1. Verschleißteile rechtzeitig wechseln
Dass man ein laufendes System nicht verändern soll, stimmt nur bedingt: „Verschleißteile müssen vor einer längeren Tour möglicherweise ausgetauscht werden“, gibt Tobias Erhard vom Komponentenhersteller Sram zu bedenken – allerdings mit genügend Vorlauf, so der Experte. Bremsbeläge etwa entfalten ihre volle Wirkung erst, wenn sie eingefahren sind. Ebenso sollte man Kette und Ritzelpaket Zeit geben, sich aufeinander einzuspielen, und falls die Schaltung nachjustiert werden muss, opfert man dafür besser keine wertvolle Urlaubszeit. Um den Wartungsaufwand gering zu halten, schwören viele ambitionierte Tourenfahrer auf die anspruchslose Nabenschaltung von Rohloff, die bei praktisch allen Rädern mit Kettenschaltung nachgerüstet werden kann. Echte Globetrotter haben ein Ersatzritzel mit an Bord. Wer ohnehin noch ein Rad für die geplanten Touren sucht, findet mit den in den Rahmen integrierten Tretlagergetrieben von Pinion eine Alternative, die wie die Rohloff-Nabe gegen äußere Einflüsse immun ist. Dadurch, dass der Antriebsstrang nicht schräg läuft, verschleißt bei beiden Lösungen die Kette deutlich weniger. Zudem lassen sie sich gut mit einem praktisch wartungsfreien Riemenantrieb kombinieren. Statt Kettenblättern und Ritzeln kommen hier schon in der Standardausführung verschleißarme Riemenscheiben zum Einsatz, für materialzehrende Einsätze hat der Vorreiter Gates besonders ausdauernde „Expedition Sprockets“ entwickelt.
2. Gegen Reifenpannen wappnen
Statt bei einem vollbeladenen Rad den Reifen zu wechseln, beugt man vor. Reifen mit Pannenschutzeinlage wie der „Marathon Plus“ von Schwalbe (39,90 Euro) stecken Glasscherben oder Dornen gut weg und verhindern manchen Plattfuß. „Um Durchschläge zu vermeiden, die den Schlauch beschädigen können, sollte man auch bei unseren unplattbaren Reifen den Luftdruck an das Mehrgewicht durchs Gepäck anpassen“, rät die Schwalbe-Expertin Doris Klytta. Da sich Reifenpannen nicht komplett vermeiden lassen, empfehle es sich, einen Ersatzschlauch mitzunehmen, um die Fahrt schnell fortsetzen zu können. Den kaputten Schlauch kann man dann abends in Ruhe flicken. Kaum Platz benötigen selbstklebende Flicken und mit Reifenwandflicken wie dem „TB-2“ von Park Tool (4,99 Euro) lassen sich selbst größere Löcher im Mantel reparieren.
3. Den Sattel einfahren
Erfahrene Radreisende setzen häufig auf Kernledersättel wie den Klassiker „B 17“ von Brooks (ab 110 Euro), die sich nach und nach dem Gesäß anpassen und erst mit der Zeit wirklich bequem werden. Doch auch andere Sättel sollte man eine Weile einfahren. Die große Radtour sei dafür nicht die richtige Gelegenheit, meint Monica Savio von Selle Royal: „Auch wenn der Sattel als solcher zu Sitzposition und Anatomie passt, muss sich der Fahrer daran gewöhnen, wenn er tagelang darauf sitzen will.“ Oft sei etwas Feinjustage bei der Neigung oder der horizontalen Ausrichtung nötig. Wer einen Radurlaub mit einem Mietrad plane, nimmt am besten seinen eigenen Sattel mit und sucht sich vor Ort ein Rad, bei dem die Sitzposition dem eigenen entspricht: „Das verhindert böse Überraschungen“, so Savio.
4. Gewicht gleichmäßig verteilen
„Auch wenn der Gepäckträger problemlos mit 40 Kilogramm bepackt werden kann: Lastet das Gewicht ausschließlich hinten am Rad, lässt es sich kaum mehr fahren“, weiß Peter Ronge vom Gepäckträgerspezialisten Tubus. Er empfiehlt für größere Touren vor allem sogenannte „Lowrider“, mit denen sich Taschen am Vorderrad bzw. der Gabel befestigen lassen. Ein Pluspunkt gegenüber Lenkertaschen, mit denen sich ebenfalls Last nach vorne verlagern lässt, ist dabei der tiefe Schwerpunkt. Aus der sogenannten Bikepacking-Bewegung heraus entwickelten sich zudem eine Reihe von Packlösungen, die sich gleichermaßen als Alternative wie auch als praktische Ergänzung zum klassischen „Sixpack“ aus Trägertaschen anbieten. Das Angebot reicht von geräumigen Rahmentaschen wie der „Ranger“ vom Bikepacking-Pionier Revelate Designs (229 Euro) über Oberrohrtaschen mit Sichtfenster fürs Smartphone (z. B. Abus „Oryde ST 2230“, 29,95 Euro) bis zum Packsack am Lenker wie dem „Outpost HB Roll & Dry Bag“ von Blackburn (119,99 Euro), der ohne spezielle Halterung Zelt oder Schlafsack sicher und trocken hält. Diese und andere runde Gepäckstücke lassen sich mit dem Salsa „Anything Cage“ (ab 37,90 Euro) auch am Vorderrad verstauen, Voraussetzung ist hier allerdings eine Gabel mit drei Gewindelöchern, wie sie neben dem Hersteller selbst beispielsweise die Firma Surly anbietet.
