So gehen die Kosten für die Behandlung chronischer Schmerzen laut der europäischen Schmerzstudie "European Pain Survey" allein in Deutschland in den zweistelligen Milliardenbereich. Gelingt es, bereits vor einer Operation die Risiken eines dauerhaften Leidens zu minimieren, wird eine langjährige und teure Behandlung hinfällig.
Die laufende Studie wird von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert. Studienleiter ist Prof. Dr. Edmund Neugebauer, Direktor des IFOM am Kölner Klinikum Merheim und Lehrstuhlinhaber für Chirurgische Forschung an der UWH. Das aktuelle Projekt reiht sich ein in den Bereich der Versorgungsforschung, einem der Schwerpunktthemen an der Wittener Universität.
Ziel dieser Forschung ist es zu prüfen, inwieweit Patienten beispielsweise von diagnostischen Verfahren, Therapien und Arzneimitteln, aber auch von medizinischen Forschungsergebnissen profitieren. Kern hierbei ist die Frage, wie effizient diese Patientenversorgung im klinischen Alltag ist.
Anke Hinrichs und ihre Kollegen haben für ihre Forschungsarbeit bereits hunderte von Studien zum Thema postoperative Schmerzen ausgewertet. "Das Ziel unserer Arbeit ist es, eine Möglichkeit zu finden, schon vor einer Operation zu erkennen, welche Patienten gefährdet sind, chronische Schmerzen zu entwickeln", sagt Hinrichs.
Allein in Deutschland gibt es laut einer Heidelberger Untersuchung aus dem Jahr 2004 etwa 5 Millionen Menschen, die unter dauerhaften Schmerzen leiden. Als Ursache dafür wird oft eine Operation angegeben.
Ob es zu einer Chronifizierung nach einem chirurgischen Eingriff kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Nicht nur die Art und der Umfang der Operation spielen eine Rolle. Wichtiger Indikator ist der Akutschmerz, also der Schmerz, welcher direkt mit dem Eingriff verbunden ist. Daneben versucht die Forschergruppe in einem jetzt begonnenen Teil der Studie durch gezielte Patientenbefragungen besonders die psychischen Belastungen der Patienten zu berücksichtigen. "Wenn jemand an Depressionen oder auch erhöhter Ängstlichkeit leidet, ist das Risiko der anschließenden Chronifizierung höher", sagt die Psychologin Hinrichs.
Im klinischen Alltag geht dieser entscheidende Zusammenhang jedoch oftmals unter: "Rücksicht zu nehmen, speziell auf diese psychischen Aspekte, ist heute leider immer noch die Ausnahme", sagt Hinrichs. Daher soll am Ende der laufenden Studie, ein so genanntes Chronic Pain Prevention Screening (CPPS) stehen.
Dieser Fragenkatalog stuft Patienten je nach Risiko für chronische Schmerzentwicklung schon vor der Operation ein. Neben medizinischen Faktoren wie Art der Operation und vorangehende körperliche Beschwerden des Patienten, werden auch psychische Indikatoren, wie Angst und Stress erfasst.
Anhand dieser Vorauswahl kann der behandelnde Arzt bereits im Vorfeld das entsprechende Operations- und Anästhesieverfahren an den Patienten anpassen. "Im positivsten Fall kann das CPPS als Standard im Praxisalltag umgesetzt werden. Damit erhält der Arzt sofort Informationen zu Risikopatienten", sagt Hinrichs. Die Fertigstellung ihres CPPS erwarten die Forscher für Mitte des kommenden Jahres.