Mehr als drei Millionen Jahre waren in den Tropen die klimatischen Bedingungen stabil. Doch die Klimakrise wird große Auswirkungen auf die Tropen und alle ihre Bewohner haben.
„Die Umwälzungen, mit denen wir kämpfen, sind von nie dagewesenem Ausmaß. Darum müssen wir alle gemeinsam das Ökosystem Tropen schützen und unbedingt Waldwiederaufbau betreiben“, sagt Ulrich Malessa, Bereichsleiter Internationale Projekte der Tropenwaldstiftung OroVerde. „Damit es für Menschen, Tiere und Pflanzen ein Zuhause bleibt. Heimat schaffen heißt Wald schützen – auch in den Tropen.“
Wasser satt
Die tropische Zone, die wie ein grüner Gürtel um unsere Erde liegt, beherbergt mit 54 Prozent mehr als die Hälfte aller erneuerbaren Wasserquellen weltweit. Ein Grund, warum immer mehr Menschen aus trockeneren Gegenden in die Tropen auswandern, beispielsweise aus dem Sahel nach Guinea-Bissau.
„Das Erfolgsrezept der Tropen sind die Regenwälder“, sagt Ulrich Malessa. „Sie produzieren ihren eigenen Regen und den, der in bis zu 2000 Kilometern Entfernung fällt.“ Doch diese „Ökosystemdienstleistung“ ist gefährdet. Die voranschreitende Abholzung der Tropen hat selbst in großen Entfernungen Auswirkungen auf Niederschlagsmengen und Landwirtschaft.
Biodiversität beschreibt die Gesamtheit aller Lebewesen, ihre Beziehungen untereinander und die Ökosysteme, in denen sie leben. In den Tropen ist die Biodiversität größer als an jedem anderen Ort. Doch damit geht eine Gefahr einher:
„Mit jedem Stückchen Regenwald kann eine Art verloren gehen“, sagt Ulrich Malessa. „In den gemäßigten Breiten nimmt die Anzahl an Arten bei Zählungen mit jeder zusätzlichen Flächeneinheit kaum noch zu. In den Tropen steigt sie nahezu linear an.“
Rund 80 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten sind in den Tropen zuhause. 95 Prozent der weltweiten Mangroven-Wälder und sogar 99 Prozent der Mangroven-Spezies haben hier ihre Heimat. Viele unserer Medikamente haben ihren Ursprung in der Flora und Fauna der Tropen. Außerdem schützt die hohe Biodiversität uns vor den Ausbrüchen neuer Pandemien.
Grüner Zukunftsmotor
Die australische James-Cook-Universität hat noch mehr Gründe ausgemacht, warum dieser einzigartige Lebensraum so wichtig und schützenswert ist. Tropenwaldspezialist Ulrich Malessa ordnet sie ein:
Rund 40 Prozent der Weltbevölkerung hat ihre Heimat in den Tropen. Bis 2050 wird bei gleichbleibendem Wachstum mehr als die Hälfte der Menschheit dort leben.
„Wir müssen den Menschen in den Tropen dabei helfen, dass nachhaltige Landnutzung die steigende Bevölkerung ernähren kann, ausreichend Wohnraum entsteht und gleichzeitig natürliche Ökosysteme erhalten bleiben.“
Bereits jetzt lebt mehr als die Hälfte aller Kinder weltweit in tropischen Gebieten. Bis 2050 werden 2/3 aller Menschen unter 15 Jahre aus den Tropen kommen – die meisten von ihnen aus Afrika.
„Genau diese Kinder können für den Wald beides sein – seine Hüter*innen oder seine größten Feind*innen. Daher besteht ein Teil unserer Arbeit bei OroVerde aus Umweltbildung vor Ort. Jugendliche und Frauen sind für unsere Arbeit besonders wichtig. Denn sie sind entweder die zukünftigen oder die derzeitigen Waldschützer und sehen Waldlandschaften als ihre Heimat an.“
In den vergangenen 30 Jahren hat das wirtschaftliche Wachstum in den Tropen das der restlichen Welt um 20 Prozent überstiegen.
„Ein schnelles Wachstum ist Fluch und Segen zugleich. Gründet das schnelle Wachstum ausschließlich auf der Ausbeutung des Waldes als Rohstoff, werden seine anderen Werte, wie der als Klimaschild oder Heimat, schnell nicht mehr geschützt. Andererseits sind mit schnellem Wachstum in der Regel ein steigendes Bildungslevel und ein größeres Bewusstsein für den Naturschutz verbunden.“
Das Wachstum im Handelsvolumen der tropischen Länder ist mehr als doppelt so hoch als im Rest der Welt.
„Verstärkter Handel und Investments in die Region können sich unterschiedlich auswirken. Sie können zu einer starken Ausbeutung der Ressourcen führen. Ist der Handel gekoppelt mit gesetzlichen Rahmenbedingungen wie Vorgaben zu entwaldungsfreien Lieferketten, Schadstoffregulierungen und sozialen Sorgfaltspflichten, kann er das Leben der Menschen vor Ort nachhaltig verbessern.“