• Jeweils rd. 4 von 10 Befragten erachten die Tier-Nutzung für die Milch- bzw. Fleisch-Erzeugung als „bedarfsgerecht“ bzw. „akzeptabel“, weitere rd. 4 von 10 distanziert cool als „einfach notwendig“. Als „problematisch“ oder gar als „verwerflich“ sehen dies nur 8 für die Milch- und 12 Prozent für die Fleisch-Erzeugung. Auch im Vergleich zur Herstellung von Leder, die z.B. für Rinder und Schweine aus derselben Nutzungslinie wie die Fleisch-Erzeugung resultiert, fällt die Beurteilung mit Zweckbezug „Lebensmittel-Erzeugung“ weitaus positiver aus.
• Unter den 13 erfragten Arten der Tier-Nutzung ist die Herstellung von Wolle (mit Schafen assoziiert) am meisten akzeptiert. Herstellung von Pelzen, Erzeugung von Stopfleber und Stier- und Hahnenkämpfe sind hierzulande am meisten verpönt.
• Die Sichtweisen zur Nutzung von Pferden im Sport sind ambivalent: Knapp der Hälfte der Befragten, die dies als bedarfsgerecht bzw. als noch akzeptabel beurteilen, steht ein Drittel der Bevölkerung entgegen, das dies als problematisch oder gar als verwerflich ansieht. Demgegenüber wird die Jagd auf Wildtiere in heimischen Wäldern, z.B. auf Rehe, Füchse, Wildschweine – vermutlich im Blick auf den Nutzen ‚Wildbestandsregulierung‘ - nicht annähernd so kontrovers gesehen wie es die aktuelle Diskussion um mehr Tierschutz in den Landesjagdgesetzen ist.
Grundsätzlich, prinzipiell, gibt es in tierethischen Grundfragen breiten Konsens: Jeweils rd. 4 von 5 Befragten sind der Meinung, dass „Tiere Gefühle wie Angst, Kummer, Schmerz, Freude, empfinden“ (81 Prozent), und sprechen Menschen das Recht ab, „Tiere nach eigenem, freien Ermessen zu benutzen“ (78 Prozent). Eine ebenso große Mehrheit hält es für nicht akzeptabel, wenn Tiere daran gehindert werden, „sich ihrer natürlichen Veranlagung gemäß zu verhalten“ (80 Prozent). „Tieren Schmerzen zufügen“ gilt praktisch ausnahmslos als nicht akzeptabel (93 Prozent).
Diese Grund-Überzeugungen kommen im Blick auf einzelne Arten der Tier-Nutzung jedoch in unterschiedlichem Maße zum Tragen und werden dabei durch das Bewusstsein um die realen Verhältnisse der jeweiligen Tier-Nutzung bzw. des Umgangs mit ihnen und durch die Wertschätzung des Nutzungszwecks relativiert. Gerade im letztgenannten Punkt sind Zirkusse und Zoos mit ihrem „Unterhaltungs-Zweck“ der „Lebensmittel-Erzeugung“ deutlich unterlegen, was die „einfach notwendig“-Urteile anzeigen. Hinzu kommt: Trotz verstärkt problematisierender Medienberichte unter der Chiffre „Massentierhaltung“ sind die realen Verhältnisse der gewerblichen Nutztierhaltung in der Landwirtschaft in weiten Verbraucherkreisen entweder noch nicht aktiv bewusst – oder sie werden von ihnen verdrängt:
• Der Anteil der Befragten, die den Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren als „definitiv nicht gut genug“ beurteilen, liegt lediglich bei 24 Prozent [Ri*QUESTA Branchen-Monitor 07-2012 und 06-2015, n=1.500].
• Werden ihm konkrete Sachverhalte der Milchvieh-Intensivhaltung beschrieben, lehnt der Verbraucher sie mehrheitlich ab, speziell jene, die die Tiere am natürlichen, veranlagungsgemäßen Verhalten hindern, oder die ihnen Schmerzen zufügen. In die spontane Beurteilung der Nutzung von Kühen geht die Ablehnung dieser Verhältnisse - weil nicht aktiv bewusst oder weil verdrängt - jedoch nicht ein.
• Auch wenn drei Viertel der Verbraucher sagen, dass ihnen beim Lebensmitteleinkauf Produkte aus artgerechter Tierhaltung „wichtig“ sind, glaubt nur knapp jeder 5-te, diese Prozessqualität via Bio- oder Tierschutz-Label definitiv feststellen zu können. 4 von 10 gehen jedoch davon aus, dass dies nicht sicher möglich ist, oder achten erst gar nicht darauf.
Von diesen Punkten aus dürfte die aktuelle Initiative „Tierwohl“ für art- und tierschutzgerechteren Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren zunächst eines bewirken: Die verstärkte Thematisierung problematischer Vorgehensweisen in der Intensivhaltung, die bislang nicht bewusst oder verdrängt waren – eine Desillusionierung, die bzgl. der romantisierten Milchkühe besonders drastisch ausfallen wird. Ob darüber hinaus die Mehrkosten der art- und tierschutzgerechteren Tierhaltung über eine entsprechende Mehrpreis-Bereitschaft beim Verbraucher finanziert werden können, erscheint jedoch mehr als fraglich.