5. Packordnung festlegen
Die eine allgemeingültige Packordnung gebe es beim Radreisen nicht, erklärt Peter Kühn vom fränkischen Taschenhersteller Ortlieb. Grundlegende Strategien seien das Wohnungsprinzip mit Küchentasche, Badtasche etc., das Häufigkeitsprinzip, bei dem oft benötigte Gegenstände so verpackt werden, dass sie tagsüber schnell greifbar sind, sowie das Packen nach Gewicht, bei dem Schweres möglichst tief und zentral am Rad untergebracht wird. „Je mehr Erfahrung man hat, desto eher wird das Ergebnis eine Kombination dieser Prinzipien sein. Die Hauptsache ist, dass man anhand seiner Packstrategie immer weiß, wo man suchen muss“, so Kühn.
6. Auf das Wesentliche reduzieren
Gewicht, das man einspart, muss man weder verteilen noch Steigungen hinaufstrampeln. „Das meiste Gewicht spart man schlicht und einfach durch Weglassen“, betont Stefan Stiener vom Reiseradexperten Velotraum. Beim Rad stößt die Taktik natürlich bald an eine Grenze. Beim Gepäck dagegen ist am Ende der Tour immer etwas dabei, das man überhaupt nicht gebraucht hat. Darüber hinaus sparen vor allem bei der Bekleidung moderne Funktionsmaterialien nicht nur durch Leichtgewicht das eine oder andere Gramm, sondern auch dadurch, dass sie flexibler einsetzbar sind. Weniger mitnehmen und dafür kombinieren ist die Devise! Wichtig sei, dass die Bekleidung eine gute Bewegungsfreiheit und angenehmen Tragekomfort bietet, was z. B. durch den Einsatz von Stretch-Materialien bei Jacken und Hosen oder geruchshemmender Merinowäsche erreicht werde, erklärt Stephanie Herrling von Vaude. Dazu kämen je nach Reiseziel Funktionseigenschaften wie Wind- und Nässeschutz, Atmungsaktivität, schnelle Trocknungszeiten oder UV-Schutz.
7. Mit der Energie haushalten
Gewicht lässt sich heutzutage durchaus neutralisieren: Unter Globetrottern zwar eher selten zu finden, ermöglichen E-Bikes auch weniger fitten Radfans lange, mehrtägige Touren. „Wie bei allen Radreisen sollte man hier etwas Erfahrung sammeln, bevor es auf die große Tour geht. Wie weit komme ich mit zusätzlichem Gewicht am Rad? Wie viel Reichweite kann ich mit welcher Unterstützungsstufe noch herauskitzeln? Das ist wichtig für die Etappenplanung“, erklärt Anja Knaus vom E-Bike-Pionier Flyer.
Apropos Strom: Ganz ohne elektronische Helfer sind nur noch wenige Menschen unterwegs. Wer zur Übernachtung Plätze ohne Lademöglichkeit ansteuert, kann sich autark versorgen, etwa mit Solarpanels – am besten in Verbindung mit einem Stromspeicher („Power Pack“) –, wie sie der amerikanische Ausrüster Goal Zero anbietet, oder indem er den Strom aus dem Nabendynamo nutzt, z. B. mit der „Ultimate6 Pro E“ von Ortlieb (199,95 Euro), einer wasserdichten Lenkertasche mit integriertem Stromanschluss.
8. Allzeit bereit sein
Eine der knappsten Ressourcen bleibt die Zeit. Wer erst noch packen muss, könnte schon längst auf dem Rad sitzen. Alexander Kraft vom Liegeradbauer HP Velotechnik hat immer ein festes Set fürs verlängerte Wochenende parat. Der Autor von Rad- und MTB-Tourenbüchern greift sich am liebsten den gepackten Rucksack aus dem Schrank: „Ich muss nicht organisieren, sondern kann einfach losfahren. Und egal ob Liegerad oder Mountainbike, eine Sache gilt für alle: Die schönsten Touren entstehen durch die Kombi ,Spontan mit Plan!‘“