Mehr Transparenz im Internet
Börsennotierte Unternehmen stehen vor der Herausforderung, einem veränderten Kommunikationsstil und höheren Informations- und Transparenzanforderungen im sozialen Netz zu begegnen und neue Plattformen in die Kommunikation mit Anlegern, Analysten und Finanzjournalisten einzubeziehen. Das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig hat in einer internationalen Benchmark-Studie die Social-Media-Aktivitäten der Finanzkommunikatoren und Investor-Relations-Verantwortlichen von 190 börsennotierten Unternehmen aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich und Japan untersucht. Die Ergebnisse wurden erstmals im Rahmen der Jahreskonferenz des National Investor Relations Institute (NIRI) vor Teilnehmern aus mehr als 30 Ländern in Seattle (USA) vorgestellt. Der vollständige Ergebnisbericht steht unter Opens external link in new windowwww.slideshare.net/... im Internet zur Verfügung.
Standardmäßig implementiert
Die internationale Studie zeigt, dass Social-Media-Anwendungen auf der Investor-Relations-Website inzwischen standardmäßig implementiert sind. Externe Social-Media-Plattformen sind weniger in die Online-Finanzkommunikation integriert. RSS Feeds und Webcasts gehören zu den am stärksten genutzten Anwendungen auf der Website, Twitter und LinkedIn erfreuen sich als externe Plattformen der größten Beliebtheit. Im Mehrjahresvergleich der Börsenindizes haben deutsche Unternehmen deutlich aufgeholt und liegen hinsichtlich der Social-Media-Aktivitäten gleichauf mit ihren US-amerikanischen Wettbewerbern. Mobile Anwendungen werden sogar stärker seitens deutscher Blue Chips angeboten. Die im Dow Jones Industrial Average in den USA notierten Aktiengesellschaften nehmen international eine Vorreiterrolle bei dialogischen Anwendungen ein. Börsennotierte Unternehmen aus Großbritannien und Frankreich haben ihr Engagement seit dem letzten Jahr ebenfalls intensiviert, liegen jedoch hinter ihren US-amerikanischen und deutschen Wettbewerbern. Unternehmen des japanischen NIKKEI sind im sozialen Netz deutlich zurückhaltender als ihre internationalen Peers. Mobile Anwendungen werden insgesamt noch unzureichend seitens der Investor Relations zur Verfügung gestellt.
Technische Plattformen und personelle Ressourcen benötigt
Die Analyse der Entwicklungsdynamik zeigt, dass dialogische Plattformen (beispielsweise Blogs, IR-Chats oder Anwendungen mit Feedbackmöglichkeit), die eine neue Qualität der Kommunikation ermöglichen, zwar verstärkt zum Einsatz kommen, jedoch immer noch unterrepräsentiert sind. Ansgar Zerfaß, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig, betont die Herausforderungen, die dialogische Kommunikation im Internet mit sich bringt: "Für Online-Dialoge benötigen Unternehmen nicht nur technische Plattformen, sondern vor allem personelle Ressourcen, interne Strukturen, eine klare Online-Strategie sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, in einen kommunikativen Austausch auf Augenhöhe mit ihren Stakeholdern im Netz zu treten." Kristin Köhler, Projektleiterin der IR-2.0-Studie, ergänzt: "Der Kommunikationsstil ist ebenso von Bedeutung. Beziehungen können nur durch einen argumentativen Stil aufgebaut werden. Investor Relations als stark verrechtlichter und sensibler Bereich ist relativ langsam und konservativ in der Adaption neuer Kommunikationsformen. Der persönliche Austausch mit Investoren und Analysten bei One-on-Ones oder Roadshows ist jedoch bereits etablierte Praxis. Diese Offline-Erfahrungen können in die Online-Finanzkommunikation eingebracht werden", so die Wissenschaftlerin.