Staatliche Eingriffe notwendig?
Durch Instabilitäten auf den Finanzmärkten und bestimmten Phänomenen auf den internationalen Agrarrohstoffmärkten werden seit Ende des letzten Jahrzehnts verstärkt staatliche Markteingriffe gefordert. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den osteuropäischen Transformationsländern mit einem eingeschränkt funktionierenden institutionellen Regelwerk zu. Einerseits ist es unstrittig, dass ein eingeschränktes Funktionieren von Märkten bzw. Marktversagen notwendige staatliche Markteingriffe rechtfertigen kann. Auf der anderen Seite besteht durch nicht-marktkonforme Eingriffe des Staates in die Preisbildung und Ausübung von Marktmacht die erhebliche Gefahr, dass Agrarmärkte nicht besser sondern schlechter funktionieren.
Abbau von administrativen Handelsbarrieren
Anhand der Ergebnisse mehrerer wissenschaftlicher Untersuchungen hat sich gezeigt, dass politisch verordnete Markteingriffe in die Weizenmärkte Russlands, der Ukraine und Serbiens ineffizient sind und aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu hohen ökonomischen Kosten führen. Auf den Agrarmärkten in Serbien und Russland wurde das Ziel einer Verbraucherpreisstabilisierung gänzlich verfehlt. Vielmehr wurde der Ernährungsindustrie durch eine geschickte Lagerhaltungs- und Fehlinformationspolitik die Möglichkeiten eröffnet, sich zu Lasten der Verbraucher zusätzliche Profite anzueignen. Des Weiteren wurde festgestellt, dass in einigen Regionen der Ukraine die Milchindustrie ihre günstige Marktposition ausnutzt, um gegenüber den landwirtschaftlichen Rohmilchproduzenten Preisdumping auszuüben. Hier könnten ein Abbau von administrativen Handelsbarrieren, der Ausbau von Transportinfrastruktur und das Bemühen um alternative Vermarktungskanäle der Situation entgegenwirken. Anders als im Milchsektor konnte jedoch für die fleischverarbeitende Industrie der Ukraine kein Preisdumping gegenüber den Fleischerzeugern festgestellt werden.
Die richtig Agrarmarktpolitik
Insgesamt wurde durch die empirischen Studien herausgefunden, dass staatliche Eingriffe in die Märkte zur Behebung vermeintlicher Fehlallokationen diese strukturellen Probleme gerade begünstigen. Die Gefahr, dass Marktregulierungen des Staates zu nachhaltigen Störungen der Marktfunktion mit entsprechenden Konsequenzen für den Agrar- und Ernährungssektor und die Verbraucher sowie die globale Ernährungssicherung führen können, muss stets berücksichtigt werden. Deshalb empfiehl IAMO-Direktor Thomas Glauben: „Agrarmarktpolitik sollte sich, gerade in Ländern der wirtschaftlichen Transformation, auf wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen sowie direkte ernährungssichernde Maßnahmen bei ärmeren Haushalten konzentrieren.“