Welche 'Erkenntnisse' in punkto "gesundes Essen", "gesunde Lebensmittel" bleiben bei Verbrauchern in dieser Situation überhaupt (noch) 'hängen'? Der Test einer kleinen Auswahl falscher Mythen sagt dazu: Viele Irrtümer, manches von dem, was Oma sagte - und das, was ins eigene Weltbild besonders gut passt:
- Dass "rohes Gemüse besonders gesund" sei, glauben 72 Prozent der Deutschen: In unserer Rangliste der am meisten verbreitete Irrglaube, entstanden aus Einzelergebnissen der EPIC-Ernährungsstudie (1992-2000) und spätestens nicht mehr haltbar seit die Gesamtauswertung vorliegt.
- Praktisch ebenso weit verbreitet ist die falsche Überzeugung "dunkles Brot ist gesünder als helles Brot" - nicht jedes dunkle (mit Malz eingefärbte) Brot ist ein Vollkornbrot, es gibt auch (helle) Weizenvollkornbrote ...
- Auf Platz 3 unserer Irrtümer-Hitliste rangiert mit 62 Prozent die Meinung "mindestens 1 warme Mahlzeit am Tag ist für die Gesundheit wichtig", überdurchschnittlich stark bei Über-60-Jährigen und in unteren Einkommens- und Bildungsschichten: Ein Irrglaube aus Zeiten, in denen die warme Mahlzeit noch das 'familiäre Nährstoff-Event' war.
- Zwei alte sog. Volksweisheiten glaubt heute "nur" noch jeder Fünfte: "nach dem Verzehr von Steinobst soll man kein Wasser trinken" und "Schokolade verursacht Pickel". Andere halten sich in weiten Bevölkerungskreisen ausgesprochen hartnäckig, "spät auf die Nacht hin essen macht dick" (53), "Eier erhöhen den Cholesterin-Spiegel" (44), der schon vor 80 entdeckte, aber Generationen übergreifend immer noch weiter vermittelte Kommastellen-Fehler "Spinat enthält sehr viel Eisen" (43) und "Kaffee entzieht dem Körper Wasser" (36 Prozent).
- Bei den Teilgruppen-Ergebnissen ist bemerkenswert, dass "regelmäßige Bio-Produkt-Käufer", "Vegetarier" und "Anhänger der Grünen" bei der Mehrzahl der 11 Aussagen zwar deutlich weniger Mythos gläubig sind, aber in hohem Maße eben gerade jenes Falsche für wahr halten, das ihr Eigen-Weltbild ausmacht ("rohes Gemüse ist besonders gesund", "Gemüse von kleinbäuerlichen Landwirten ist weniger Schadstoff belastet als solches von landwirtschaftlichen Großbetrieben", "vegetarische Ernährung ist gesünder").
- Bedeutender als diese Nuancen ist jedoch das Gesamt-Ausmaß der Irrglauben-Anhängerschaft:
Die absolute Verbraucher-Mehrheit (58 Prozent) hat höchstens 4 von 11 Aussagen korrekt als "falsch" beurteilt. Die durchschnittliche Anzahl der richtigen Antworten liegt bei 4,20, also wesentlich niedriger als der Zufallswert 5,50, der beim "Blind-Tippen" zu erwarten gewesen wäre.
Hinzu kommt: Lediglich 1 von 10 Befragten kann spontan staatliche bzw. kommunale Empfehlungen/Initiativen in Richtung "gesunde Ernährung" nennen, fokussiert auf "Nimm 5 am Tag (Obst, Gemüse)" (5%) und "Veggie-Day" (4%). Nur: Beiden fehlt es an wissenschaftlich-soliden Grundlagen, und der Veggie-Day wird von den meisten Verbrauchern (54%) instinktiv als "wenig sinnvoll" bzw. als "Bevormundung" empfunden.
Ein Fazit des 2007-Kongresses der DEG (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) lautete: "Die Ernährungswissenschaft muss sich künftig als Wissenschaft von der Rettung der Volksgesundheit lösen und sollte keine Heilsversprechen mehr abgeben". Was als Ziel aber bleibt, vielleicht sogar wichtiger, auch für die Evaluation einer weitgehend öffentlich finanzierten Institution, ist "sich kritisch-rational für die Korrektur von Irrglauben und falschen Heilsversprechen einsetzen".