Wer im August mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf dem etwa 400 km langen RegionsRing zwischen Helstorf und Bennemühlen unterwegs ist, kommt zu einem landschaftlichen Kleinod. Kurz hinter Helstorf führt der Regions-Ring in einen Kiefernwald. Nach wenigen Metern scheint rechts des Weges eine leuchtend purpurn-violette Fläche zwischen den Bäumen hindurch: die "Reiterheide", wie das mit Besenheide bestandene Areal auf trockenem Sanduntergrund genannt wird. Die Besenheide verdankt ihren Namen der Verwendung ihrer zu Besen gebundenen Zweige. Sie ist ein immergrüner, reich verzweigter Zwergstrauch, der relativ langsam wächst und eine Höhe von einem Meter. cm erreicht. Die Pflanze gedeiht auf trockenen bis wechselfeuchten, mageren, kalkfreien Sandböden wie sie am sogenannten "Vesbecker Talrand" vorkommen.
Vesbecker Talrand
Das Gebiet zieht sich an der östlichen Terrasse der Leine als vorwiegend trockener, schmaler Streifen am Leinetal entlang. Eiszeitliche Winde bliesen Flugsande aus den Sandflächen des Leinetals heraus. Talranddünen und ausgedehnte mit Flugsand überlagerte Flächen wie östlich von Helstorf entstanden. Wälder, insbesondere Eichen-Mischwälder ärmerer Standorte, bestimmten einst das Gebiet um Helstorf. Schon vor etwa 5000 Jahren besiedelten Menschen diese hochwassersichere Randlandschaft und betrieben eine einfache Form der Landbewirtschaftung. Hügelgräber südlich der Reiterheide weisen darauf hin. Die ausgedehnten Heidegebiete entstanden erst zwischen dem 12. und 18. Jahrhundert, so auch die Heideflächen zwischen Helstorf und Abbensen. Sie sind überwiegend auf menschliche Bewirtschaftung zurückzuführen.
Plackerei
Großflächiger Holzeinschlag, Brandrodung sowie Ackerbau auf den ohnehin mageren Sandböden führten schnell zur fortschreitenden Verarmung der Böden. Nur noch spezialisierte Arten wie die Besenheide konnten auf den trockenen nährstoffarmen Standorten gedeihen. Regelmäßiger Plaggenhieb förderte zusätzlich diese Entwicklung. Lange Zeit war der Plaggenhieb die einzige Möglichkeit Felder zu düngen. Dazu musste der obere humose Bereich der Heidefläche mit der Vegetation und den Wurzeln abgestochen werden. Die Plaggen wurden dann in den Viehställen als Strohersatz eingesetzt. Anschließend wurde die mit tierischen Ausscheidungen vermischte Einstreu als Dünger auf die hofnahen Felder ausgebracht.
Das Plaggenstechen war Schwerstarbeit. Daher wird der Begriff Plackerei oder sich abplacken noch heute in der Umgangssprache für schwere, mühevolle Arbeit verwandt. Neben der Plaggenwirtschaft konnten die ausgedehnten Heidegebiete landwirtschaftlich nur noch als Schafweide oder für die Imkerei genutzt werden. Die Schafe bevorzugten allerdings die konkurrierenden Gräser und förderten dadurch die weitere Ausbreitung der Besenheide.
Aufforstung in der Heide
Mitte des 18. Jahrhunderts erreichten die Heideflächen im "Weser-Aller-Flachland" ihre größte Ausdehnung. Im Zuge der Verkopplung, einer Vorform der heutigen Flurbereinigung, wurden Ende des 18. Jahrhunderts beziehungsweise Anfang des 19. Jahrhunderts aufgrund der allgemeinen Holzknappheit weite Heidegebiete aufgeforstet. Rund um Helstorf setzte der Trend zum Wald jedoch erst deutlich später ein, da viele Bauern die Heide weiter als Weidefläche für ihre Schafherden benötigten. Die Helstorfer Heide blieb deshalb unangetastet. Ihren heutigen Namen "Reiterheide" erhielt sie aufgrund der Reitturniere, die vom Anfang der 1920er Jahre bis 1995 durchgeführt wurden. Dazu wurde die Besenheide auf dem Areal kurz gemäht, aber dies reichte nicht aus, um eine Überalterung der Heidebüsche und ein stetiges Zuwachsen mit Waldbäumen auf Dauer zu verhindern.
Die Reiterheide natürlich erhalten
Im Jahr 1990 hat deshalb die Region Hannover die Pflege der Heidelandschaft übernommen, die nun - in diesem Herbst - erstmals wieder auf natürlichem Wege durch eine Wanderschäferei durchgeführt wird: Rund 400 Heidschnucken werden die Flächen mit ihrem Appetit kurz halten - auch im benachbarten Naturschutz Blankes Flaat und der Wacholderheide. Die Tiere fressen die frischen, abgeblühten Triebe der Heide ab und sorgen so für eine Verjüngung der Sträucher. Gleichzeitig verbeißen sie auch die kleinen Bäume und andere Sträucher, die sich durch Selbstaussaat in der Fläche angesiedelt habe, dort aber nicht erwünscht sind. "Es ist geplant als Verbindungswege nach vorheriger Rücksprache mit den Wegeeigentümern die Feldwege zwischen Vesbeck und Helstorf zu nutzten. Insgesamt werden dann ca. 16 Hektar Flächen und ca. sieben Kilometer Wegeseitenräume beweidet", kündigte Prof. Priebs an: "Fahrradfahrerinnen und Spaziergänger dürfen sich auf eindrucksvolle Begegnungen auf den Helstorfer Heideflächen freuen - Szenen wie aus früheren Zeiten."
