Der Senat widmete sich der Frage, wann denn überhaupt eine Verdachtsberichterstattung vorliege und wann Journalisten im Rahmen einer freien Meinungsäußerung die Regeln zur Verdachtsberichterstattung außer Acht lassen dürfen.
Im vorliegenden Fall hatte der Verfügungskläger ein zu diesem Zeitpunkt noch nicht unter Denkmalschutz stehendes Bauwerk vorsätzlich zerstört. Dieses Verhalten hielt der Beklagte für ordnungswidrig, obwohl sich diese Ordnungswidrigkeit nur daraus hätte ergeben können, dass dem Verfügungskläger der Bescheid, mit dem das Bauwerk unter Denkmalschutz vorher bekannt gegeben worden wäre. Dies war aber unstreitig nicht der Fall. Der Verfügungskläger wehrte sich somit gegen den im Bericht des Beklagten „zwischen den Zeilen“ transportierten, unzutreffenden Eindruck, er habe ein denkmalgeschütztes Bauwerk zerstört und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen.
Diese Bewertung sei jedoch zulässig, so das OLG Köln. Die Zerstörung des Bauwerks habe stattgefunden, die Bewertung dieses Verhaltens als ordnungswidrig sei mangels weiterer Details als bloße Meinungsäußerung zu verstehen.
Rechtsanwältin Birgit Rosenbaum, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz und Partnerin bei LHR – Kanzlei für Marken, Medien, Reputation: „Das OLG Köln ist der Ansicht, dass in Fällen in denen die Tatsachen feststehen, die rechtliche Bewertung aber zweifelhaft ist, keine Verdachtsberichterstattung vorliege. Sofern die Medien unstreitige Tatsachen darstellen und über die rechtliche Beurteilung nur mutmaßen, handele es sich um Meinungsäußerungen – nicht um Verdachtsberichterstattung.“
Bevor es kompliziert wird: Die Unschuldsvermutung gilt für jeden. Sobald im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung berichtet wird, dann sind strenge Regeln einzuhalten. Wenn z.B. in der Zeitung steht, der A habe das Auto des B zerkratzt, dann braucht der Leser keine Erläuterung in strafrechtlicher Hinsicht mehr.
Rosenbaum: „Die Position des OLG Köln eröffnet die Möglichkeit, Artikel so zu formulieren, dass keine Verdachtsberichterstattung vorliegt, obwohl inhaltlich genau über einen solchen Verdacht berichtet wird. Die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen können dadurch schwer beeinträchtigt werden. Zudem kommen sie in eine prozessual ungünstige Darlegungs-/Beweislage. Das halte ich als Rechtsanwältin für sehr bedenklich.“