45 Prozent arbeiten nicht nicht ihrer Ausbildung entsprechend
Die Studie beinhaltet verschiedene Untersuchungsansätze, die bestätigen, dass bei vielen Beschäftigten ein bedeutender Teil der während der Ausbildungsphase angeeigneten beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse ungenutzt bleiben. Gemäß der so genannten HIS-Absolventbefragung bewerten nur 45 Prozent der Hochschulabsolventen mit einem Bachelorabschluss in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ihre ausgeübte Tätigkeit bezogen auf Inhalt und Anforderungsniveau als voll adäquat zu ihrer Ausbildung (gegenüber 79 Prozent mit einem Master/Diplom in den MINT-Fächern). 34,6 Prozent der Schlosser und Werkzeugmacher arbeiten laut IAB an einem Arbeitsplatz, der als nicht fachadäquat einzustufen ist. Außerdem kommt die Studie anhand eigener Schätzungen zu dem Ergebnis, dass das Risiko einer unterwertigen Beschäftigung bei befristeten Verträgen und Teilzeitbeschäftigung mit 27,8 Prozent und 22,6 Prozent deutlich erhöht ist (bei einem Durchschnittswert von 17,6 Prozent).
Unterschiedliche Verwertungschancen von Ausbildungen
Ursachen für das hohe Ausmaß der Beschäftigung unterhalb des Niveaus der individuellen Qualifikation sowie die ungleiche Betroffenheit gibt es verschiedene, so die Studie. Relevant seien unterschiedliche Verwertungschancen einzelner Ausbildungs- und Studiengänge, aber auch gruppenspezifische Benachteiligungen (z.B. bei Personen mit Migrationshintergrund) oder atypische Beschäftigungsverhältnisse (Befristungen, Teilzeit, Mini-Jobs).
Entwertung durch fehlende Weiterbildung
Relevant seien aber insbesondere auch Arbeitsorganisation und Personalpolitik, die vorhandene Qualifikationen nicht nutzen und entwickeln. Beispiele hierfür seien: Der Ingenieur der nicht entwickelt, sondern durch Routineaufgaben in der Verwaltung oder der Fertigung gebunden ist. Der Facharbeiter dessen ursprüngliche Qualifikation an Wert verliert, da er keine Weiterbildung erhält.
Der Autor der Studie, Ralf Rukwid von der Universität Hohenheim, betont: "Die Untersuchungen ergeben, dass in Deutschland mehr als jede sechste Arbeitskraft mit einem berufsqualifizierenden Bildungsabschluss als unterwertig beschäftigt bzw. überqualifiziert einzustufen ist (17,6 Prozent). Bei den Akademikern liegt der Anteil aktuell etwas höher als bei den Nicht-Akademikern (18,9 Prozent gegenüber 17,2 Prozent im Jahr 2010). Zudem hat sich der Anteil der unterwertig beschäftigten Akademiker seit Mitte der 1980er Jahre deutlich erhöht. Die Befunde deuten demnach sowohl auf Ebene der Hochschul- als auch der Ausbildungsabsolventen auf beträchtliche Qualifikationsreserven hin. Diese ungenutzten Reserven sind als problematisch anzusehen - sowohl für die individuell Betroffenen als auch die Volkswirtschaft insgesamt."