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Regeln voller Steine aus der Steinzeit?

Ernährung und ihre Historie - Paleo greift Wurzeln steinzeitlicher Bedingungen auf / Ein Interview mit Yvonne Reichelt - PALONEO

(lifePR) (Dresden, )
Weihnachten und Paleo? Die Jahreszeit für Gourmet, Genießen und leidenschaftlichen Einsatz in der Küche. Frau Reichelt, wie bringen Sie es überein, steinzeitliche Ernährung, bar aller Leidenschaften … keinen Zucker, keine Schokolade, Magenbrot, Marzipan und Christstollen & Co.? Weihnachten ohne Genuss? Werden Sie uns die Vorfreude aufs Fest nehmen?

Keinesfalls! Man kann genauso gut ohne Getreide und ohne Zucker backen und leckere Speisen zubereiten – die meisten wissen es nur nicht…

Was ist Paleo?

Paleo oder Paläo ist die Kurzbezeichnung für die Altsteinzeit (Paläolithikum). Die Steinzeit-Ernährung orientiert sich an den Lebensmitteln, die für den Menschen früher in der Natur verfügbar waren und die auch heutige Jäger- und Sammler-Völker verzehren, welche sehr fit und gesund sind – das heißt man ernährt sich vor allem von Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier, Obst, Nüsse und Samen. Man lässt hingegen Getreide, Zucker, Milch und Hülsenfrüchte weg.

Ist es ein In - Thema, weil sehr viele meinen, es sei ein Trend aus Amerika? Oder ist es eine ernsthaftere, grundlegende Ansage?

Mit diesem Vorurteil, es sei „schon wieder so eine Trend-Diät aus Amerika“ müssen die Paleo-Anhänger leider kämpfen. Es handelt sich jedoch nicht um eine Diät, sondern Paleo ist ein ganzheitlicher Lifestyle. Neben der Ernährung gehören weitere Aspekte dazu, die die Natur für einen gesunden Menschen vorgesehen hat, wie viel Bewegung, ausreichend ruhigen Schlaf und Entspannung, genügend Sonnenlicht, um Vitamin D zu bilden und vieles mehr. Es gibt zahlreiche Einflussfaktoren auf unsere Gesundheit und leider sind in der heutigen Zeit durch Umweltverschmutzung, unser hektisches Arbeitsleben und industrielle Fertignahrung viele dieser Faktoren aus dem Gleichgewicht geraten, was die hohe Zahl der sogenannten Zivilisationskrankheiten erklärt. Ein sehr elementarer Einflussfaktor ist dabei natürlich die Ernährung, da wir daraus unsere Energie schöpfen (sollen). Loren Cordain war mit seinen Studien hierbei der Vorreiter und hat das Paleo-Konzept auch wissenschaftlich belegt. Inzwischen gibt es zahlreiche weitere Studien weltweit, die der Paleo-Ernährung positive Effekte bei zahlreichen Krankheiten bzw. Prävention vor diesen nachweisen.

Was sind genau die Probleme, wenn jemand mit Paleo startet?

Durch den Verzicht auf die vielen „leeren“ Kohlenhydratquellen wie Brot, Pasta, Reis, Gebäck und Süßigkeiten entfällt ein Großteil der Kohlenhydrate, die wir in der westlichen Welt gewohnt sind aufzunehmen. Dies kann in den ersten 1-2 Wochen zu einem sogenannten Kohlenhydrat-Kater mit Müdigkeit, Trägheit, Hunger, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl führen, da sich der Körper erst von der Kohlenhydrat- auf die Fettverbrennung umstellen muss. Paleo ist per se keine Low-Carb-Ernährung, aber man nimmt automatisch weniger Kohlenhydrate zu sich. Um den Kohlenhydrate-Kater zu mindern, kann man viel Obst essen oder stärkehaltiges Gemüse wie Kürbis oder Süßkartoffel. Außerdem sollte man viel trinken und anfangs mehr salzen, da der Körper in der Übergangszeit Kohlenhydrat-Reserven verbrennt und dabei gespeichertes Wasser zusammen mit Mineralien ausscheidet.

Für wen ist Paleo-Ernährung geeignet?

Für jeden, schließlich haben wir früher alle so gelebt. Menschen mit bestimmten Krankheiten wie z.B. Diabetes oder Autoimmunerkrankungen sollten sich in jedem Fall ärztlich dabei begleiten lassen, um Fehler zu vermeiden. Der Arzt sollte sich mit der Paleo-Ernährung auskennen oder zumindest aufgeschlossen sein und sich informieren. Dies ist insofern besonders wichtig, weil es im Internet auch Fehlinformationen gibt und entsprechend informierte Ärzte deshalb zu wichtigen individuellen Anpassungen der Ernährungsweise beraten können.

Was mache ich, wenn ich einbreche?

