenquote für Geringqualifizierte von 7,4 auf 20,2 Prozent fast verdreifacht. Nach der Slowakei, Polen und Tschechien war das die höchste Arbeitslosenquote für Geringqualifizierte innerhalb der OECD (Grafik 5 Handout/Tabelle A9.2a Bericht).
Auch in Ländern, in denen sich die Zahl der Hochschulabsolventen deutlich erhöht hat, steigen die Bildungsrenditen weiter. "Die Bildungsexpansion war sowohl für die Individuen wie auch für die Volkswirtschaften als Ganzes positiv. Es gibt nach wie vor keine Anzeichen, dass eine Inflation universitärer Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt stattgefunden hat", so Angel Gurría. Dass eine höhere Zahl an Hochqualifizierten anderen Arbeitnehmern ohne eine solche Ausbildung schaden könnte, lässt sich derzeit nicht erkennen. Im Gegenteil: Wenn die Wirtschaft auf eine ausreichende Zahl Hochqualifizierter zurückgreifen kann, dann wächst sie schneller und auch Geringqualifizierte finden dann in der Regel leichter einen Job.
Bis auf wenige Ausnahmen ist es den OECD-Länden nicht gelungen, das Erreichen eines Hochschulabschlusses weitgehend unabhängig von der sozialen Herkunft zu machen. Von zehn untersuchten OECD-Länden war dies nur in Irland und mit gewissen Abstrichen auch in Spanien gelungen. In Deutschland ist die soziale Bildungsmobilität dagegen vergleichsweise gering und das trotz der Tatsache, dass das Studium in Deutschland weitgehend steuerfinanziert ist. So ist der Anteil von Akademikerkindern an Hochschulstudenten 2,2 mal so hoch, wie es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. In Irland dagegen hat die akademische Bildung des Vaters so gut wie keinen Einfluss darauf ob ein Kind studiert oder nicht (Grafik A7.2b Bericht).
Will man diesem Problem begegnen, so ist das eine Herausforderung, die weit über den tertiären Bereich hinausgeht: "Kinder werden hierzulande bereits mit zehn Jahren auf unterschiedliche Bildungswege verteilt. Wer aus einer benachteiligten Familien kommt, wird dabei eher auf einen Bildungsweg geleitet, der eine geringere Leistung erwarten lässt. Dies spiegelt sich auch im vergleichsweise schlechten Abschneiden von Schülern mit Migrationshintergrund wider. Dies verursacht enorme Kosten", so der OECD-Generalsekretär.