Hier ein Interview mit Roland Streicher:
Viele Menschen verbinden nachhaltigen Tourismus mit Verzicht und Jutetasche. Worauf muss ich verzichten, wenn ich nachhaltig verreise?
Verzichten muss man dann zum Beispiel auf Hektik beim Schlangestehen am Buffet oder auch auf Verkehrslärm… Im Ernst: Mir fällt nichts ein, warum eine nachhaltig geplante Reise weniger bieten sollte, im Gegenteil! Wenn man zum Beispiel erlebt, dass das Küchenpersonal im Hotel fröhlich und offensichtlich zufrieden mit dem Job ist, dann hat das meist auch mit fairer Bezahlung zu tun. Auch das ist ein Anliegen des Nachhaltigen Tourismus. Das Geld, das wir Touristen ins Ausland bringen, soll zum Großteil bei den Menschen vor Ort verbleiben. Ich fühle mich doch viel wohler, wenn ich sehe, dass meine Reise nicht nur für mich, sondern für alle Beteiligten einen Nutzen hat.
Oder wer schätzt nicht einen Sandstrand ohne Müll? Das geht nur, wenn die Unterkünfte sich um eine funktionierende Müllentsorgung bemühen und die Touristen sensibilisiert werden, wie Müll vermieden werden kann.
Die „Jutetasche“ gibt es bei uns tatsächlich, sie ist allerdings aus Baumwolle. Wir verteilen sie in einigen unserer Reiseziele an die Gäste, um so Plastiktüten beim Einkauf zu vermeiden. Reiseveranstalter verkaufen zunehmend umweltfreundliche Reisen. Dieses „Siegel“ kommt mittlerweile bei Gästen gut an. Woran kann ich erkennen, dass ein Anbieter es ernst meint und nachhaltiges Reisen nicht nur als Marketinginstrument einsetzt?
Das ist in der Tat nicht einfach. Es gibt weit über hundert verschiedene Siegel, also einen wahren Auszeichnungs-Dschungel, und da sind die vielen Label, die sich manche Regionen oder Unternehmen selbst geben, noch gar nicht alle mitgezählt.
Wir mit ReNatour sind stolz darauf, dass wir als Gründungsmitglied des forum anders reisen an der Entwicklung von „TourCert“ beteiligt waren. Dahinter steht eine gemeinnützige Gesellschaft, die unabhängig und transparent Reiseveranstalter, Hotels, Reisebüros und Destinationen überprüft. Von der Anreise über regionale Wertschöpfung bis zum Papierverbrauch im Büro werden alle Arbeitsbereiche anhand von sozialen und ökologischen Kriterien unter die Lupe genommen. Diese Zertifizierung ist sehr aufwendig und wer sie besteht, meint es ernst mit der Nachhaltigkeit.
Wovon kann der Reisende ausgehen, wenn er eine ReNatour-Reise bucht?
Über 98% unserer Gäste geben im Kundenfragebogen an, dass sie wieder bei ReNatour buchen würden. Diese hohe Zufriedenheit freut uns natürlich sehr. Wir kümmern uns vom Anfang bis zum Ende der Reise um unsere Kunden. Wir beraten vor und während der Reise sehr individuell und erfüllen Sonderwünsche, soweit es irgendwie geht. Unser Ziel ist es, die Kunden zu begeistern und zu beweisen, dass eine nachhaltig konzipierte Reise ein Maximum an Erholung bietet und ganz einfach Spaß - oder sogar glücklich macht.
Was können Sie als Unternehmer tun, um die Lebens- und Umweltbilanz eines Landes zu verbessern?
Wir sind ein kleiner Nischenveranstalter und können nicht die Welt verändern. Wir haben in den 23 Jahren aber gemerkt, dass vieles, was wir vielleicht anders machen, von Mitbewerbern oder auch benachbarten Unterkünften zuerst skeptisch beäugt, dann aber übernommen wird. Das kann die zunehmende Verwendung von lokalen oder Bio-Lebensmitteln sein, das Nutzen des Regionalverkehrs für Ausflüge, Energiesparmaßnahmen oder unser Natur-Kinderprogramm. Wir sehen das nicht als Abkupfern unserer Ideen, sondern durchaus als eine Art von Tourismusentwicklung, denn wir sind ja überzeugt, von dem was wir tun.