Mit über zwei Stunden durchschnittlicher täglicher Nutzung entwickelt sich das Internet zum kommerziell relevantesten Medium. Die klassischen Medien behaupten sich durch neue Funktionalitäten und ergänzende Angebote. Online Display sowie Search und Affiliate Marketing legen deutlich zu, Massenreichweiten werden deutlich teurer, neue Erlösmodelle setzen sich durch. Dies sind die Kernergebnisse der repräsentativen OMD-Studie "OMD media map 2010-2015", die die Konsequenzen der sich rasant verändernden Medienlandschaft für die werbliche Kommunikation von morgen darlegt. Die erste ganzheitliche Untersuchung soll Unternehmen dabei helfen, ihre Mediainvestitionen effizienter einzusetzen.
Zentrale Future Trends
Nie zuvor war die Geschwindigkeit zentraler technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen so hoch wie heute. Aus einer Vielzahl von zukünftigen Entwicklungen identifiziert die Studie drei zentrale Basistrends, die die mediale Zukunft nachhaltig prägen werden:
1. Media Fragmentation
Die Medienlandschaft wird zunehmend komplexer, während exponentiell das Angebot an Kanälen weiter steigt. Marken werden verstärkt selbst zum Medienanbieter und bauen eigene Medien auf. Auch die Anzahl der verwendeten Endgeräte nimmt weiter zu.
2. Battle of Messages
Die explodierende Medienvielfalt geht mit einer medialen Omnipräsenz im öffentlichen und privaten Raum einher. Diese Faktoren bewirken einen massiven Anstieg der Markenbotschaften, die auf den Konsumenten einprasseln. Produkte und Inhalte müssen eine inhaltliche Relevanz und einen wahrgenommenen Mehrwert bieten, um vom Konsumenten adaptiert zu werden.
3. Consumer Empowerment
Das klassische Kommunikationsmodell, in dem der Konsument lediglich Empfänger einer Botschaft ist, hat ausgedient. Die Verschmelzung von medialer Nutzung und Kommunikation verschiebt die Machtverhältnisse in Richtung des Konsumenten. Da sich im Internet Inhalte und werberelevante Botschaften ohne großen Aufwand erstellen und millionenfach verteilen lassen, wird er zum aktiven Mitgestalter der Medienkanäle einer Marke.
Zwei mediale Zukunftsszenarien
Der Prognosezeitraum 2010-2015 wurde gewählt, um signifikante, strukturelle Veränderungen herauszuarbeiten und gleichzeitig plausible Entwicklungsvarianten abbilden zu können. Die Studie entwirft zwei mediale Zukunftsszenarien. Das konservative Szenario basiert auf der Annahme, dass ein Großteil der Nutzer weiterhin primär die bisherigen Schlüsselmedien verwenden wird, während das digital-progressive Szenario von einer maximalen Mediennutzung insbesondere der digitalen Kanäle ausgeht. Die Szenarien dienen dazu, die Thematik von beiden Seiten einzugrenzen. Die zu erwartende Entwicklung wird realistischerweise in einem Korridor dazwischen stattfinden.
TV-Nutzung
Im konservativen TV-Szenario geht die tägliche Nutzung von 220 Minuten in 2005 auf 210 Minuten in 2015 zurück, im digital-progressiven auf 189 Minuten. Generell kommt es zu einem Wettbewerb gegen Medien mit höheren Interaktionsmöglichkeiten. Die Chancen des TV liegen in neuen Funktionalitäten durch Interaktion und Personalisierungsoptionen und im steigenden Angebot an IP-TV-Sendern und Spartenkanälen. 78% gaben an, dass sie mehr TV sehen würden, wenn Inhalte auf Abruf bereit stünden.
Internet-Nutzung
44 % der Mediennutzer wollen das Internet zukünftig noch intensiver nutzen. Dabei liegt die tägliche Internetnutzung in 2015 zwischen 92 Minuten im konservativen und 140 Minuten im digital-progressiven Szenario. Das digital-progressive Szenario geht davon aus, dass es ab 2010 die ersten kostenlosen Breitbandzugänge geben wird und staatliche Dienstleistungen ins Netz verlagert werden. Das Internet avanciert endgültig zum relevantesten Medium.
Printmedien-Nutzung
Die tägliche durchschnittliche Nutzung der Printmedien sinkt bis 2015 von 40 Minuten in 2005 auf 31 Minuten im konservativen und 19 Minuten im digital-progressiven Szenario. Insgesamt leiden die Tageszeitungen und Zeitschriften unter den zunehmend audiovisueller werdenden Internetangeboten mit höherer Aktualität und dem mobilen Internet.
Die Mediennutzung insgesamt steigt bis 2015 von 574 Minuten in 2005 auf 602 Minuten im konservativen und 623 Minuten im digital-progressiven Szenario.
Der Werbemarkt der Zukunft
Die skizzierten Nutzungsszenarien haben umfassenden Einfluss auf die Allokation der Werbeinvestitionen auf die verschiedenen Mediengattungen. Auch hier wird es eine eindeutige Trennung nach Gattungen künftig immer weniger geben.
TV
Im konservativen Szenario der Werbespendings bleibt TV das eindeutige Bewegtbild-Kernmedium und kann im Jahr 2015 noch 21% aller Werbespendings für sich vereinnahmen. Die großen Sender profitieren von der fragmentierten Medienlandschaft und bieten die letzten Massenreichweiten. Im digital-progressiven Szenario explodiert die Nutzung und Verbreitung audiovisueller Inhalte im Internet bei gleichzeitig immer besser werdender Qualität. Junge Zielgruppen, die mit dem Abruf von Inhalten on-demand aufgewachsen sind, haben sich weitestgehend vom Broadcasting-Konzept verabschiedet.
