Eine frühe und klinisch wirksame antibiotische Therapie senkt nachweislich die Letalität bei Patienten mit schweren Infektionen. Dies gilt insbesondere bei schweren intraabdominellen Infektionen, die eine häufige Ursache für eine Sepsis sind. Dazu ist eine antimikrobielle Substanz mit breitem Wirkspektrum erforderlich, das auch die zunehmend verbreiteten multiresistenten Problemkeime wie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA)-Stämme und Vancomycin-resistente Enterokokken(VRE) mit einschließt. Oft ist eine Kombinationstherapie mit mehreren Antibiotika indiziert. Mit dem Glycylcyclin-Vertreter Tigecyclin (Tygacil®) steht seit 2006 für die Therapie ein viel versprechender neuer Wirkstoff zur Verfügung, der zur Behandlung komplizierter intraabdomineller Infektionen und komplizierter Haut- und Weichgewebeinfektionen zugelassen ist. Tigecyclin hat ein klinisch relevantes Wirkspektrum im Gram-positiven wie -negativen Bereich, einschließlich bedeutsamer multiresistenter Problemkeime.(1)
Tigecyclin-Therapie: Senkung der Sterblichkeit auf 30 Prozent
Wie Professor Dr. Markus Weigand (Heidelberg) berichtete, wird Tigecyclin am Universitätsklinikum Heidelberg seit über zwei Jahren zur Behandlung schwerer Infektionen eingesetzt. Kürzlich wurden die retrospektiv ausgewerteten Daten von insgesamt 70 Patienten veröffentlicht, die dort zwischen Januar 2006 und April 2007 auf der chirurgischen Intensivstation mit Tigecyclin behandelt wurden.2 Die meisten dieser Patienten wiesen einen hohen Erkrankungsschweregrad und teilweise schwere Begleiterkrankungen auf. Die häufigste Indikation für den Einsatz von Tigecyclin war eine intraabdominelle Infektion (50 Prozent), bei 14 Prozent lag zusätzlich eine Pneumonie vor. Eine Kolonisation bzw. Infektion mit MRSA wurde bei 16 Prozent bzw.sechs Prozent und mit VRE bei 27 Prozent bzw. 21 Prozent der Patienten nachgewiesen.Besonders beeindruckend war laut Weigand die niedrige Sterblichkeitsrate von 30 Prozent.(2)
Aktuelle Strategien einer adäquaten Antibiotikatherapie
Die zunehmende Resistenzentwicklung bedeutet eine große Herausforderung in der intensivmedizinischen Behandlung schwerer Infektionen. Wie Professor Dr. Wolfgang R.
Heizmann (Berlin) erläuterte, führte beispielsweise die vermehrte Anwendung von Carbapenemen zu erhöhten Resistenzraten bei Extended Spectrum -Lactamase (ESBL)- bildenden Erregern und VRE. Strategien zur Vermeidung einer raschen Resistenzentwicklung umfassen eine ausreichend hohe Dosierung, Kombinationen von zwei wirksamen Antibiotika sowie das sogenannte antibiotic mixing, dass heißt eine ausgewogene Anwendung verfügbarer Antibiotika zur Verminderung des Resistenzdrucks unter besonderer Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation und individueller Faktoren des Patienten. Dabei sollten auch neue Substanzen wie Tigecyclin einbezogen werden. Wie der Bakteriologe anhand eigener In-vitro-Untersuchungen demonstrierte, ist Tigecyclin gegen multiresistente ESBL-produzierende Enterobacteriaceae oder MRSA hoch wirksam.
Der sinnvolle Einsatz verschiedener Antibiotikaklassen im Sinne einer adäquaten Antibiotikatherapie wurde von Dr. Peter Walger (Bonn) anhand von Fallbeispielen erläutert. Entscheidend dabei ist die Kombination von fundierten Kenntnissen über die lokalen Resistenz- und Erregerdaten und eine sorgfältige Risikostratifizierung des betroffenen Patienten.
Literatur:
1) Tygacil® Fachinformation, Stand: Dez. 2007
2) Swoboda S. et al. J Antimicrob Chemother 2008; 61(3): 729-33