Carlo Schindhelm erhält Journalistenpreis
„Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“ – unter diesem Motto verleiht ph e.v. jedes Jahr einen mit 3 000 Euro dotierten Journalistenpreis. Dieses Jahr ging er an Carlo Schindhelm, der das Thema Lungenhochdruck gleich zwei Mal aufgegriffen hat: in einem Radiobeitrag für den Bayerischen Rundfunk und in einem TV-Beitrag für das BR-Fernsehen, auch online bei BR24 veröffentlicht. In beiden Arbeiten stellt Schindhelm die junge Patientin Smilla vor, die sich aktiv mit ihrer Krankheit Lungenhochdruck auseinandersetzt, trotz Einschränkungen den Mut nicht verliert und ihr Leben genießt. Der 1. Vorsitzende von ph e.v., Hans-Dieter Kulla, würdigte bei der Preisverleihung im Rahmen des Patiententreffens sowohl die weite Verbreitung der Beiträge über verschiedene Medien als auch ihre authentische und emotional ansprechende Gestaltung. Carlo Schindhelm gab das Lob an Smilla weiter und dankte ihr für ihre Offenheit: „Sie hat etwas zu erzählen.“
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Diagnose kommt häufig zu spät
Lungenhochdruck, fachsprachlich pulmonale Hypertonie (PH), ist ein Oberbegriff für eine Gruppe von Krankheiten, welche die Lunge und das Herz betreffen. Allen gemeinsam ist, dass die Blutgefäße der Lunge verengt sind, wodurch der Blutdruck in den Lungengefäßen zwischen rechter und linker Herzkammer ansteigt. Dies führt zu einer Durchblutungsstörung der Lunge, zu einer verschlechterten Sauerstoffaufnahme und zu einer zunehmenden Überlastung der rechten Herzkammer bis hin zum Herzversagen. Meist ist die Krankheit fortschreitend; unbehandelt kann sie zu einem frühzeitigen Tod führen. Menschen mit Lungenhochdruck sind kurzatmig und körperlich wenig belastbar – Symptome, wie sie bei vielen Krankheiten auftreten. Dies macht es schwierig, PH rechtzeitig zu erkennen. „Die Diagnose kommt häufig zu spät“, erklärte Professor Ekkehard Grünig, Leiter des Zentrums für Lungenhochdruck am Universitätsklinikum Heidelberg, der die Moderation des Patiententreffens übernahm. Gemeinsam mit ihm führte Daniela Moritz aus Eschborn durch den Hauptvortragsblock. Selbst PH-Patientin und Mitglied von ph e.v., appellierte sie an Betroffene und Angehörige, sich zu vernetzen: „Wir sind nicht viele – umso mehr brauchen wir jeden Einzelnen.“
Filme veranschaulichen persönliche Erfahrungen
Zwei Einzelne, die gemeinsam stärker sind, stellten in Frankfurt ihre Beiträge zur Aufklärung der Öffentlichkeit vor: Petra Otto leidet an pulmonal arterieller Hypertonie (PAH), Markus Otto nach einer Lungenembolie an chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH). Die beiden lernten sich vor zehn Jahren beim PH-Patiententreffen kennen und sind inzwischen miteinander verheiratet. Auf Anregung von Hans-Dieter Kulla entstanden zwei kurze Filme, in denen sich Petra und Markus Otto vorstellen und über ihre eigenen Erfahrungen berichten. Ergänzend sind Informationen über PH eingeblendet. Beiden Patienten ist es wichtig, trotz physischer und psychischer Belastungen ein aktives Leben zu führen. Wie Petra Otto im Film erzählt, macht es ihren Alltag schwierig, dass Außenstehende ihr die Krankheit auf den ersten Blick nicht ansehen, obwohl sie als schwerbehindert eingestuft ist. „Unser Anliegen ist, der Krankheit Lungenhochdruck ein Gesicht zu geben“, erklärte Markus Otto bei der Filmvorführung. „Wir bieten uns als Gesprächspartner für Betroffene, Angehörige und Interessierte an.“
Luftnot beim Bücken kann auf Lungenhochdruck hinweisen
Die Forschung zum Lungenhochdruck hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. So sind bei der Diagnostik und Therapie interessante Entwicklungen zu verzeichnen; aktuelle laufende und geplante Studien versprechen weitere Erkenntnisse. Die wissenschaftlichen Vorträge beim PH-Patiententreffen behandelten ein breites Spektrum von Themen von der Lungentransplantation bis hin zu PH in Verbindung mit anderen Lungenkrankheiten.
Über Neues zur Definition und Diagnostik der PH berichtete Professor Horst Olschewski, Leiter der Klinischen Abteilung für Pulmonologie der Universitätsklinik für Innere Medizin Graz. Das sechste „World Symposium on Pulmonary Hypertension“ 2018 in Nizza hat eine Neuerung bei der hämodynamischen Definition des Lungenhochdrucks gebracht: Der Grenzwert für den pulmonal arteriellen Mitteldruck (mPAP), ab dem eine pulmonale Hypertonie zu diagnostizieren ist, liegt nun bei höher als 20 mmHg statt wie zuvor höher als/gleich 25 mmHg. Nach dieser Definition steigt die Zahl der PH-Patienten insgesamt deutlich. Die einzelnen Klassen der PH sind allerdings unterschiedlich betroffen: Während die Zahl der PAH-Patienten kaum zunimmt, steigt die Zahl der Patienten mit PH durch Herz- und Lungenerkrankungen massiv. Auch ist eine erhebliche Zunahme unspezifischer Befunde zu erwarten. Was die Diagnose des Lungenhochdrucks betrifft, verwies Professor Horst Olschewski darauf, dass die gemeinhin aufgeführten Symptome unspezifisch oder aber selten sind und/oder erst spät auftreten. Er plädierte dafür, niedergelassenen Ärzten ein klares Muster zum Erkennen der Krankheit zu vermitteln: Zu den wichtigsten Hinweisen gehören die Vermeidung von körperlicher Belastung im Alltag und Luftnot bei ungewohnten Betätigungen. Besonders ist auf Atemnot in gebückter Haltung zu achten – beispielsweise beim Staubsaugen. Eine ärztliche Untersuchung setzt das Wissen um Risikoerkrankungen wie Lungenembolie oder Sklerodermie voraus. „Goldstandard für die Diagnose der pulmonalen Hypertonie ist und bleibt die Rechtsherzkatheter-Untersuchung.“ Horst Olschewski schloss seinen Vortrag mit der Devise „Diagnostik vor Therapie“.
Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt bleibt unverzichtbar
Professor Ekkehard Grünig erörterte die aktuelle Therapie der PAH und CTEPH und stellte neue Studien vor. Zur Behandlung des Lungenhochdrucks sind derzeit Medikamente aus sechs Wirkstoffklassen verfügbar; in Deutschland sind elf Medikamente zugelassen. Bei Patienten mit neu diagnostizierter pulmonal arterieller Hypertonie und niedrigem oder intermediärem Risiko ist von vornherein eine Kombinationstherapie zu empfehlen, bei Hochrisikopatienten zusätzlich ein sofort intravenös verabreichtes Prostazyklin-Analogon. Inzwischen gilt es allerdings auch als vertretbar, dass ein Patient bei einer Monotherapie bleibt, beispielsweise bei niedrigem Risiko und gutem Erfolg der Langzeitbehandlung. Im Fall einer Verschlechterung rät Ekkehard Grünig dazu, die Diuretika-Dosis zu erhöhen, nicht mehr als 1 bis 1,5 Liter pro Tag zu trinken und die Nierenwerte zu kontrollieren sowie ein zusätzliches Medikament zu verabreichen. Weitere Optionen werden derzeit erforscht. So plant das Zentrum für Lungenhochdruck am Universitätsklinikum Heidelberg unter anderem Studien zur Langzeitbehandlung mit Sauerstoff sowie zur Wirkung körperlichen Trainings. Abschließend hob Professor Grünig die Bedeutung des persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts hervor – dieser lässt sich durch Informationen aus dem Internet keinesfalls ersetzen.
Lässt sich Lungenhochdruck an der Atemluft erkennen?
Wie können Mediziner Lungenhochdruck zukünftig früher und leichter diagnostizieren? Ausgehend von dieser Frage berichtete PD Dr. Henning Gall vom Schwerpunktbereich Pneumologie der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Gießen über die Studie EARLIER, die sich mit der Möglichkeit einer Früherkennung der PH durch eine Atemluftmessung befasst. Grundlage ist die sogenannte Kapnographie, ein bei der Überwachung einer Narkose standardmäßig eingesetztes medizinisches Verfahren, das den Kohlendioxidgehalt in der Ausatemluft des Patienten ermittelt. Die Kapnographie ist nichtinvasiv, ungefährlich und einfach durchzuführen. Mit diesem Verfahren lässt sich eine Lungenembolie mit einer Genauigkeit von 0,84 Prozent diagnostizieren. Welche Dienste die Kapnographie bei der Diagnose von Lungenhochdruck leistet, wird die Studie EARLIER zeigen. Wie Dr. Henning Gall im Übrigen berichtete, bekommt jeder 50. Lungenembolie-Patient eine CTEPH.
Mit pulmonaler Hypertonie bei angeborenen Herzfehlern befasste sich der Vortrag von Professor Ingram Schulze-Neick, Leiter Kinderkardiologische Ambulanz, Zentrum für Lungenhochdruck im Kindesalter und bei EMAH des Klinikums der Universität München. EMAH steht für „Erwachsene mit angeborenem Herzfehler“; fünf bis zehn Prozent dieser Patienten entwickeln eine pulmonale Hypertonie. Anders als bei der PAH sind die schädigenden Faktoren bekannt, eine wirksame Behandlung ist allerdings nur in Expertenzentren für EMAH möglich.
Ergänzend zu den wissenschaftlichen Vorträgen standen verschiedene Workshops auf dem Programm des PH-Patiententreffens. In kleinen Gruppen konnten sich Betroffene und Angehörige über spezielle Themen wie Umgang mit Prostazyklinen, Ballonangioplastie oder Impfprophylaxe, aber auch Selbstwahrnehmung oder Flugreisen bei PH sowie Fragen rund um Pflegegrade, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung informieren und austauschen. Ein Kulturprogramm mit dem Comedian Lars Sörensen rundete das Wochenende ab.
ph e.v. sagt Danke!
Für die freundliche Unterstützung des 22. PH-Patiententreffens dankt pulmonale hypertonie e.v. den Fördermitgliedern Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH Freiburg, Bayer Vital GmbH Leverkusen und MSD Sharp & Dohme GmbH Haar sowie GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG München und OMT GmbH & Co. KG Minden. Für die Versorgung der Sauerstoffpatienten bedankt sich der Verein bei den Firmen air-be-c Medizintechnik GmbH Gera, Linde Gas Therapeutics GmbH Oberschleißheim, Löwenstein Medical GmbH & Co. KG Bad Ems, VitalAire GmbH Lünen und VIVISOL DEUTSCHLAND GmbH Arnstadt. Ein besonders herzlicher Dank geht an Professor Ekkehard Grünig, Leiter des Zentrums für Lungenhochdruck am Universitätsklinikum Heidelberg, der auch 2019 die Programmgestaltung unterstützte.
Sibylle Orgeldinger