Zwei Tage bevor die Parlamentswahlen in Ägypten beginnen – die ein direktes Ergebnis der Revolution sind –, treten im Münchner Funkhaus neben bayerischen, deutschen und internationalen Indie-, HipHop- und Elektrogrößen wie Moop Mama, Casper und Oh Land auch Wust El-Balad, Deeb und Neobyrd aus Kairo auf. Drei Künstler bzw. Bands, die mit Rock, HipHop und elektronischen Beats verschiedenste musikalische Aspekte Ägyptens widerspiegeln und somit einen Einblick in die zeitgenössische ägyptische Pop- und Jugendkultur erlauben.
Die junge politische Generation in Ägypten – Keimzelle und Motor der Volksrevolte – beeindruckte die internationale Öffentlichkeit in der Zeit des Umbruchs nicht nur mit ihren Mobilisierungsstrategien und neuen Protestformen, sondern bei genauem Hinsehen auch mit ihrer vielfältigen Musik-, Spoken-Word- und Theaterkultur. Gewachsene Urbanität und ein emanzipatorisches Lebensgefühl dieser Generation drücken sich ganz selbstverständlich in erster Linie in Musik aus, und on3 wollte wissen: Welche musikalischen Stimmen der Pop- und Jugendkultur begleiten die Veränderungen?
Das on3-Festival 2011 wirft mit ausgewählten Bands und Musikern aus Kairo einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und bringt Künstler nach München, die geprägt sind vom demokratischen Gedanken und konstruktivem Veränderungswillen bei gleichzeitig hohem künstlerischem Anspruch:
Modernisierung durch Songs und Poesie – Mohamed El Deeb alias Deeb hat bereits seit Jahren Mubarak-kritische Texte geschrieben, musste seine Botschaften aber stets zwischen den Zeilen unterbringen: „Niemals durfte ich das Wort ‚Regierung‘ aussprechen oder gar ‚Präsident‘. Ich sang stattdessen von den ‚Big Guys‘ oder den ‚Korrupten‘. Ich musste auf Metaphern zurückgreifen und durfte keine Namen nennen.“
Während der Demonstrationen in Kairo performte er seine regimekritischen Raps auf einer Bühne am Tahrir-Platz. Nicht nur politisch, auch künstlerisch hat Deeb viel zu bieten: Sein arabischer Sprachfluss und die reflektierten Lyrics entwickeln gerade auch im politischen Protest ihre Tiefe und seine Beats wandeln gekonnt zwischen Avantgarde und Old-School-HipHop mit arabischen Einflüssen.
Mit Wust El-Balad holt das on3-Festival 2011 die erfolgreichste Rockband des arabischen Raums nach Bayern: Die Musiker aus Kairo verbinden orientalische Musikelemente mit Rockmusik und politischen Inhalten. Anfang Februar machten sie den Demonstranten mitten am Tahrir-Platz mit ihrer energetischen Performance Mut – ihre Songs wurden wie keine anderen zum Soundtrack dieser Revolution. Ein Highlight des diesjährigen on3-Festivals, welches erneut beweist, dass die Besucher als Zeugen der regelmäßigen Deutschlandpremieren internationaler Künstler im Funkhaus live erleben können, was andernorts schon lange für Furore sorgt.
Mit dem exzentrischen Elektro-Produzenten und DJ Wael Alaa hat on3 einen der aufregendsten Club-Acts Kairos und damit den intellektuellen Gegenpol des breitenwirksamen emotionalen Ägypten-Rocks eingeladen: Unter dem Namen Neobyrd überzeugt er bereits britische Radio-DJs, deutsche Kraftwerk-Fans und französische Club-Betreiber mit Neo-Disco und Techno-Beats auf internationalem Niveau. Auch Wael Alaa begleitete die jüngsten Veränderungen in seinem Heimatland musikalisch: Für „Tahrir Monologues“, einem Mubarak-kritischen Theaterstück, das kurz nach der Revolution unter anderem am Kairoer Opernhaus aufgeführt wurde, komponierte und performte er die Musik. Mit Maske, Laptop und Synthesizer wird der 24-Jährige mit innovativen Club-Sounds zum Tanz bitten – am 26. November 2011 erstmals in Deutschland.
Sollten Sie, auch in Anbetracht der am 28.11. beginnenden Parlamentswahlen, mit einem oder mehreren Künstlern Interviews führen wollen, übernehmen wir gerne die Vermittlung.
Mehr Informationen, Bildmaterial sowie das komplette Line-up zum on3-Festival 2011 finden Sie auf der on3.de Festivalseite im Internet.