Es ist am Anfang normal, dass man die „alten“ Lebensmittel vermisst. Im ersten Monat habe ich auch noch meinem Frühstücksbrötchen nachgetrauert. Nachdem ich aber nach den ersten 30 Tagen die großen Vorteile für meine Gesundheit und Fitness festgestellt habe, fiel mir das nicht mehr schwer.

Wenn man doch einmal in alte Gewohnheiten zurückfällt (Ernährung ist Gewohnheit!), sollte man sich das nicht übelnehmen. Man kann es auch als kleine Ausnahme hinnehmen und dann wieder zu Paleo zurückkehren. 90% Paleo ist bereits ein großer Erfolg.

Wenn es einem sehr schwer fällt, kann man auch mit 2 gesunden Tagen in der Woche starten und dann jeden Monat einen Tag hinzunehmen. Da Ernährung wie gesagt viel mit Gewohnheit zu tun hat, wird man sich so von selbst über die Zeit umgewöhnen.

Es gibt also für jeden Typ Mensch eine geeignete Methode, mit den schlechten Ernährungsgewohnheiten zu brechen: abrupt oder allmählich. Ich persönlich bin eben mehr der Alles- oder Nichts-Typ, der sehr konsequent ist.
Da diese Verhaltensänderung sehr schwierig ist, bieten wir ab Januar ein Coaching-Programm an. Dieses wurde von Eric Edmeades entwickelt, der sich bereits 20 Jahre auf diese Weise ernährt. Zu der WildFit-Challenge, wie das Programm heißt, kann sich jeder Erfolgswillige in Sachen Ernährung und Bewegung unter http://getwildfit.de anmelden. Das 90-Tage-Programm ist so konzipiert, dass man alte Muster durchbricht und zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung kommt.

Ist man mit Paleo-Ernährung leistungsfähig im Job und Familie? Kann man da richtig arbeiten?

Ja, man ist sogar leistungsfähiger als je zuvor! Natürlich muss man zuerst die Umstellung überstanden haben (siehe Ausführungen zu Kohlenhydrat-Kater). Danach ist man viel energiegeladener, wacher und klarer im Kopf als jemals zuvor! Ich hatte nach der Umstellung, die bei mir 6 Tage dauerte, kein Mittagstief mehr und viel mehr Energie – das führt automatisch dazu, dass man sich mehr bewegen möchte. Wenn man diesem Bewegungsdrang durch Sport nachgeht, wird man mit noch mehr Fitness belohnt. Ich habe auch festgestellt, dass man viel schneller Muskeln aufbaut als vorher mit der konventionellen Kost nach DGE-Empfehlung.

Was ist mit Senioren, die sich ihr ganzes Leben konventionell ernährt haben?

Auch Senioren können ihre Gesundheit durch eine Umstellung noch positiv beeinflussen. Es ist nie zu spät, auch wenn man schon gesundheitliche Beschwerden hat. Außerdem kann man bei den jetzigen Senioren davon ausgehen, dass diese sich in ihren ersten Lebens-Jahrzehnten noch gesünder als jetzt ernährt haben, da es noch keine Fertigprodukte gab, weniger Pestizideinsatz in der Landwirtschaft, keine Massentierhaltung im heutigen Ausmaß sowie nicht die vielen künstlichen Zusatzstoffe, Zucker und Zuckeraustauschstoffe in den Nahrungsmitteln. Heutzutage nimmt die Qualität der Lebensmittel immer weiter ab, Bewegungsmangel und Stress nehmen zu und weitere Umweltfaktoren verschlechtern sich – Prof. Dr. Jörg Spitz, Nuklear- und Präventionsmediziner, spricht vom Natur-Defizit-Syndrom und sieht das Paleo-Konzept ganz klar als eine Lösung dessen.

Gibt es Kritiker?

Natürlich! Jeder Lebensstil abseits der „Norm“ hat Kritiker. Und zu jeder Studie gibt es auch immer Gegenstudien. Es ist für uns alle schwierig, zu durchschauen, wer welche Studie finanziert hat und wo eventuell Fehler in der Durchführung oder in der Auswertung liegen könnten. Sowohl die Zucker- als auch die Pharma-Industrie haben sehr wenig Interesse an einer gesunden Ernährung der Menschen. Schließlich gäbe es dann gewaltige Umsatzeinbrüche. Profit ist das Wichtigste. Dieser Lobbyismus spiegelt sich in der Gesellschaft wieder und zeigt sich auch bei vielen Regierungsentscheidungen, sowohl auf Landes- als auch auf EU-Ebene. Solange diese wirtschaftlichen Interessensvertreter so viel Macht haben, kann nur eine Veränderung aus der Gesellschaft heraus funktionieren. Diese ist wiederum schwierig, da Zucker süchtig macht und Ernährungsgewohnheiten nicht einfach zu ändern sind. Die meisten Menschen ändern erst unter Leidensdruck, wenn sie bereits krank sind, ihre Gewohnheiten, viele finden noch nicht einmal dann die Kraft dazu.

