Das Ziel waren sozial handelnde Unternehmerpersönlichkeiten. Ein Besuch galt dem späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus. Jetzt hat der 24-Jährige die "Stiftung Welt:Klasse" gegründet. Auch hier sind Reisefreude und ein wenig Abenteuerlust gefragt. Ab Ende September starten die ersten deutschen Schüler zu Studienaufenthalten nach Thailand und nach China. Matti Spiecker hat die Reisen mit Unterstützung anderer Projektbeteiligter aus Schule, Universität und Wirtschaft organisiert - und er hat bei mehrwöchigen Besuchen in Asien geeignete Kooperationspartner ausgewählt.
"Mit der Globalisierung wächst die Welt wirtschaftlich immer weiter zusammen. Trotzdem wissen wir wenig darüber, wie die Menschen anderswo leben und arbeiten", skizziert Matti Spiecker den Grundgedanken der von ihm gegründeten "Stiftung Welt:Klasse". Besonders über den Alltag in Schwellen- und Entwicklungsländern herrscht im Westen weitgehend Unwissen.
Zusammen mit Freunden und Förderern verfolgt Matti Spiecker die Idee des, wie es in einer Kurzbeschreibung heißt, "emphatischen, erfahrungsbezogenen Lernens globaler Zusammenhänge und regionaler Unterschiede". Konkret: Im Rahmen des Projekts sollen deutsche Schüler bei Gastfamilien wohnen, mit einheimischen Jugendlichen praktische Projektarbeit durchführen und möglichst viele Informationen über Land und Leute zusammentragen. Die jungen Weltreisenden halten dabei Kontakt zu ihren Heimatschulen: Sie berichten in regelmäßigen Abständen per Videoschaltung übers Internet in ihre deutschen Klassenzimmer.
Den Anfang machen jetzt zwei Schülergruppen: eine des staatlichen Elsa-Brandström-Gymnasiums, Oberhausen und eine der privaten Rudolf-Steiner-Schule Gröbenzell, München. Beide Gruppen bestehen aus jeweils vier Schülern der elften Jahrgangsstufe. Die Auslandsaufenthalte dauern vier Wochen. Die Gymnasiasten aus Oberhausen fliegen am 22.September ins südliche China. In der Yunnan-Region steht ein Wiederaufforstungsprojekt auf dem Studienplan. Die Schüler informieren sich über die ökologischen Hintergründe und "nehmen auch selbst einmal die Schüppe in die Hand, um neue Bäume zu pflanzen", so Matti Spiecker.
Darüber hinaus gehen die Jugendlichen mit vorher festgeschriebenen, so genannten Rechercheaufträgen in Schulen und in Krankenhäuser, um beispielsweise Einblicke in das Bildungssystem und die Gesundheitsversorgung zu erhalten. Auch das Quartett der Rudolf-Steiner-Schule, das ab Ende Oktober in der thailändischen Singburi-Provinz Station macht, muss solche Rechercheaufgaben abarbeiten.
Für spätere Ausstellungen und Dokumentationen soll der Thailandaufenthalt möglichst umfangreich auf Fotos festgehalten werden. Gemeinsam mit thailändischen Jugendlichen werden Gruppen gebildet, die bestimmte Themen wie z. B. Recycling per Digitalfotografie beleuchten. Bei der Vorbereitung auf die Foto-Aktion und auch bei der späteren Ausstellung der Fotos werden die Schüler von der renommierten Pinakothek der Moderne in München unterstützt.
In China und Thailand kooperiert die "Stiftung Welt:Klasse" mit "Greenway", einer international erfahrenen Organisation, die sich dem interkulturellen Austausch widmet und jungen Europäern Bildungsaufenthalte in Asien ermöglicht. Die deutschen Schüler werden von "Greenway"-Mitarbeitern betreut. Bei seiner vorbereitenden Reise durch Südost-Asien im Frühjahr hat sich Matti Spiecker mit den Experten von "Greenway" getroffen und mit den Gastfamilien, in denen je zwei Schüler wohnen werden. Er knüpfte Kontakte zu anderen Nichtregierungsorganisationen, zu potenziellen Sponsoren und auch zum Goetheinstitut in Bangkok, das er als Unterstützer gewinnen konnte. Ein Abstecher führte ihn nach Vietnam. Auch in dieses Land sollen zukünftig Schüler reisen. In der jetzt beginnenden Anfangsphase des Projekts werden sich zusammen mit den ersten beiden Vierergruppen in den nächsten Monaten insgesamt 24 deutsche Schüler auf den Weg nach China und Thailand begeben.
Die Erfahrungen, die die jungen Reisenden bald machen werden, hat Matti Spiecker unlängst selbst gesammelt - wenn auch in anderen Dimensionen.
Zusammen mit zwei weiteren Wittener Wirtschaftsstudenten besuchte er im Rahmen der "Expedition Welt" von März bis Oktober 2006 in Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika rund 40 so genannte Social Entrepreneuers, Unternehmerpersönlichkeiten, die sich für soziale Gerechtigkeit und verträgliche wirtschaftliche Entwicklung stark machen. Ein solches Pensum liegt für die Schüler der "Stiftung Welt:Klasse" in weiter Ferne, aber vielleicht haben auch sie das Glück einer ganz besonderen Begegnung. Als Matti Spiecker im März 2006 in Dhaka den Gründer der Grameen Bank traf, die der Landbevölkerung mit Kleinkrediten hilft, konnte jedenfalls auch noch niemand wissen, dass dieser Muhammad Yunus Monate später den Friedensnobelpreis bekommt.