Schon seit 1987 erinnert eine Ausstellung im Keller- und Erdgeschoss des denkmalgeschützten Direktorenhauses der Gedenkstätte Ahlem an die bewegte Vergangenheit der ehemaligen Israelitischen Gartenbaumschule: Fast 40 Jahre wurden an der Heisterbergallee jüdische Jungen und Mädchen in Handwerksberufen ausgebildet. Dann kamen die Nazis und missbrauchten den Ort als Sammelstelle für Deportationen. Ab 1943 waren Folter - später Morde - in dem "Polizei-Ersatzgefängnis" für Zwangsarbeiter, politische Häftlinge, Sinti und Roma bis zur Befreiung blutiger Alltag.
Um der historischen Bedeutung des bundesweit einmaligen Erinnerungsortes gerecht zu werden, wird die Gedenkstätte nun zum zentralen Informations-, Bildungs- und Gedenkzentrum ausgebaut. "Dieser Ort soll ein Gedenkort für die 2.500 Menschen, für die Ahlem eine Station in den Tod war, bleiben. Aber vor allem soll er zukünftig auch ein außerschulischer Lern- und Informationsort für die nachwachsenden Generationen sein", erklärte Regionspräsident Hauke Jagau zur Neukonzeption bei der Veranstaltung zum Baubeginn vor rund 200 Gästen.
Für den denkmalgeschützten Altbau haben ein Team aus Historikern, Politologen und Pädagogen sowie die Firma IKON Ausstellungsgestaltung ein neues Ausstellungskonzept erarbeitet: Im Keller des Altbaus sollen die authentischen Verhörzellen aus der Zeit des "Dritten Reiches" sichtbar gemacht werden. Im ersten Obergeschoss der Dauerausstellung wird der Fokus auf Verfolgung und Widerstand während des Nationalsozialismus in der Region Hannover liegen. Das zweite Obergeschoss ist dem deutsch-jüdischen Leben in der von dem Bankier Moritz Simon gegründeten Gartenbauschule gewidmet. Dieser Bereich stellt die Geschichte in den Jahren von 1893 bis 1942, und nach der Befreiung 1945 dar. Das Dachgeschoss bietet Platz für modern ausgestattete Seminarräume. "Wir setzen auf aktive, forschende Besucherinnen und Besucher, denen wir unsere Dokumente mit modernen Medien zugänglich machen möchten", sagte Stefanie Burmeister, Leiterin der Gedenkstätte Ahlem.
In einem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb für die Neugestaltung der Gedenkstätte haben die Architekten Roger Ahrens und Professor Gesche Grabenhorst aus Hannover für ihren Entwurf 2011 den ersten Preis zugesprochen bekommen. Nach ihren Plänen entsteht an der Heisterbergallee ein neues Eingangsgebäude. Durch ein gläsernes Foyer fällt der Blick in den Außenbereich der Anlage, der in seiner Gestaltung Bezug auf den alten Schulgarten nimmt. Er wird vom Landschaftsarchitekt Marcus Cordes gestaltet. Ein Weg parallel zur Heisterbergallee verbindet die unterschiedlichen Bereiche der Dokumentations- und Gedenkstätte miteinander. Im Sockelgeschoss des Neubaus bietet ein Veranstaltungsraum in Zukunft Platz für Sonderausstellungen, Lesungen und Zeitzeugengespräche.
Die Kosten für die Umgestaltung der Anlage belaufen sich auf rund 5,3 Millionen Euro. Die Neueröffnung ist für Juli 2014 geplant.
Gedenkstätte Ahlem sucht Zeitzeugen und historische Fotografien
Das Forscherteam der Gedenkstätte Ahlem braucht die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger: Von der Vorderfront der ehemaligen Israelitischen Gartenbauschule sind kaum Fotografien erhalten. Deshalb bittet die Region Hannover: Durchforsten Sie Ihre Familienalben nach Fotos der Straßenansicht und des Gartengeländes der Schule. Gesucht werden Bilder aus der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Auch mündliche Berichte von ehemaligen Anwohnerinnen und Anwohnern sind gefragt und können dem Team der Gedenkstätte Ahlem aufschlussreiche, neue Erkenntnisse liefern. Erfahrungsberichte über die Geschichte des vorderen Gebäudes sollen aufgezeichnet werden.