Hintergrund könnte die verabschiedete Reform der Verbraucherinsolvenz sein. Die Reform der Verbraucherinsolvenz wurde im Bundesgesetzblatt am 18.07.2013 verkündet und wird zum 01.07.2014 in Kraft treten. Die Neuregelungen gelten dann für alle Verfahren, die nach dem 01.07.2014 eröffnet werden.
Kern der Neuregelungen waren die Bemühungen der Bundesregierung überschuldeten Verbrauchern einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang über ein Insolvenzverfahren zu ermöglichen. Nach dem noch geltenden Recht können überschuldete Verbraucher die im Zeitpunkt der Beantragung des Insolvenzverfahrens bestehenden Verbindlichkeiten durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts nach 6 Jahren erlassen bekommen (Restschuldbefreiung), wenn Sie während der sogenannten Wolhverhaltensphase Ihre Arbeitskraft bestmöglich eingesetzt haben oder dies zumindest versucht haben. Die Schuldenbefreiung, die das Gericht nach 6 Jahren ausspricht wirkt gegenüber allen Gläubigern, die einen Anspruch gegen den Schuldner im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung hatten.
Die Möglichkeit zur Erteilung der Restschuldbefreiung besteht nach der Neuregelung ab dem 01.07.2014 weiterhin. Eine Erteilung der Restschuldbefreiung ist dann aber unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach 3 Jahren möglich. Der Schuldenerlass soll in Verfahren, die nach dem 01.07.2014 beantragt werden, bereits nach 3 Jahren auf einen Antrag des Schuldners hin erfolgen, wenn es ihm gelungen in dieser Zeit 35% seiner angemeldeten und festgestellten Schulden zurückzuzahlen und zusätzlich die Kosten für die Durchführung des Insolvenzverfahrens beglichen hat.
Für wen lohnt sich also das Warten auf die Reform?
Hat ein überschuldeter Verbraucher Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 50.000,00 € müsste er um die Quote von 35% zu erreichen, innerhalb von 3 Jahren 17.500,00 € an den Insolvenzverwalter abführen. Dies würde jedoch nicht ausreichen, da zusätzlich die Kosten für die Durchführung des Insolvenzverfahrens beglichen sein müssen. Die Kosten des Insolvenzverfahrens setzen sich zusammen aus der Vergütung des Insolvenzverwalters und den Gerichtskosten. Hierfür ist im Durchschnitt mit Kosten in Höhe von 3.000,00 € zu rechnen. Im vorliegenden Beispiel müssten also 20.500,00 € aus dem Vermögen des Schuldners oder den pfändbaren Bezügen zur Verfügung stehen. Dies entspricht einem Betrag in Höhe von 569,45 €, der monatlich vom Schuldner an den Insolvenzverwalter abgeführt werden müsste.
Die Berechnung zeigt auf, dass nur wenige überschuldete Verbraucher in den Genuss der vorzeitigen Restschuldbefreiung nach 3 Jahren gelangen werden können.
Für den Großteil der überschuldeten Verbraucher gibt es jedoch gleichwohl eine Erleichterung durch eine Verkürzung des Verfahrens. Ab dem 01.07.2014 kann die Restschuldbefreiung bereits nach 5 Jahren erteilt werden, wenn bis zu diesem Zeitpunkt die Verfahrenskosten vollständig beglichen sind. Bei kalkulierten Verfahrenskosten von etwa 3.000,00 € kann sich ein Ansparen der Kosten selbst aus dem unpfändbaren Einkommen des Schuldners lohnen, um das Verfahren nach 5 Jahren zu beenden. Es müssten dann Rücklagen in Höhe von monatlich 50,00 € gebildet werden.
Vor diesem Hintergrund kann sich ein Warten auf das Inkrafttreten für viele Verbraucher rechnen. Allerdings ist dann die Zeit bis zur Beantragung des Insolvenzverfahrens zu überbrücken. Bis zur Beantragung des Insolvenzverfahrens sind für die Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen weiterhin möglich. Einen Vollstreckungsschutz gibt es erst ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Um die laufenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen sollten überschuldete Verbraucher daher ein P-Konto einrichten, damit der Lebensunterhalt gesichert ist. Weiterhin sollten Verbraucher frühzeitig eine Schuldnerberatungsstelle oder einen Fachanwalt für Insolvenzrecht aufsuchen, da auch nach der Reform der Insolvenzordnung die Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs vor der Beantragung eines Insolvenzverfahrens durchgeführt werden muss.