Internet
Im Jahr 2015 wird im konservativen Szenario jeder vierte, im digital-progressiven jeder dritte Werbe-Euro ins Internet fließen. Neue Technologien erhöhen die Effizienz und Leistungstransparenz des Mediums. Search und Affiliate Marketing legen deutlich zu. Immer größere Direkt-Marketing-Budgets wandern in den digitalen Kanal ab. Im digital-progressiven Zukunftsszenario avanciert das Internet zum unangefochtenen Leitmedium. Das mobile und das konventionelle Internet verschmelzen aus Nutzersicht miteinander.
Printmedien
Im konservativen Szenario gehen die Nettospendings für Printmedien im Betrachtungszeitraum um 12,3% zurück und liegen 2015 bei 5,60 Mrd. Euro, im digital-progressiven verlieren sie sogar 24,7% und liegen bei 4,81 Mrd. Euro. Line Extensions in Internet und TV und eine crossmediale Steuerung der Leserschaft aus dem Internet hin zur Printausgabe sollen den Rückgang kompensieren. Im digital-progressiven Szenario wandern die Spendings in hohem Maße in neue, transparentere Kanäle ab. Die Regionalhoheit der Tageszeitungen geht durch immer mehr Online-Dienste mit lokalrelevanten Inhalten verloren. Werbungtreibende erreichen ihre Zielgruppen mit geringeren Streuverlusten immer häufiger über Special-Interest-Angebote, die ausschließlich online stattfinden.
Neben den aufgezählten Medien untersucht die Studie auch die künftige Nutzung und die Spendings für Hörfunk, PC- und Konsolenspiele, Fachzeitschriften, Anzeigenblätter, Post- und Außenwerbung, Verzeichnis-Medien und In-Game-Advertising.
Fazit
Künftige Gewinner sowohl bei Nutzung als auch bei Werbeausgaben werden die digitalen Kanäle sein, da sie den klassischen Medien in puncto Messbarkeit, Übertragungskosten und
-qualität, Benutzerfreundlichkeit und Mobilität überlegen und zudem noch rückkanalfähig sein werden. Auch in Zukunft werden Push- und Pull-Elemente nebeneinander ihre Gültigkeit haben. Das Internet wird zum konvergenten Meta-Medium. Mediengattungen verschmelzen und lassen innovative Multichannel-Angebote entstehen. Zwar wird TV durch ergänzende Angebote weiter eine bedeutende Rolle im Mediamix spielen, seine Rolle als kommerzielles Leitmedium aber an das Internet abgeben müssen. Eine der großen Herausforderungen der Zukunft ist die sogenannte "Relevanz Challenge". Markenbotschaften müssen in Form von attraktiven Medieninhalten aufbereitet werden, um den Konsumenten zu erreichen. Zudem ergibt sich künftig eine "Effizienz Challenge", da die komplexeren Kommunikationsaufgaben mit konstanten Budgets bewältigt werden müssen. Hohe Reichweiten lassen sich nur noch mit einem erhöhten Aufwand erzielen, Planungsprozesse werden aufwendiger, die letzten Massenreichweiten teuer.
Implikation für werbungtreibende Unternehmen
- Reichweitenstarke Highlights sollten frühzeitig partnerschaftlich gebunden werden.
- Fragmentierung zur Differenzierung nutzen: Statt dem Wettbewerb mit immer höherem Werbedruck zu begegnen, sollten durch die Kombination der neuen Kanäle effizientere Kommunikationskonzepte umgesetzt werden.
- Kleine Budgets sollten auf kontrolliertem Niveau in innovative Kanäle investiert werden, um frühzeitig Erfahrungen und somit Wettbewerbsvorteile zu generieren.
- Entwicklung einer gattungsübergreifenden Messung der digitalen Interaktion zur Gewinnung neuer Insights.
"Jeder redet über die starken Veränderungen in der Medialandschaft. Die bisherigen Prognosen waren jedoch recht eindimensional und wenig konkret. Daher war es uns wichtig, eine ganzheitliche und valide Analyse zu den Marktherausforderungen der Zukunft vorzulegen. Mit der media map 2010-2015 erhalten werbungtreibende Unternehmen eine strategische Navigationshilfe, die ihnen eine größere Planungssicherheit für den effizienten Einsatz ihrer Mediainvestitionen ermöglicht", kommentiert Manfred Kluge, CEO OMNICOM Media Group Germany.
"Das Internet wird sich als konvergentes Meta-Medium etablieren, dabei aber die klassischen Mediagattungen keineswegs völlig verdrängen. Klar ist: Allein mit hohem Werbedruck wird kein großer Erfolg mehr erzielt werden. Eine genaue Kenntnis der Mediennutzung, die Qualität der Botschaften sowie die intelligente Verzahnung der relevanten Kanäle werden zu den wichtigsten Instrumenten im Kampf um die Aufmerksamkeit des Konsumenten", so Peter Kuhlmann, Managing Director OMD.
Studiendesign
Für die "OMD media map 2010-2015" befragte OMD mit einem Internetfragebogen 1.041 Konsumenten ab 14 Jahren repräsentativ zur ihrer aktuellen und künftigen Mediennutzung. Darüber hinaus wurden in 22 Experteninterviews Vertreter jeder Mediengattung, Mediaentscheider auf Unternehmensseite und Agenturfachleute zu ihren Erwartungen befragt. Als weitere Quelle dienten Erkenntnisse des Mediatrendscouting der Future Media Unit der OMD Germany. Mithilfe einer Szenarioanalyse werden zwei mögliche Entwicklungsverläufe für die Nutzungsbudgets und Werbeinvestitionen herausgearbeitet.