Gesetzgebung ein Flickenteppich
Das Gutachten stellt letztlich eine schallende Ohrfeige für die Politik dar, den mit Ausnahme des Landes Schleswig-Holstein hat sich bisher kein Bundesland willens oder in der Lage gesehen, ein Glücksspielgesetz vorzulegen, das in puncto Wettbewerbsrecht, Suchtbekämpfung und Spielerschutz Bestand haben wird. Zeit genug hatte die Politik jedenfalls. Nach zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen sollte der im Dezember 2011 unterzeichnete erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag eigentlich der Durchbruch sein. Denn die Juristen der EU hatten den deutschen Landesfürsten - wieder mit Ausnahme Schleswig-Holsteins - ins Stammbuch geschrieben, dass die derzeitige Gesetzgebung ein Flickenteppich sei. Noch immer könnten viele Spielerinnen oder Spieler auf Online-Spielmöglichkeiten im Ausland ausweichen, so dass die versuchte staatliche Monopolisierung nicht mehr der effektiven Bekämpfung der Spielsucht diene.
All die Bemühungen der Ministerpräsidenten waren Murks, sonst hielte die anerkannte Monopolkommission jetzt nicht "eine grundsätzliche Überarbeitung für notwendig". Langjährige Kenner der Materie sind schockiert, wie unbeirrbar Beck (Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz) und Co. in Sachen Glücksspielregulierung verfahren. Die Glücksspielbranche reagiere "unisono mit entsetztem Kopfschütteln", so Dr. Wulf Hambach, Gründungspartner der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte in München, gegenüber PokerStrategy.com: "Das kann nicht wahr sein, dass eine so lange Evaluierung stattgefunden hat, mit Anhörungen in Mainz im Jahr 2010, und dann kommt so etwas Industriefeindliches dabei raus. Jeder Anbieter, mit ich gesprochen habe - wirklich jeder - sieht darin eine schallende Ohrfeige."
Vorbild Schleswig-Holstein
Was moniert die Monopolkommission im Einzelnen? Durch den neuen Staatsvertrag werde das staatliche Monopol im Sportwettenmarkt in engen Grenzen liberalisiert. Die neue Experimentierklausel zur Konzessionierung privater Sportwettenanbieter wird zwar begrüßt, doch der Ansatz werde nicht konsequent verfolgt. "Die gewählte Spieleinsatzsteuer macht ein Angebot in Deutschland weiter unattraktiv und bevorzugt Anbieter aus dem Ausland. Stattdessen wäre eine Besteuerung der konzessionierten Anbieter auf Grundlage des Rohertrags nach dem Vorbild Schleswig-Holstein deutlich vorzuziehen", so das Gutachten. Außerdem spricht sich die Monopolkommission gegen die vorgesehene Beschränkung der Anzahl möglicher Konzessionen aus. Zudem solle die Experimentierklausel auch auf andere Spielformen mit wachsenden Graumärkten wie Online-Poker und Online-Casinospiele ausgeweitet und mit entsprechenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht verbunden werden.
Falsche Ziele der Gegner
In wohlgesetzten Worten erhebt die Monopolkommission den Vorwurf, dass es den Gegnern der Glücksspielregulierung, wie sie von der christlich-liberalen Landesregierung in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht wurde, nicht vorrangig um "die gesellschaftliche Effizienz bei der Regulierung der Glücksspielmärkte" gegangen sei. Eine Vielzahl der mit der Regulierung des Glücksspiels vorgenommenen Beschränkungen oder Liberalisierungen der Märkte lasse sich eher durch historische Rigiditäten und fiskalische Interessen als durch konsequente Verfolgung der gesellschaftlichen Ziele - wie z. B. Bekämpfung der Spielsucht, Spielerschutz etc. - erklären.
Auf Zustimmung traf das Gutachten derweil beim Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp: "Wie richtig es war, für Schleswig-Holstein ein eigenes Gesetz auf den Weg zu bringen, beweist das aktuelle Gutachten der Monopolkommission. Ich verstehe nicht, warum die neue Regierung das Rad zurückdrehen und das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz ad acta legen möchte."