Zu den oft vergessenen Opfern des Holocaust gehören eine halbe Million deutsche Sinti und Roma. Im März 1943 wurden die Sinti aus Niedersachsen in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, unter ihnen 100 Kinder, Frauen und Männer aus Hannover. Der "Sonderzug" für die Fahrt in den Tod stand am Bahnhof Fischerhof in Linden, wo heute ein Mahnmal an "alle Verfolgten des Nationalsozialismus" erinnert.
"Polizeilich zwangsentführt", so widersprüchlich formuliert fand die Entführung und Deportation von Lily Franz, ihren Geschwistern und ihrer Mutter im Zeugnishauptbuch der Volksschule Drispenstedt Erwähnung. Dieses technokratische Wortpaar gab den Titel für das Buch, in dem Lily van Angeren-Franz ihre Lebensgeschichte erzählt. Der Wohnwagen ihrer Eltern stand in Hildesheim am Schwarzen Weg an einem Baggersee. Ihr Vater war Musiker und hatte ein Händchen für Pferde. Die Mutter handelte mit Stoffen, Rüschen und Spitzen. Dazu waren sie viel auf Reisen. In der Nähe von Kassel verhafteten die Nazis ihren Vater. Grundlos und auf Nimmerwiedersehen. Lily überlebte den Massenmord an ihrem Volk in Auschwitz. Ihre Erinnerungen sind eine wichtige Quelle zur Geschichte der Sinti und Roma in der Zeit vor und nach Ende der NS-Diktatur.