Wegen ihrer Botschaft vom herannahenden Weltuntergang, der Lenkung aus den USA und ihrer vermeintlichen Nähe zum Judentum hatten die Zeugen schon seit dem 1. Weltkrieg den Hass völkisch-antisemitischer Kreise auf sich gezogen. Bereits wenige Monate nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurden die Zeugen Jehovas nach und nach in allen deutschen Ländern verboten, in Preußen und der Provinz Hannover am 24. Juni 1933. Als "Wegbereiter des jüdischen Bolschewismus" diffamiert traf die Zeugen Jehovas als erste von vielen Glaubensgemeinschaften das Verbot. Doch beugte sich ein großer Teil ihrer Anhänger nicht.
Trotz des hohen Risikos führten weit mehr als 10.000 Zeugen Jehovas ihre Zusammenkünfte, den Druck ihrer Schriften und ihre Missionsaktivitäten beharrlich fort. Sie verweigerten den "Hitler Gruß" ebenso wie die Mitgliedschaft in der Arbeitsfront oder der Hitler-Jugend. Das Regime reagierte mit aller Schärfe. Vor den Sondergerichten wurden in so genannten Bibelforscherverfahren Tausende von Zeugen abgeurteilt. Besonders unbeugsame Gläubige wurden ab Mitte der 1930er-Jahre zu Hunderten in Konzentrationslager eingeliefert, wo die SS die "Bibelforscher" mit dem "lila Winkel" als eigenständige Haftgruppe kennzeichnete.
Im Krieg ließ die Wehrmachtjustiz 270 Zeugen Jehovas hinrichten. Unter den nach wehrmachtsgerichtlichem Urteil hingerichteten Kriegsdienstverweigerern stellten die Zeugen damit die größte Zahl. Keine andere Religionsgemeinschaft hat mit einer vergleichbaren Geschlossenheit und Unbeugsamkeit dem nationalsozialistischen Druck widerstanden. Doch ihre Motive sind bis heute umstritten.
Dr. Detlef Garbe ist Historiker und Lehrbeauftragter für Zeitgeschichte an der Universität Hamburg. Seit 1989 leitet er die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Garbe hat zahlreiche Schriften zur Geschichte der Konzentrationslager, der Wehrmachtsjustiz und zu marginalisierten Opfergruppen publiziert, darunter das Werk "Zwischen Wiederstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im 'Dritten Reich'" (München 1999).