In Europa ist die Krankheit zwar selten geworden, ausgestorben ist sie aber noch nicht. Das zeigen auch die gestiegenen Fallzahlen in der Region Hannover: Im Jahr 2009 hat der Fachbereich Gesundheit 82 Neuerkrankungen registriert, davon allein 39 im ersten Quartal. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 wurden 67 Fälle gemeldet, im Jahr 2007 66 Fälle. Bis 2006 sind jährlich rund 100 Tuberkulose-Neuerkrankungen in der Region Hannover festgestellt worden.
Der sprunghafte Anstieg sei jedoch nicht besorgniserregend, so Lungenfachärztin Helga Heykes-Uden von der Tuberkulose-Beratungsstelle der Region Hannover: "Die hohe Zahl der neuen Fälle lässt sich möglicherweise auch damit erklären, dass durch die anhaltend kalte Witterung in 2009 viele Menschen unter zum Teil hartnäckigem Husten gelitten haben, geröntgt wurden und somit die Diagnose Tuberkulose als Zufallsbefund gestellt wurde." Auch andere Gesundheitsämter in Deutschland berichten von einem Anstieg der Zahl der Neuerkrankungen, so die Fachärztin für Pneumologie, Allergologie und Umweltmedizin.
Um eine Tuberkuloseerkrankung eindeutig zu diagnostizieren, muss die Lunge der Patienten geröntgt werden. Doch das passiert zunehmend seltener, da Tuberkulose kaum noch als Gefahr angesehen wird. Die Folge: Die Erkrankungen werden immer später entdeckt. "Die Patienten werden oft erst dann auf Tuberkulose untersucht, wenn die Krankheit bereits hochinfektiös ist und viele Menschen infiziert sind", sagt Heykes-Uden. Geschlossene, nicht ansteckende Tuberkulosen werden dem Gesundheitsamt kaum noch mitgeteilt.
Wie viele Fälle jährlich registriert werden, steht im engen Zusammenhang mit dem Meldeverhalten der Ärztinnen und Ärzte. Darüber hinaus lässt sich kaum vorhersagen, wie sich die Zahl der Neuerkrankungen entwickelt. Der Fachbereich Gesundheit ist daher ständig in Alarmbereitschaft, um bei einem diagnostizierten TBC-Fall schnell zu handeln: "Bei einem aktiv Erkrankten ermitteln wir umgehend seine engen Kontaktpersonen, um eine Verbreitung einer ansteckenden Tuberkulose zu verhindern - mitunter können das bis zu mehrere hundert Menschen sein", so die Lungenärztin.
Ob sich Kontaktpersonen mit Tuberkulose infiziert haben, wird seit einigen Jahren mit dem so genannten IGRA-Test festgestellt. Fällt die Blutuntersuchung negativ aus, ist eine ergänzende Röntgenuntersuchung nicht mehr erforderlich. Vor allem das medizinische Personal in Kliniken und Praxen, das durch seinen Beruf regelmäßig Kontakt zu Tuberkulosepatienten hat, profitiert vom neuen Verfahren, da die Strahlenbelastung deutlich reduziert werden kann.
Das größte Problem in der Bekämpfung von Tuberkulose stellen heute resistente Bakterien dar, gegen die gängige Medikamente nicht mehr wirken. Ursache dafür ist meist der unsachgemäße und unkontrollierte Konsum von Arzneien gegen Tuberkulose. Der Tuberkulose-Erreger wird aber auch durch zunehmenden Ferntourismus oder Zuwanderung eingeschleppt.
Tuberkulose gibt sich nicht durch typische, eindeutige Anzeichen zu erkennen, sondern äußert sich nur durch allgemeine Beschwerden wie Husten, vermehrte Schweißneigung, Appetitlosigkeit, Müdigkeit oder Auswurf beim Husten. "Sollten solche Beschwerden über einen längeren Zeitraum auftreten, empfehlen wir, einen niedergelassenen Arzt oder die Tuberkulose-Beratungsstelle im Haus der Region aufzusuchen", sagt Helga Heykes-Uden.
Weitere Auskünfte oder Terminvereinbarungen beim Team Infektionsschutz TBC der Region Hannover unter Telefon 0511/616-22888. Auch die Internetseite www.hannover.de hält Informationen über Tuberkulose bereit.