Die beiden häufigsten Kritikpunkte und Gegenargumente sind folgende:
1) Die Lebenserwartung war in der Steinzeit doch viel niedriger!
2) Bei Paleo isst man zu viel Fleisch.

Und wie deplatzieren Sie sie?

Mit diesen zwei Mythen kann man sehr einfach aufräumen:

1) Man muss bedenken, dass die Lebenserwartung als Durchschnitt angegeben wird. Sowohl in der Steinzeit als auch bei heute lebenden Jäger und Sammler Völkern gab / gibt es einige Vorteile der heutigen Schulmedizin bzw. Zivilisation nicht:

a) Die Kindersterblichkeit war viel höher – das drückt den Durchschnitt ungemein.
b) Auch Mütter starben viel öfter nach der Geburt eines Kindes an den Blutungen.
c) Man starb viel eher an einfachen Infektionskrankheiten, die heute behandelbar sind.
d) Man konnte von wilden Tieren gefressen werden oder an Verletzungen sterben.

Wenn man sich heutige Naturvölker anschaut, dann sieht man, dass diese nicht an Zivilisationskrankheiten leiden. Diejenigen, die alt werden, sind bis ins hohe Alter hinein gesundheitlich fit und haben eine sehr hohe Lebensqualität. In unserer zivilisierten Gesellschaft hingegen werden die Menschen immer früher krank und leben die letzten Jahre ihres Lebens mit einer sehr niedrigen Lebensqualität.

2) Ein ganz klares Nein! Ich persönlich esse viel mehr Gemüse als Fleisch, so dass es keine Übersäuerung gibt und der Säure-Basen-Haushalt in einer gesunden Balance ist. Es ist sogar möglich, sich als Vegetarier nach der Paläoernährung zu richten – mit Fisch und Eiern, um alle nötigen Nährstoffe zu sich zu nehmen.

Wenn man sich an die Steinzeit-Nahrung hält, dann gab es auch nur dann Fleisch, wenn die Männer bei der Jagd erfolgreich waren. Dann wurde viel Fleisch auf einmal gegessen und danach wieder für einige Zeit nichts. Die Männer haben einen Teil bereits nach erfolgreicher Jagd gleich verspeist und den Rest mit zum Lager genommen, d.h. man kann davon ausgehen, dass Frauen weniger Fleisch gegessen haben.
Wir als Familie und andere Paleo-Anhänger, die ich kenne, achten außerdem sehr auf die Fleischqualität, d.h. entweder gibt es Wild (aus dem Wald) oder Fleisch von weidegefütterten Tieren (die bekommen im Winter Heu). Das hat gleich mehrere Gründe:

a) Der Tiere selbst wegen, damit sie ein artgerechtes, glückliches Leben haben und unter normalen Bedingungen aufwachsen (also nicht in Rekordzeit hochgezüchtet).
b) Punkt 1 hat auch Auswirkungen auf die Fleischqualität: glückliche Tiere produzieren keine Stresshormone so wie das bei der Massentierhaltung geschieht – die Hormone beeinflussen die Fleischqualität negativ (die Schlachtung spielt ebenso eine Rolle – auch hier darf kein Stress bei den Tieren ausgelöst werden). Mastfleisch von schnell hochgezüchteten Tieren enthält auch jede Menge Wachstumshormone, die unserer Gesundheit nicht gerade zuträglich sind.
c) Zusätzlich zu Punkt 2 gibt es bei Wild oder Bio-Weidefleisch noch folgende positiven Aspekte der Fleischqualität:

1. keine Antibiotika im Fleisch
2. ein besseres Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren durch artgerechte Ernährung – je nach Tier von Gras, Heu, Kräutern, usw. – alles, was im natürlichen Lebensraum zu finden ist -> sehr wichtiger Punkt, um Entzündungen zu verhindern
3. keine Belastung durch Pestizide, Fungizide, Herbizide, etc. aus konventionellen Futtermitteln

d) Ich lehne den Futtermittelanbau ab. Erstens geschieht dies meist in Monokulturen, die auf Dauer die Böden zerstören; zweitens werden meist Pestizide, Fungizide, Herbizide, etc. eingesetzt, die unsere Böden und die Natur der Erde zerstören; drittens könnte man diese Böden sinnvoller nutzen…
e) Artgerechte Haltung von Tieren ist CO2-neutral: Rinder, die auf der Weide grasen, sorgen dafür, dass mehr Humus entsteht, welcher CO2 aufnimmt. Dies kompensiert die Methanproduktion der Rinder, womit sie als Weidetiere klimaneutral bis klimapositiv sind…

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