Die junge Frau hatte bereits 2012 das 2. Staatsexamen bestanden, aber erst 2014 die Anwaltszulassung beantragt. Die Rechtsanwaltskammer erinnerte sich eines ungebührlichen Verhaltens und sprach der Assessorin die Befähigung zum Anwaltsberuf und zum Richteramt ab. Während ihrer Ausbildung war es zu einem heftigen Streit mit ihrem Ausbilder gekommen. Die Frau hatte sich aufgrund eines schlechten Zeugnisses in Rage gemailt und ihren Ausbilder wirklich übel beschimpft. Im Beleidigungsverfahren vor dem Amtsgericht Aachen hatte die Angeklagte wenig Einsicht gezeigt und auch die Staatsanwältin wegen deren Weigerung, das Verfahren einzustellen, bös beleidigt.
Die Kammer wertete das Verhalten als Versagungsgrund nach § 7 Nr. 5 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), der Anwaltsgerichtshof und auch der BGH konnten keine Verfahrensfehler erkennen. Vor dem Bundesverfassungsgericht rechnet sich die streitbare Juristin jedoch gute Chancen darauf aus, ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Grundgesetz (GG) durchsetzen. Mit dieser Einschätzung steht sie nicht allein da.
Der Deutsche Anwaltverein hat in einer Stellungnahme ausgeführt, dass nicht gleich jede strafrechtliche Verurteilung zur Feststellung der Unwürdigkeit führen dürfe. Vielmehr habe die Kammer die Umstände der betreffenden Aktion selbst prüfen müssen. Zudem würden Normen angewendet, die normalerweise bei der Prüfung der Aberkennung der Anwaltschaft Anwendung finden, nicht aber bei der Verweigerung der Zulassung. Auch müsse zwischenzeitliches Wohlverhalten in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Rechtsanwalt Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei LHR - Kanzlei für Marken, Medien, Reputation: "Sicher kann man hier die Motivation beider Seiten verstehen, trotzdem muss gerade ein Verfahren, das über die Zukunft eines Menschen entscheidet, juristisch auf sicherem Fundament stehen. Den Ausführungen des Anwaltvereins ist wenig hinzuzufügen."