im Namen des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) fordere ich Sie als zuständigen Minister auf, nicht nur Sympathiekundgebungen für die hausärztliche Versorgung der Bevölkerung zu tätigen, sondern endlich wirksame Beschlüsse für eine qualitativ hochstehende und flächendeckende hausarztzentrierte Versorgung zu treffen. Gerade die derzeitige Diskussion über die Verwendung der riesigen Überschüsse der Krankenkassen bietet dazu einen hervorragenden Anlass.
Der BHÄV fordert deshalb:
Als wirkungsvolle Strukturmaßnahme, allen Versicherten, die sich freiwillig in diehausarztzentrierte Versorgung einschreiben, die vierteljährige Praxisgebühr zu erlassen.
Als weitere Struktur- und existenzsichernde Maßnahme die unverzügliche Streichungdes Absatzes 5 im 73 b neu SGB V. Die Bundesregierung hat diesen Absatz unter derFederführung des damaligen Gesundheitsministers Dr. Philipp Rösler und der CDU inden §73 b SGB V eingefügt, unter der Annahme eines zu erwartenden Defizits derKassen von 11 Milliarden Euro. Jetzt stehen 20 Milliarden Euro Überschüsse zur Disposition.Der § 73 b SGB V in seiner ursprünglichen Fassung war ein geeignetes Instrument,kurzfristig jungen Ärzten als Hausärzten eine gesicherte Existenz zu ermöglichenbei gleichzeitiger qualitativer Verbesserung der Versorgung. Mit dem § 73 b SGB V neu hat dagegen der hausärztliche Nachwuchs keinerlei nachhaltige wirtschaftliche Perspektive.
Wir bitten Sie, sich dafür einzusetzen, dass in der medizinischen Ausbildung als weitere nachwuchsfördernde Maßnahme neben Innere und Chirurgie ein Pflichtquartalin der Allgemeinmedizin eingeführt wird.
Wir fordern die Möglichkeit, Hausarztzentren in Form rein allgemeinärztlicher Versorgungszentrendurch Hausärzte errichten zu können. Nur dadurch können wir sowohlauf dem Land, aber auch in den Städten durch geordnete und flexible planbare Arbeitsmodelle den geänderten Nachwuchsbedingungen gerecht werden und denPatienten den persönlichen Hausarztkontakt erhalten.
Sehr geehrter Herr Minister, in Bayern ist jeder dritte Hausarzt über 60 Jahre alt und wird in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Weil es kaum Nachfolger gibt, schließt in Bayern schon jetzt jede Woche eine Hausarztpraxis für immer. Ähnlich ist die Situation in den anderen Bundesländern. Sie selbst haben den drohenden Versorgungsnotstand erkannt und Gegenmaßnahmen gefordert.
Ich zitiere aus einer Ihrer Reden: „Wenn ich mir den Altersschnitt in einigen Regionen anschaue, dann wissen wir, was in den nächsten fünf oder zehn Jahren auf uns zukommt. Deshalb müssen wir jetzt dagegen steuern.“
Ihre Anamnese und Diagnose sind zutreffend. Jetzt gilt es, die richtige Therapie einzuleiten. Die wichtigsten vier Eckpunkte habe ich skizziert. Die von Ihnen vorgesehenen Maßnahmen im Versorgungsstrukturgesetz reichen dagegen bei Weitem nicht aus. Wie Sie selbst eingeräumt haben, ist die Situation prekär, auch wenn Kassenfunktionäre etwas anderes behaupten.
Die hausärztliche Nachwuchssituation erfordert deshalb schnelle und wirkungsvolle Entscheidungen von den politisch Verantwortlichen. Die Bevölkerung ist nicht nur zu über 90 Prozent mit ihren Hausärzten zufrieden, wie viele Studien zeigen, die Wählerinnen und Wähler erwarten auch, dass die flächendeckende medizinische Versorgung über Hausärzte auch in Zukunft sichergestellt ist. Jetzt ist die Politik gefragt, und die Politik wird auch an ihren
Maßnahmen zukünftig gemessen werden.
Sehr geehrter Herr Minister, sehr gerne erläutern meine Kollegen und ich Ihnen unsere Argumente auch zeitnah in einem persönlichen Gespräch.
Ich freue mich auf ein Gesprächsangebot
und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Dr. Dieter Geis
Vorsitzender Bayerischer Hausärzteverband e.V.