Das Faltblatt "Reiterheide" ist in der Reihe "Neue Chancen für die Natur" erschienen. Es liegt kostenlos im Bürgerbüro der Region Hannover aus und steht unter www.hannover .de als Download bereit.
Wanderschäferei mit Heidschnucken in der Region Hannover
In den vergangenen sonnigen Spätsommerwochen musste man keinen weiten Weg auf sich nehmen, um einen Spaziergang im violett-blauen Heideblütenmeer zu genießen. In der Region Hannover bot sich diese Gelegenheit unter anderem in Neustadt am Rübenberge, wo sich zwei der größten Heideflächen der Region befinden.
Zwischen den Ortschaften Esperke/Warmeloh und Vesbeck liegt das Naturschutzgebiet Blankes Flat. Rund um den Moorsee, der dem Naturschutzgebiet seinen Namen gibt, wächst die Heide auf einer Fläche von ca. 6ha.
Wenige Kilometer südlich davon, in der Gemarkung Helstorf, bietet sich auf der sogenannten Reiterheide das nächste Naturerlebnis. Diese ca. 9ha große Heidefläche hat ihren Namen von den Reitturnieren, die von 1920 bis in die 1990er Jahre dort durchgeführt wurden.
Der Region Hannover ist es nun gelungen, dass in diesem Jahr erstmals seit vielen Jahren wieder eine Beweidung mit Heidschnucken auf den Flächen geben wird. Im Oktober werden die Heideflächen einem Wanderschäfer und seiner Herde von ca. 400 Heidschnucken zur Pflege überlassen. Das Team wird "seinen Einsatz" im Blanken Flat beginnen. Von dort werden die Schafe zur Reiterheide ziehen. Auf dem Weg dorthin liegt eine weitere kleine Heidefläche - das Naturdenkmal Wacholderheide. Auch auf dieser Fläche wird die Heidschnuckenherde weiden. Als Verbindungswege werden nach Rücksprache mit den Wegeeigentümern (Stadt Neustadt, Realverbände, Privatpersonen) die Feldwege und Straßen zwischen Vesbeck und Helstorf genutzt.
Die Heide ist eine historische Kulturlandschaft, die durch die intensive Nutzung ohnehin schon magerer Böden entstanden ist. Großflächiger Holzeinschlag, Brandrodung und Ackerbau führten schnell zur fortschreitenden Verarmung der Böden auf denen nur noch spezialisierte Arten wie die Besenheide (Calluna vulgaris) gedeihen konnten. Regelmäßiger Plaggenhieb zur Gewinnung von Einstreu für die Viehställe förderte diese Entwicklung zusätzlich. Die so entstandenen Heideflächen konnten schließlich nur noch als Schafweiden oder für die Imkerei genutzt werden. Mitte des 18. Jahrhunderts erreichten die Heideflächen ihre größte Ausdehnung in der Region. Seitdem hat durch vermehrte Aufforstung sowie durch die Aufgabe der Plaggenwirtschaft und der Schafbeweidung ein stetiger Rückgang der Heide stattgefunden. Ohne die regelmäßige Weidenutzung wird die Heide zunehmend durch Gräser sowie auflaufende Gehölze verdrängt. Der Erhalt der Heideflächen im Blanken Flat und auf der Reiterheide ist vor allem dem engagierten Einsatz mehrerer ortsansässiger Vereine und der Bevölkerung vor Ort zu verdanken, die durch ihre Aktivitäten, die Pflegemaßnahmen der Region tatkräftig unterstützen.
An beiden Standorten gibt es Informationstafeln, an denen sich Besucher über die Besonderheiten der Heideflächen und ihre Entstehung informieren können.
In diesem Jahr wird nun die Heidschnuckenherde die Pflege der Heideflächen übernehmen. Die Schafe fressen die frischen, abgeblühten Triebe der Heide ab und sorgen so für eine Verjüngung der Sträucher. Gleichzeitig verbeißen sie auch die kleinen Bäume und andere Sträucher, die sich durch Selbstaussaat in der Fläche angesiedelt haben, dort aber nicht erwünscht sind. Größere Gehölze, die nicht mehr von den Schafen verbissen werden können, werden vom Schäfer in Handarbeit aus der Fläche entfernt.
Nach der Beweidung werden die Heideflächen erstmal ein wortwörtlich "abgegrastes" Bild abgeben - im nächsten Jahr können sich die Besucher der Flächen dafür jedoch auf eine umso üppigere Blüte in der verjüngten Heide freuen.