Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (69 Prozent) ist der Meinung, dass nicht alle Bürger die gleichen Chancen haben, ihr Recht durchzusetzen. 63 Prozent sind überzeugt, dass ein guter Anwalt die Erfolgsaussichten vor Gericht verbessert. 57 Prozent glauben, dass finanziell bessergestellte Bürger einen Vorteil vor Gericht haben. Dies sind einige zentrale Ergebnisse des ROLAND Rechtsreports 2014, der jährlich vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG erstellt wird.
"Die Mehrheit der Deutschen möchte einen Gerichtsprozess vermeiden. Einer der genannten Hauptgründe hierfür ist das finanzielle Risiko. Hier müssen sich Rechtsstaat und Gesellschaft ihrer Verantwortung bewusst sein und den Zugang zum Recht für alle Bürger sicherstellen", so Gerhard Horrion, Vorstandsvorsitzender der ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG. 64 Prozent derjenigen, die einen Gerichtsprozess vermeiden möchten, geben als Begründung an, dass ihnen das finanzielle Risiko eines Gerichtsprozesses regelmäßig als zu hoch erscheint. Ebenfalls 64 Prozent widerstrebt es grundsätzlich, Streitigkeiten vor Gericht zu klären. Ein Verfahren für eine außergerichtliche Streitbeilegung bietet die inzwischen gesetzlich geregelte Mediation. 48 Prozent der Bürger halten die Mediation für ein gutes Instrument, um Streitigkeiten außergerichtlich beizulegen - auch 85 Prozent der Richter und Staatsanwälte halten bei Nachbarschaftsstreitigkeiten die Mediation für sinnvoller als ein Gerichtsverfahren.
65 Jahre Grundgesetz: Die Verfassung genießt höchstes Vertrauen
60 Prozent der Bevölkerung zählen das Grundgesetz, das am 23. Mai dieses Jahres 65 Jahre alt wird, zu den größten Errungenschaften der Bundesrepublik. Nach den zehn wichtigsten Grundrechten befragt, ergibt sich für die Bürger eine deutliche Priorisierung: die Unantastbarkeit der Menschenwürde (86 Prozent), die freie Meinungsäußerung (77 Prozent) und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen (69 Prozent). Vor dem Hintergrund der europäischen Integration haben die Bürger jedoch zunehmend den Eindruck, dass das Grundgesetz deutlich an Bedeutung verloren hat (22 Prozent). Eine Einschätzung, die Richter und Staatsanwälte teilen. "Die Bürger lassen im 65. Jahr des Grundgesetzes keinen Zweifel daran, dass sich das Grundgesetz und die darauf aufbauende Rechtsprechung bewährt haben. Ein verlässlicher Rechtsrahmen und eine unabhängige und leistungsfähige Justiz gehören zu den wichtigsten Fundamenten einer Gesellschaft. Umso wichtiger ist es, diesen Rahmen und diese Leistungsfähigkeit zu verteidigen und, wo notwendig, zu verbessern", kommentiert Professor Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, die Ergebnisse.
Dem Bundesverfassungsgericht als "Hüter des Grundgesetzes" sprechen 86 Prozent der deutschen Bevölkerung ihr Vertrauen aus. Nach bekannten Urteilen gefragt, gibt eine breite Mehrheit von drei Vierteln und mehr der Bürger an, folgende Urteile zu begrüßen: Verbot der Vorratsdatenspeicherung ohne konkreten Verdacht und Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbrüchen. Urteile, die bereits zur Urteilsverkündung für Unmut gesorgt haben, werden mehrheitlich auch heute nicht mitgetragen. So sind 47 Prozent der Bevölkerung nicht mit der "Soldaten sind Mörder"-Entscheidung einverstanden. Das Kruzifix-Urteil stößt bei 55 Prozent auf Unverständnis.
Hohe Arbeitsbelastung bei Richtern und Staatsanwälten
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Richterbund wurde der ROLAND Rechtsreport erstmals durch eine bundesweite Befragung von 1.770 Richtern und Staatsanwälten zur deutschen Justiz- und Rechtspolitik erweitert. Insgesamt bewerten Richter und Staatsanwälte das deutsche Rechtssystem äußerst positiv: 98 Prozent halten das Rechtssystem für gut (69 Prozent) oder sehr gut (29 Prozent). Die Rahmenbedingungen für die Rechtsprechung verschlechtern sich aber. Personalmangel an den Gerichten, eine als unzureichend empfundene Bezahlung und Druck durch Medien und Öffentlichkeit sorgen für Unzufriedenheit. So geben acht von zehn Richtern und Staatsanwälten an, eine zu hohe Arbeitsbelastung zu spüren. Insgesamt fühlt sich lediglich jeder zehnte Richter und Staatsanwalt in Deutschland gut bezahlt. Durch das große Interesse der Medien und Öffentlichkeit an Rechtsfällen sehen Richter und Staatsanwälte das Risiko, dass der öffentliche Erwartungsdruck bei einzelnen Prozessen die Unabhängigkeit der Gerichte beeinflussen kann. Eine Mehrheit von 55 Prozent sieht darin eine große (42 Prozent) oder sehr große (13 Prozent) Gefahr.
Der ROLAND Rechtsreport 2014 kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: www.roland-gruppe.de/...