Das höchste deutsche Zivilgericht hat die Forderungen als unbegründet zurückgewiesen und damit "dem legalen Betrug Tür und Tor geöffnet", findet Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten.
Streitthema Bewertungsreserven - Kürzung kommt Betrug am Kunden gleich
Ausgangspunkt für die harsche Kritik ist vor allem die umstrittene Kürzung der Kundenbeteiligungen an den Bewertungsreserven, die dank dem Lebensversicherungsreformgesetz von den Versicherungsgesellschaften vorgenommen werden darf. Während die Branche selbst bei vorrübergehenden Buchgewinnen auf Wertpapiere von "Scheingewinnen" spricht und eine angemessene Beteiligung von Kunden daran als fraglich erachtet, halten es Verbraucherschützer und Branchenkritiker geradezu für unmoralisch, dass die Gewinne künftig sogar komplett im Unternehmen verbleiben dürfen.
Jens Heidenreich, Pressesprecher des Verbraucherschutzprojektes LV-Doktor, das sich ähnlich dem BdV für die Rechte von Lebensversicherungskunden stark macht, meint dazu: "Die Gewinne, über die bereits im Vorfeld des Lebensversicherungsreformgesetzes gestritten wurde, konnten überhaupt erst mit den Geldern der Kunden erzielt werden. Das ist eine ganz einfache Gleichung: Der Kunde stellt seinem Versicherer sein Geld für dessen Kapitalanlagen zur Verfügung. Wenn der Versicherer eine Rendite erzielt, ist es doch nur angemessen, dass der Kunde davon einen fairen Anteil erhält." Axel Kleinlein empfindet die Kürzungen als regelrechten Betrug am Kunden, der durch das von der Bundesregierung verabschiedete Reformpaket sogar legitimiert und damit legalisiert wird.
Nicht hinnehmbar: Kunden sollen Fehler der Versicherer ausbügeln
Dass die nicht ausgezahlten Gelder ja wiederum anderen Kunden zugutekommen, weil sie in die Zinszusatzreserve fließen, mit der die Einhaltung der gegebenen Garantieversprechen gewährleistet werden soll, lässt Kleinlein nicht als Argument gelten. Zwar erachtet er den Reserve-Finanzpuffer als durchaus sinnvoll, meint aber: "Es ist aber nicht in Ordnung, wenn gerade die Kunden den Hauptanteil dieser Reserve zahlen sollen. Ursprünglich haben sich ja die Versicherer verkalkuliert." Rückendeckung erhält der BdV-Sprecher dabei von LV-Doktor: "Die aktuelle Öko-Test-Analyse der Bilanzen von 66 deutschen Lebensversicherern hat gerade erst eindrucksvoll bewiesen, dass genügend Geld da ist. Die Versicherer wollen offenbar, dass es auch da bleibt. Nämlich im eigenen Unternehmen. Es ist nicht hinnehmbar, dass ausscheidende Kunden für die Fehler der Unternehmen in der Vergangenheit zur Kasse gebeten werden und die Assekuranzen gleichzeitig Gelder horten."
Kunden sollten sich nicht mit Mini-Beträgen abspeisen lassen
Während der BdV fordert, dass die Kunden "verursachungsgerecht" an den Buchgewinnen beteiligt werden sollen und die Berechnung der Überschüsse zudem transparenter erfolgen muss, raten die Verbraucherschützer von LV-Doktor zum Handeln. Nach ihrer Auffassung sollten Kunden sich nicht mit der Aussicht auf mickrige Auszahlungen am Laufzeitende zufrieden geben und prüfen, ob es für die persönliche Situation ratsam ist, gegebenenfalls vorzeitig die bestehende Lebensversicherung kündigen zu lassen. Auf diese Weise umgehen Versicherungsnehmer weitere Kürzungen und im schlimmsten Fall sogar den Kapitalverlust. Dass dieser durchaus möglich ist, hatte jüngst erst die Ratingagentur Moody's wieder in Erinnerung gebracht und vor einem Kollaps der Lebensversicherungsbranche eindringlich gewarnt.
Wer seine Lebensversicherung kündigen möchte, sollte nicht blind handeln, sondern vorab seinen Vertrag gründlich prüfen. Dies ist beispielsweise mit dem kostenfreien Rückkaufswertrechner möglich.