Durch die zunehmende Arbeitsverdichtung der letzten Jahre hat sich die körperliche, zeitliche und psychische Arbeitsbelastung in Pflegeberufen noch weiter erhöht. Der massive Mehrbedarf an qualifiziertem Pflegepersonal ist längst offensichtlich: Seit 1996 wurden mehr als 36.800 Vollzeitstellen im Pflegedienst deutscher Krankenhäuser gestrichen (-11%). Parallel stieg die Zahl der behandelten Fälle um knapp 20%, die durchschnittliche Verweildauer sank um gut 29%.
Im Zentrum des Picker Reports 2015 stand vor diesem Hintergrund die Frage: Sind die über die vergangenen Jahre veränderten Rahmenbedingungen „nur“ eine Mehrbelastung für die Pflegekräfte oder haben sie auch Konsequenzen für die Patienten? In der wissenschaftlichen Literatur verdichten sich die Hinweise, dass Behandlungsergebnisse schlechter sind, wenn eine Pflegekraft (zu) viele Patienten versorgen muss. Verschiedene Studien haben den Zusammenhang zwischen Personalmangel und Sterblichkeit sowie der Häufigkeit von Todesfällen nach Komplikationen bestätigt.
Maria Nadj-Kittler bewertet die Reaktion der Politik kritisch: „Der (erneute) Versuch der Politik, mit einem Pflegestellen-Förderprogramm für Entlastung zu sorgen, ist so falsch wie hilflos. Die Forschung der letzten Jahre hat klar gezeigt, dass die rein quantitative Aufstockung des Personals – die teuerste Variante zur Verbesserung der Versorgung – verpufft, wenn sich nicht mindestens gleichzeitig auch die Arbeitsbedingungen verbessern.“ Damit verweist die Geschäftsführerin des Picker Instituts auf eine wichtige Erkenntnis des Picker Reports; Reine Personalaufstockungen haben so gut wie keinen Effekt auf die Qualität der Versorgung, wenn die Arbeitsbedingungen nicht mindestens als durchschnittlich eingestuft werden. Es bedarf zusätzlich einer guten Zusammenarbeit mit Führungskräften und Kollegen aus dem Pflege- und dem ärztlichen Dienst sowie einem hohen Stellenwert der Pflegequalität auf Führungsebene.
Die Auswertung der Befragungsergebnisse des Picker Instituts ergab weiterhin, dass sich Pflegekräfte in deutschen Krankenhäusern stark belastet fühlen und nur 60% der Befragten ihre Arbeit meistens innerhalb der regulären Arbeitszeit bewältigen. Die hohe Belastung und enge Verknüpfung zwischen Personalengpässen und unzureichender Qualität der Patientenversorgung sind alarmierend und fördern unter anderem die Entwicklung, dass aktuell jede sechste Pflegekraft häufig und fast ein Viertel manchmal über einen Arbeitgeberwechsel nachdenkt.
Weitere Ergebnisse der Studie sind im Picker Report 2015 nachzulesen, dessen Kurzversion sowie Bestellformular für die Vollversion ab dem 16.09. zum Download zur Verfügung stehen.